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Das Faninteresse beim Spitzenspiel der Bundesliga der Frauen ist deutlich geringer als in der Vergangenheit.

© IMAGO/Susanne Hübner

„Würde mir mehr Zuschauer wünschen“: Warum war das Stadion beim Spitzenspiel Wolfsburg gegen Bayern leer?

Während das Prestigeduell wenig Aufmerksamkeit bekommt, feiern Tausende im fast ausverkauften Weserstadion. Ein Kontrast, der zeigt: Volle Stadien im Frauenfußball bleiben keine Selbstverständlichkeit.

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Knapp eineinhalb Stunden vor Anpfiff laufen an diesem Samstagnachmittag vereinzelt grün gekleidete Menschen Richtung Stadion. Andere Passanten, die auf den ersten Blick nicht als Fußballfans zu erkennen sind, schlendern in entgegengesetzter Richtung zwischen Mittellandkanal und Volkswagen-Autostadt in die Innenstadt, die sich auf der anderen Flussseite befindet. „Warum sind hier Fußballfans, es ist doch Länderspielpause“, fragt ein Mann unter ihnen.

Die Aussage und das ganze Drumherum beim Spitzenspiel in der Bundesliga der Frauen wirken etwas trostlos und passen eigentlich nicht in die aktuelle Zeit. Eigentlich strömen mehr Zuschauende in die Stadien, um Frauenfußball zu schauen, und die Sichtbarkeit in vielerlei Hinsicht steigt.

Im Männerfußball ist Wolfsburg nicht gerade für übermäßige Fankultur bekannt, im Frauenfußball aber ist der Verein durchaus seit Jahren eine große Nummer. Umso überraschender ist die Kulisse an diesem sechsten Spieltag, an dem das Duell der Verfolgerinnen aus München und dem Tabellenführer VfL stattfindet und extra in die große Arena verlegt wurde.

12.495 
Fans waren beim Spitzenspiel der Bundesliga der Frauen – zuletzt kamen deutlich mehr.

Letztlich sehen 12.495 Zuschauende den 3:1-Sieg Bayerns. Während in Wolfsburg die Ränge hinter den Toren also größtenteils leer bleiben, füllt sich das Weserstadion in Bremen, in dem zwei Stunden später das Nordderby gegen den Hamburger SV angepfiffen wird, mit 37.000 Menschen fast bis auf den letzten Platz. „Vor so einer Kulisse macht es unglaublich viel Spaß, Fußball zu spielen“, sagt Larissa Mühlhaus später, die beim 2:0-Sieg Werders zwei Elfmeter verwandelte.

„Das Stadion war unglaublich laut heute“, sagte Kapitänin Lisa Hausicke – und auch Bremens Trainerin Friederike Kromp zeigte sich begeistert: „Was hier los war, ist unfassbar, sowas haben wir noch nie erlebt. Im Wohnzimmer vor fast ausverkauftem Haus zu spielen war schon sehr besonders.“

In Wolfsburg stagniert die Entwicklung

Von derartiger Euphorie ist man in Wolfsburg trotz der hochklassigen und sportlich brisanten Partie weit entfernt. Zwar zeigt die Nordkurve eine kleine Choreo vor dem Anpfiff, durch die leeren Ränge um sie herum will aber erstmal nicht so richtig Stimmung aufkommen.

„Ich würde mir auch wünschen, dass noch ein paar mehr Zuschauer im Stadion sind, das schafft nochmal eine andere Atmosphäre“, sagt Wolfsburgs Trainer Stephan Lerch. „Die, die da waren, haben uns super supportet.“ Das grundsätzliche Interesse habe sich in Wolfsburg positiv entwickelt, sagt der 41-Jährige, der von Juli 2021 bis zum vergangenen Sommer bei der TSG Hoffenheim unter Vertrag stand und zuvor bereits in Wolfsburg tätig war.

Wolfsburgs Fans zeigten vor Anpfiff eine Choreo. Die restliche Nordkurve blieb allerdings leer.

© IMAGO/regios24

Blickt man auf den Zuschauerschnitt im kleinen Stadion am Fuße der Arena, ist dieser allerdings leicht rückläufig. Während in der Saison 2023/24 noch um die 3300 Fans kamen, sind es mittlerweile durchschnittlich 300 weniger. Unter der Woche wurden für das Topspiel in der Champions League gegen Paris Saint-Germain gerade mal 1734 Tickets verkauft.

Die Entwicklung zeigt: Ohne gezielte Vermarktung werden die Stadien nicht voll – dabei beweist Bremen eindrucksvoll, welches Potenzial abrufbar ist. In der Vergangenheit gelang das schließlich auch, als man im vergangenen Oktober noch 17.152 Zuschauende ins Stadion in Wolfsburg bekam und die Saison zuvor 24.437.

Es ist natürlich schade, weil es seit Jahren der Klassiker im Frauenfußball ist. Da würde man sich natürlich wünschen, dass es auch die Bühne bekommt.

Giulia Gwinn, Spielerin des FC Bayern

Dass die ARD sich an diesem Spieltag für die Übertragung des Nordderbys und gegen das höherklassige Spitzenspiel entschied, kam erschwerend hinzu. „Es ist natürlich schade, weil es seit Jahren der Klassiker im Frauenfußball ist. Da würde man sich natürlich wünschen, dass es auch die Bühne bekommt, um möglichst viele Menschen zu erreichen“, kritisierte Bayerns Giulia Gwinn.

Ihre Teamkollegin Klara Bühl sah das etwas anders: „Es ist für uns natürlich ein sehr bedeutsames Spiel. Ich glaube aber auch, dass das Derby sehr interessant ist und sich auch die kleineren Teams freuen, wenn sie mal eine Bühne bekommen.“

Am Ende bleibt ein Spiel auf einem soliden fußballerischen Niveau, welches abseits des Rasens nicht die Aufmerksamkeit bekam, die ein solches Duell verdient hätte. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass in Wolfsburg vom „Topspiel“ im Vorfeld kaum etwas zu spüren war: In der Stadt selbst gab es keine sichtbare Werbung, auch die sozialen Kanäle des Vereins blieben weitgehend ungenutzt.

Ein Bild, das zeigt, wie viel Potenzial im Frauenfußball noch immer verschenkt wird – selbst bei Vereinen, die seit Jahren zur nationalen Spitze gehören. Während andernorts neue Zuschauerrekorde gefeiert werden, bleibt man in Wolfsburg derzeit hinter den Möglichkeiten zurück.

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