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Eishockey-WM in Kanada: 2:3 gegen Russland - Deutschland beendet WM auf Platz acht
2:3 im Platzierungsspiel gegen Russland + Sechs Spielerinnen fallen im Viertelfinale aus + Viel Lob für deutsches Team + Unser Tagebuch von der WM
Stand:
Das lange Warten hat ein Ende: Mit eineinhalbjähriger Verspätung startet die Eishockey-WM der Frauen in Kanada. Bis 10. August mussten alle zehn qualifizierten Mannschaften unter strengen Auflagen und mit Ausnahmegenehmigungen der kanadischen Regierung anreisen. Die Eröffnungspartie zwischen der Tschechischen Republik und Dänemark ist das erste WM-Spiel seit dem Finale der letzten Weltmeisterschaft in Espoo (Finnland) 859 Tage zuvor (mehr dazu in unserem Newsblog).
Mehr zum Eishockey:
- So verbringen die deutschen Spielerinnen die Einzelquarantäne
- Kritik an Absage der Weltmeisterschaft – Weltverband verlegt Turnier auf Ende August
- Kommentar: Die Ungleichbehandlung der Männer und Frauen im Eishockey muss man nicht verstehen
Hotelzimmerüberlegungen – Ein Eishockey-WM-Tagebuch IV
Aufgezeichnet von Daniel Goldstein
In loser Folge veröffentlichen wir an dieser Stelle Tagebucheinträge von den Spielerinnen des deutschen Teams bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021 in Calgary, Kanada. Die Gastgeberinnen sicherten sich in einem spannende Finale in der vorvergangenen Nacht mit einem 3:2-Verlängerungssieg gegen die USA zum ersten Mal seit 2012 die Goldmedaille. Finnland gewann durch einen 3:1-Erfolg gegen die Schweiz Bronze und Russland bleibt dank eines 2:0-Siegs gegen Japan auf Rang fünf und damit in der A-Gruppe.
Wir beenden diese Tagebuch-Reihe mit der 28-jährigen Verteidigerin Rebecca Orendorz, die aus Iserlohn stammt, lange für den EC Bergkamener Bären spielte und 2021/22 für DFEL-Meister ESC Planegg auflaufen wird und der Berlinerin Laura Kluge, die aufgrund eines geblockten Schusses im Gruppenspiel gegen Japan und daraus folgender Fußschmerzen das Viertelfinale und das Platzierungsspiel verpasste. Das DEB-Team kam heute wieder in Deutschland an.
WM-Bilanz
Rebecca Orendorz: "Wir hatten uns ja auf jeden Falls als Ziel gesetzt, das Viertelfinale zu erreichen., das haben wir geschafft. Im Nachhinein sind wir aber schon ein bisschen enttäuscht, weil wir gesehen haben, was noch machbar gewesen wäre. Ich denke vom Willen her können wir uns nichts vorwerfen. Wir haben wirklich alles gegeben bis zur letzten Sekunde. Wir müssen jetzt die Situationen noch mal genauer analysieren und schauen, woran es gelegen hat, dass wir unsere Chancen nicht nutzen konnten."
Laura Kluge: "Wir waren nah dran, mehr zu erreichen als nur das Minimalziel, aber am Ende hat es doch nicht gereicht. Das ist schon ein bisschen schade. An manchen Stellen haben wir, auch wenn wir in Führung waren, zudem öfter mal unsere Struktur verloren und zwar auf allen Ebenen. Daran müssen wir arbeiten, dass wir die nicht irgendwann im Laufe des Spiels unnötig aus der Hand geben."
Olympia-Quali-Vorschau
Rebecca Orendorz: "Wir nehmen auf jeden Fall die positiven Dinge mit. Wir halten als Team stark zusammen, haben die Mentalität, immer bis zum Ende zu gehen, Schüsse zu blocken, alles reinzuwerfen. Natürlich müssen wir in der Zeit bis dahin aber an den Sachen arbeiten, die nicht so gut geklappt haben. Wir können auf jeden Fall in der Offensive noch ein bisschen, ich sag jetzt mal, frecher werden, kaltschnäuziger und auch kompakter. "
(Das Olympia-Qualifikationsturnier findet vom 11.-14.November 2021 in Füssen im Allgäu statt. Gegnerinnen sind die Teams aus Dänemark und Österreich sowie ein Qualifikant.)
Kulinarisches Highlight
Laura Kluge: "Also ich muss sagen, mich haben die Nachspeisen überzeugt, wenn wir welche bekommen haben. Diese Cookies, die sind immer ganz schön gut hier drüben, vor allem die mit Chocolate Chips. Ich muss auch zugeben, dass wir, obwohl das Essen im Hotel sehr gut war und die sich richtig Mühe gegeben haben, aber da kannst Du halt nicht so viel Vielfalt reinbringen, ein, zwei Mal Essen bestellt haben, z.B. Burger oder Sushi..."
Auf dem Zimmer
Rebecca Orendorz: "Wir hatten eine Terrasse dran an unserem Essensraum. Das war ganz schön, da konnten wir frische Luft schnappen. Ansonsten habe ich die anderen Spiele angeschaut oder Unikram erledigt. Ich habe im März einen Masterstudiengang zu Social Media und Onlinemarketing angefangen und da musste ich auch eine Hausarbeit schreiben. Die wollte ich eigentlich in der Quarantäne schon erledigt haben, aber das hat nicht ganz geklappt. Das Thema ist Digitalisierung im Sport und das gute hier im Kreis der Nationalmannschaft ist, dass man sich mit den anderen Uni-Kolleginnen austauschen kann. Jede hat einen Literatur-Tipp oder so abzugeben."
Gedanke des Tages
Laura Kluge: "Mit dem Trainer (Thomas Schädler) muss ich sagen, hat es gut funktioniert. Wir konnten dieses Turnier dafür nutzen, um uns gegenseitig kennenzulernen. Ich denke, bei der Olympiaquali sind wir dann eingespielt, alle wissen, wer wie tickt und dann sollte das gut passen."
Rebecca Orendorz: "Wenn wir uns mit den anderen Teams vergleichen, dann ist das, was uns vielleicht noch unterscheidet der Torabschluss. Uns fehlt der richtige Drang zum Tor. Es ist, finde ich, schon viel besser geworden, aber da ist noch wesentlich mehr drin."
Dieser Tagebucheintrag wurde von Rebecca Orendorz & Laura Kluge gemeinsam mit Daniel Goldstein aufgeschrieben. Fragen zum Tagebuch-Eintrag oder zur Eishockey-WM könnt Ihr uns gerne über Twitter stellen: www.twitter.com/tspsport. Diesen Eintrag als Podcast gibt's bei "Bend your knees" auf allen gängigen Portalen z.B. hier: https://soundcloud.com/bendyourknees
Alles gegeben
Von Daniel Goldstein
Der Modus der 20. Frauen-Eishockey-Weltmeisterschaft in Calgary wollte es so. Nach dem verlorenen Viertelfinale mussten die vier Teams in der vergangenen Nacht schon wieder aufs Eis. Es ging um nicht mehr und nicht weniger als den fünften und letzten Platz in der A Gruppe der WM. Also den Platz, der bereits vor dem Start des nächsten Turniers für die Viertelfinalqualifikation ausreicht. Tschechien, Japan, die olympischen Athletinnen aus Russland und auch das deutsche Team von Cheftrainer Thomas Schädler bewarben sich in den so genannten Platzierungsspielen darum.
Am Ende sind es die Mannschaften aus Japan (3:2-Erfolg gegen Tschechien) und Russland, die morgen um diesen begehrten Rang fünf aufeinandertreffen. Das DEB-Team unterlag in einem sehr unterhaltsamen und denkbar knappen Spiel den Russinnen mit 2:3.
"Wir haben alles gegeben", sagte die Landshuterin Bernadette Karpf (ERC Ingolstadt) nach dem Match. Es war die sechste Partie der Mannschaft in neun Tagen und obwohl zu den bereits im Viertelfinale fehlenden sechs Spielerinnen (Bartsch, Kluge, Harß, Weidenfelder, Christof, Strobel) mit Stürmerin Jule Schiefer (ERC Ingolstadt) die siebte dazu kam, die Mannschaft nur noch drei Reihen zusammen brachte und der Gegner fünf Spielerinnen mehr aufbot, legte das DEB-Team eine diesmal nicht nur kämpferisch, sondern vor allem auch offensiv beachtenswerte Leistung hin.
Zweimal gingen die Deutschen durch Treffer von Nicola Eisenschmid (24. Minute) und Kerstin Spielberger (38.) in Führung. Jeweils mussten sie den Ausgleich hinnehmen (Savonina, Korzhakova) und in der 45. Minute durch Oxana Bratisheva dann das spielentscheidende dritte Tor. Dass danach Kapitänin Julia Zorn noch die Latte traf, der Puck einmal frei knapp vor der Torlinie gestoppt wurde und zwei, drei weitere hochkarätige Torschüsse von der russischen Keeperin entschärft wurden, zeigt, die Chancen waren da. Das DEB-Team konnte sie diesmal nicht ausreichend nutzen.
Jetzt geht der Blick für Bundestrainer Schädler und seine Spielerinnen bereits nach vorne. Vom 11.-14. November dieses Jahres findet in Füssen (Allgäu) das Olympia-Qualifikationsturnier gegen die Teams aus Dänemark, Österreich und einen noch zu bestimmenden Qualifikanten statt. Den beeindruckenden Kampfgeist wird die deutsche Mannschaft sicher mitnehmen. Darüber hinaus hat Schädler allerdings auch einige Dinge festgestellt, an denen er innerhalb der kommenden zweieinhalb Monate arbeiten will.
"Unser Überzahlspiel hat nicht ganz so gut funktioniert, dafür war unser Unterzahl sehr gut", analysiert der 53-Jährige. "Wir werden auch im Training das Tempo erhöhen, damit wir das in den Spielen mitgehen können. International bekommt man permanent Druck, die Teams gehen intensiv ins Forechecking und da muss man schnell reagieren, um dann bei der Olympiaquali auch erfolgreich zu sein."
Über die Wichtigkeit der Olympiaqualifikation sind sich alle bewusst. Und natürlich hofft das Team, dann auch wieder auf die eine oder andere derzeit noch verletzte Spielerin zurückgreifen zu können.
Positiv trotz 0:7
Seit dem Eröffnungsspiel des deutschen U20-Teams bei der Junioren-WM in Edmonton (Kanada) im Dezember des vergangenen Jahres gibt es ein neuen Trend bei deutschen Eishockeyteams. Zur Motivation und um die Zugehörigkeit zur Mannschaft zu demonstrieren, werden die Jerseys der fehlenden Spieler*innen hinter der Bank aufgehängt. Zwangsläufig erinnerten sich die deutschen Verantwortlichen 300 Kilometer südlich in Calgary daran und befestigten ebenfalls eine Reihe von Jerseys am Glas hinter den Coaches.
Am Samstagabend liefen die deutschen Frauen um Kapitänin Julia Zorn zum Viertelfinale gegen Turnierfavorit Kanada auf und mussten gleich auf sechs Spielerinnen verzichten. Neben Torhüterin Jenny Harß fehlten die verletzten Stammspielerinnen Anne Bartsch, Carina Strobel, Sonja Weidenfelder, Nina Christof und die Berlinerin Laura Kluge. Schien der Halbfinaleinzug schon mit voller Kapelle ein unerfüllbarer Wunschtraum, war es ohne diese sechs mit dem ersten Bully ein Ding der Unmöglichkeit.
Deshalb ist die Geschichte der Partie auch schnell erzählt. Die Kanadierinnen gingen bereits nach 89 Sekunden durch Ashton Bell in Führung, erhöhten in der vierten Minute auf 2:0 durch Natalie Spooner und trafen in der 16. Minute zur Vorentscheidung mit dem Tor von Brianne Jenner.
Im zweiten und dritten Drittel erhöhten sie mit jeweils zwei weiteren Treffern durch abermals Spooner, Kapitänin Marie-Philip Poulin, Melodie Daoust und Sarah Fillier auf den Endstand von 7:0. Daousts Tor war ein Überzahltreffer, da sich Lena Düsterhöft aus dem DEB-Team 15 Minuten vor Schluss auch noch eine fünfminütige plus Spieldauerdisziplinarstrafe für einen Check von hinten einfing.
Nach dem Spiel waren dennoch alle voll des Lobes übers deutsche Team. Der Cheftrainer der Kanadierinnen, Troy Ryan, formulierte dies so: "Ich muss meinen Hut ziehen vor dem deutschen Team. Mit den wenigen Spielerinnen, die sie zur Verfügung hatten, haben sie stark gespielt, nie aufgegeben und sind das gesamte Spiel über positiv geblieben."
Verteidigerin Nina Jobst-Smith, mit über 22 Minuten Eiszeit im Durchschnitt, die deutsche Spielerin, die am längsten auf dem Eis stand bisher, brachte es auf den Punkt: "Wir haben für sie (die fehlenden Spielerinnen) gekämpft."
DEB-Cheftrainer Thomas Schädler musste hinterher auch verkünden, dass für das Platzierungsspiel gegen Russland keine der Spielerinnen zurückkehren wird. "Wir haben 16 Spielerinnen (plus der Torhüterinnen) das muss genug sein. Wir werden uns gut auf die Russinnen vorbereiten", sagte Schädler und formulierte zwei Ziele. "Wir wollen uns nicht ausruhen auf dem achten Platz in der Weltrangliste. Unser Ziel ist die Topgruppe. Dafür arbeiten wir jeden Tag. Es ist ein langer Weg, aber wir wollen uns weiterentwickeln. Unser nächstes Ziel dann ist die Qualifikation für die olympischen Spiele." Dafür muss sein Team aber offensiv nicht nur eine Schippe draufpacken. Im ganzen Spiel gegen Kanada gelangen nur drei Torschüsse. Das ist augenscheinlich zu wenig, um ein Spiel zu gewinnen.
Für die Olympiaqualifikation in Füssen Mitte November ist eins klar. Die Verantwortlichen werden sicher keine Trikots an der Bande aufhängen wollen. Denn auch dieses Turnier wird alles andere als ein Selbstläufer, auch wenn die Top-Frauen-Eishockey-Teams, von denen Kanada gegen, die Schweiz und die USA gegen Finnland am Montag die WM-Halbfinals bestreiten, nicht dabei sein werden, weil sie bereits ihr Ticket für Peking 2022 gelöst haben
Nichts zu verlieren
Von Daniel Goldstein
Die deutsche Eishockeynationalmannschaft trifft im Viertelfinale der Weltmeisterschaft in Calgary in der Nacht von Samstag auf Sonntag (29.08.2021, 1 Uhr MESZ) auf die gastgebenden Kanadierinnen. Nach zwei Siegen gegen Ungarn (3:0) und Dänemark (3:1) musste das Team von Cheftrainer Thomas Schädler gegen Tschechien (0:2) und Japan (1:2) zwei Niederlagen hinnehmen.
Sowohl im Match gegen das Team aus der tschechischen Republik, das verlustpunktfrei die B-Gruppe auf dem ersten Platz beendete, als auch in der vergangenen Nacht gegen Japan, starteten die deutschen Spielerinnen überzeugend in die Partie und mussten sich dennoch im Spielverlauf geschlagen geben. Kerstin Spielberger vom amtierenden DFEL-Meister ESC Planegg brachte ihr Team in der 15. Minute in Führung. Hanae Kubo und Shiori Yamashita drehten das Match im zweiten Drittel innerhalb von siebeneinhalb Minuten für die Japanerinnen. Die deutsche Mannschaft kämpfte, erspielte sich, vor allem im Powerplay noch die eine oder andere Chance, konnte aber nicht mehr ans dominante erste Drittel anknüpfen.
Stürmerin Nicola Eisenschmid (ERC Ingolstadt) resümierte hinterher: "Sie haben im zweiten Drittel viel Druck gemacht, zwei Tore geschossen und uns ein bisschen aus dem Gleichgewicht gebracht. Wir haben nicht aufgegeben, haben versucht, unserem Spiel wieder Struktur zu geben, aber das hat nicht mehr richtig geklappt."
Im Viertelfinale wartet nun mit Kanada das bisher beste Team dieser Weltmeisterschaft auf die deutsche Mannschaft. Die Kanadierinnen setzten mit einem 5:1-Erfolg gegen Titelverteidiger USA ein dickes Ausrufezeichen hinter ihre Ambitionen, die Seriensiegerinnen in diesem Jahr abzulösen.
"Kanada ist eine richtig, richtig gute Mannschaft", sagte Eisenschmids Reihen- und Vereinskollegin Marie Delarbre. "Es wird natürlich etwas besonderes sein, auf Kanada in Kanada zu treffen. Wir sind der klare Aussenseiter, aber haben nichts zu verlieren und werden alles geben."
Ob im Viertelfinale auch die Berlinerin Laura Kluge und Stürmerin Sonja Weidenfelder dabei sein können, ist noch nicht klar. Beide mussten das Match gegen Japan verletzungsbedingt vorzeitig beenden.
0:2 gegen Tschechien, jetzt gegen Japan
„Wenn man verliert, überwiegt natürlich anfangs immer die Enttäuschung. Ich war dennoch stolz, wie die Mannschaft in dieser Partie gekämpft und Leidenschaft auf das Eis gebracht hat“, sagte Bundestrainer Thomas Schädler. „Unser Unterzahlspiel war auch in dieser Begegnung wirklich gut, aber leider hat uns heute die Offensive gefehlt.“ (dpa)
Hotelzimmerüberlegungen – Ein Eishockey-WM-Tagebuch III
Aufgezeichnet von Daniel Goldstein
In loser Folge veröffentlichen wir an dieser Stelle Tagebucheinträge von den Spielerinnen des deutschen Teams bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021 in Calgary, Kanada. Weiter geht's mit Stürmerin Nicola Eisenschmid. Sie stammt eigentlich aus der Talentschmiede ihres Heimatclubs, des Traditionsvereins ESV Kaufbeuren. Derzeit spielt die 24-Jährige zusammen mit ihrer älteren Schwester Tanja für den ERC Ingolstadt. Dort war sie letzte Saison Topscorerin der gesamten Deutschen Frauen-Eishockey Liga (DFEL).
In Calgary ist sie derzeit mit 19 Minuten im Durchschnitt die Spielerin mit der drittmeisten Eiszeit des Teams. Nach dem 3:1-Sieg im zweiten Spiel gegen Dänemark treffen die deutschen Frauen heute Nacht (0 Uhr MESZ live auf www.TheFan.fm) auf die bisher ebenfalls verlustpunktfreien Tschechinnen.
Letztes Spiel
"Ich find, wir haben gut ins Spiel gefunden. Wir haben gleich am Anfang Druck gemacht, drei Tore geschossen und dann 3:0 vorne gelegen, was wichtig für uns war. Wir haben im Laufe des Spiels etwas nachgelassen, aber am Ende, fand ich, waren wir dann doch die bessere Mannschaft und haben den Sieg verdient geholt. In einer Phase, als wir viel Druck bekommen haben, hat unser Trainer dann auch eine Auszeit genommen und hat gesagt, dass wir kurz durchatmen und wieder zu unserem geduldigen Spiel zurückfinden sollen. Am Ende wurde es dann zwar noch mal hektisch, aber sie haben sich ja dann nicht wirklich mehr festsetzen können."
Nächstes Spiel
"Wir schauen natürlich im Fernsehen immer die Spiele der anderen Teams an. Ich habe schon den Eindruck, dass Tschechien superstark ist. Sie haben eine gute Harmonie auf dem Eis und spiele auch aggressiv, also im Forecheck zum Beispiel. Das wird sicher ein richtig schnelles und anstrengendes Spiel. Aber das macht dann natürlich auch richtig Spaß. Wir haben lange nicht gegen Tschechien gespielt und ich bin schon gespannt, wo wir gegen sie stehen. Das Spiel wird auf jeden Fall auch ein Wiedersehen mit Lenka Serdar. Sie kenne ich, weil sie mit Marie Delarbre mal zusammen für Memmingen in der Bundesliga gespielt hat. Wir sind uns auch im Sommer mal über den Weg gelaufen und haben uns dann bis zur WM verabschiedet."
Kulinarisches Highlight
"Das Essen ist schon gut, aber nicht besonders abwechslungsreich. Wir sind gestern vom Spiel gekommen und dann haben wir im Bus darüber geredet, was wir jetzt gerne zu Essen hätten. Also, worauf wir Lust hätten. Aber Tanja (Eisenschmid) hat gleich gesagt, kommt, hört auf zu Träumen, es gibt eh wieder Reis. Wir meinten zurück, die Lasagne, wenn es die jetzt geben würde, das wäre super. Und dann kamen wir in den Essenssaal und es gab wirklich die Lasagne und wir haben uns richtig gefreut. Das war mega!"
Auf dem Zimmer
"Ich bin hin- und hergerissen. Ich schaue viel Serien hier und außerdem schreibe ich noch an meiner Hausarbeit, die muss ich bis Ende August fertig haben. Da geht es um einen Reflektionsbericht über unsere Vorlesungen aus dem letzten Semester. Die handelten von den verschiedenen Handlungsfeldern sozialer Arbeit. Das ist ja auch mein Studiengang an der Hochschule in Augsburg.
Bei den Serien schaue ich oft mehrere auf einmal. Wenn ich auf eine keine Lust gerade habe, fange ich eine andere an. Die eine ist dann mehr für nebenbei, die andere super spannend. Ich schaue zum Beispiel Valeria an, das ist eine spanische Serie. Und dann noch Blind Spot. Da habe ich hier in Kanada die neue Staffel entdeckt, die gab's bei uns noch gar nicht. Deswegen schaue ich die jetzt, bevor wir wieder nach Hause fliegen."
Gedanke des Tages
"Sehr schön war es, dass unsere Reihe, also Resi Wagner, gestern ein Tor schießen konnte. Das gibt einem in der Reihe auch immer ein gutes Gefühl. Ich finde auch, dass unsere Reihe gut harmoniert, also wir spielen gut zusammen. Wir verstehen uns auch alle abseits vom Eis supergut. Resi ist das erste Mal jetzt bei ner WM und nach dem ersten Spiel kam sie zu Marie (Delarbre) und mir und sagte, dass es ihr eine Ehre war, ihr Debüt mit uns zu bestreiten. Das hat mich dann richtig gefreut, dass sie das mit uns feiern konnte. Sie spielt zwar auch in Ingolstadt, aber da haben wir bisher nicht zusammen in einer Reihe gespielt."
Dieser Tagebucheintrag wurde von Nicola Eisenschmid gemeinsam mit Daniel Goldstein aufgeschrieben. Fragen zum Tagebuch-Eintrag oder zur Eishockey-WM könnt Ihr uns gerne über Twitter stellen: www.twitter.com/tspsport
Hotelzimmerüberlegungen – Ein Eishockey-WM-Tagebuch II
Aufgezeichnet von Daniel Goldstein
In loser Folge veröffentlichen wir an dieser Stelle Tagebucheinträge von den Spielerinnen des deutschen Teams bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021 in Calgary, Kanada. Wir setzen die Texte mit Keeperin Jenny Harß fort. Die Füssenerin ist mit 34 Jahren die erfahrenste Spielerin des Teams. Sie ist Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr und spielt in der kommenden Saison fürs Männerteam vom ESC Kempten in der Bayernliga (vierthöchste Spielklasse). Neben den olympischen Spielen 2006 in Turin und 2014 in Sotschi nahm sie bereits an neun Weltmeisterschaften der Frauen teil.
Zum Auftakt des Turniers in Calgary gelang ihr beim 3:0 gegen Ungarn ein Shutout (Spiel ohne Gegentor). Spiel zwei folgt am Montagabend um 20 Uhr MESZ (12 Uhr Ortszeit in Calgary) gegen die anderen Aufsteigerinnen aus Dänemark.
Letztes Spiel
"Wir freuen uns natürlich, dass wir mit einem Sieg und dann noch ohne Gegentor ins Turnier starten konnten, das war auf jeden Fall sehr wichtig. Aus meiner Sicht: Ich hab jetzt nicht so ganz viele Schüsse bekommen, das ist für einen Torwart dann vor allem mental anstrengend. Man muss immer dabei sein und wenn dann eine schnelle Aktion kommt, muss man da sein. Das ist nicht immer ganz einfach, aber ich denke, gestern ist es mir ganz gut gelungen. Ich sehe es naturgemäß anders, als die ungarische Kapitänin und finde, wir hätten noch ein paar mehr Tore verdient gehabt, aber ihre Torhüterin hat auch ein paar gute Saves gemacht. Das wichtigste aber sind die 3 Punkte für uns."
Nächstes Spiel
"Gestern durften wir uns noch über den Sieg gegen Ungarn freuen, aber bei einer WM muss man sowas schnell abhaken. Jetzt heißt es schon wieder Fokus aufs nächste Spiel. Jedes Match wird bei dieser WM schwierig sein. In der Vorbereitung, also das eine Spiel, was wir hatten, war ja auch gegen Dänemark. Da haben wir uns auch nicht ganz leicht getan. Es wird wichtig sein, dass wir einen guten Start haben und denen unser Spiel aufzwingen, nicht andersrum. Ich hab das Spiel der Däninnen gestern gegen Japan angeschaut, es war sehr sehr knapp. Sie haben richtig hat gekämpft, um den 1:1-Ausgleich noch zu machen. Die werden auf jeden Fall hochmotiviert sein, da sie ja die ersten beiden Spiele schon verloren haben. Ich werde jetzt nicht unbedingt speziell auf eine Spielerin achten. Wir wissen so ungefähr, wie sie ihre Überzahl organisieren, die Kapitänin ist auch stark, aber wir müssen generell wach sein."
Kulinarisches Highlight
"Das ist schwierig. Also das Essen ist generell sehr gut, aber schon halt sehr ähnlich immer. Ich mag es auf jeden Fall, dass das Obst für uns immer schon aufgeschnitten ist. Wir können uns das Essen ja aufgrund der Hygieneregeln nicht selbst vom Büfett nehmen, es wird uns gegeben. Da ist es auf jeden Fall schön, dass man das Obst nicht noch selbst aufschneiden muss. Wenn ich daheim frühstücke, muss ich mir die Melone, Ananas, Trauben oder Orangen ja immer selber aufschneiden..."
Auf dem Zimmer
"Also für die Quarantäne hatte ich natürlich auch mein Kindle zum Beispiel dabei und hab da ein Buch über Hundegesundheit gelesen. Ich habe auch Netflix geguckt. Zuletzt kam ja die zweite Staffel von Outer Banks. Und dann waren da ja noch die Yoga-Stunden...
Das erste Mal habe ich 2010 Yoga gemacht. 2017 kam dann die Yoga-Lehrerinnenausbildung in Bali und ich mache auch immer wieder Fortbildungen. Ich finde, das tut jedem Menschen gut und ist speziell für Sportler gut geeignet. Wir haben jetzt hier in Calgary zusammen drei Yoga-Sessions gemacht. Zwei davon auch während der Quarantäne per Videokonferenz. Die waren dann immer so 20-25 Minuten lang. Ich selbst mache es eigentlich täglich. Heute Morgen hatten wir vorm Frühstück noch ein bisschen Zeit. Da muss man halt immer gucken, wie es in den Tagesplan passt."
Gedanke des Tages
"Es stimmt, ich gehöre schon zu den erfahreneren Spielerinnen. Wir haben einen ziemlich gesunden Mix hier dabei von jung und alt, erfahren oder nicht so, einige WM-Rookies sind auch dabei. Als erfahrene Spielerin versucht man schon mit gutem Beispiel voran zu gehen, egal ob auf oder neben dem Eis. Man versucht auch den jüngeren zu helfen zum Beispiel in der Vorbereitung auf eine WM. Ich würde also schon sagen, dass ich im Team voll drin bin, aber es gibt natürlich auch Phasen, wie in der direkten Spielvorbereitung, in denen ich mich dann in meine Torwartwelt zurückziehe. Ansonsten machen wir viel als Team zusammen ob das On-Ice-Warmup oder das Cool Down. Nur andere Sachen sind mit Corona derzeit etwas schwieriger möglich."
Dieser Tagebucheintrag wurde von Jenny Harß gemeinsam mit Daniel Goldstein aufgeschrieben. Fragen zum Tagebuch-Eintrag oder zur Eishockey-WM könnt Ihr uns gerne über Twitter stellen: www.twitter.com/tspsport.
Hotelzimmerüberlegungen – Ein Eishockey-WM-Tagebuch I
Aufgezeichnet von Daniel Goldstein
In loser Folge veröffentlichen wir an dieser Stelle Tagebucheinträge von den Spielerinnen des deutschen Teams bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2021 in Calgary, Kanada. Wir starten die Reihe nach dem langen Interview mit Stürmerin Julia Zorn, mit Kurzantworten von ihr.
Letztes Spiel: Vorbereitung vs. Dänemark
Nächstes Spiel: Eröffnungsspiel gegen Ungarn
Kulinarisches Highlight: Geburtstagskuchen von Physiotherapeutin Anna Hu
Auf dem Zimmer: 1417 ist es immer ordentlich
Gedanke des Tages: Letz fetz!
Der nächste Tagebucheintrag wird natürlich deutlich länger.
Solltet Ihr Fragen haben, meldet Euch einfach über Twitter an www.twitter.com/tspsport. Es gibt auch ein Tippspiel zur WM: www.kicktipp.de/byk-fwm21!
Entschleunigt ins Viertelfinale
Julia Zorn ist die Kapitänin des deutschen Eishockeynationalteams. Die 31-jährige Bayerin ist amtierende Meisterin mit dem ESC Planegg-Würmtal. Zum Auftakt der WM trifft sie mit der DEB-Auswahl am Samstagabend (20 Uhr MESZ /12 Uhr Ortszeit in Calgary - Live auf theFan.FM) auf Aufsteiger Ungarn. Wir haben mit Ihr kurz vor dem ersten Match gesprochen.
Frau Zorn, sind Sie ein geduldiger Mensch?
Leider überhaupt nicht. Aber ich würde sagen, dass ich in den letzten vier Jahren gezwungenermaßen sehr dazu gelernt habe.
Sie mussten nach 2019 fast zweieinhalb Jahre warten bis Sie wieder zu einer WM fahren durften. Wie haben Sie die Wochen und Monate seit letzten kurzfristigen Absage verbracht?
Erst einmal bin ich für ein paar Tage von zu Hause „geflohen“ und habe meine beste Freundin und ihre Familie besucht. Aber dann blieb uns eigentlich nicht viel Zeit und das Sommertraining hat wieder angefangen.
Man denkt ja immer, dass man im Sommer dann endlich mal Zeit für die Dinge (und vor allem Menschen) hat, die während der Saison zu kurz kommen. Aber dann ist der Sommer doch immer so schnell vorbei...
Am 10. August ging es diesmal dann tatsächlich los nach Kanada. Bevor Sie dort aufs Eis durften, mussten Sie eine fünftägige Einzelquarantäne im Hotelzimmer in Calgary rumbringen. Haben Sie neue Talente bei sich entdeckt? Musikinstrumente gelernt oder ähnliches?
Neue Talente wurden nicht entdeckt. Aber die ersten drei Tage haben brutal entschleunigt und ich muss zugeben, dass das sehr gut getan hat.
Wie oft wurden sie in letzter Zeit getestet?
Corona? Seit dem 2. August 14 mal.
Sie müssen ein so genanntes Tracing-Armband tragen, um ihre Kontakte nachzuvollziehen. Fühlen Sie sich verfolgt?
Eigentlich nicht. Zum einen vergisst man ja irgendwann, dass man es trägt. Zum anderen legen wir generell gegenüber der Anti-Doping Agentur ja sowieso immer alles offen, wann wir wo sind. Da ist dieses Armband dann irgendwie auch schon egal.
Das erste und einzige richtige Testspiel für die WM am Mittwoch gegen Dänemark war eine knappe Sache. Sie sind als Kapitänin mit gutem Beispiel vorangegangen. Hauptsache gewonnen, oder?
Hauptsache gewonnen würde ich nicht sagen. Der Sieg war harte Arbeit über 65+ Minuten. Es gibt keine vermeintlich leichten Gegner in diesem Turnier und wir müssen an jedem Spieltag zu 100 Prozent da sein, um zu gewinnen.
Wie würden Sie die taktische Spielweise der deutschen Mannschaft 2021 beschreiben?
Wir wollen die Scheibe nicht unnötig hergeben. Ich würde sagen: Spielerisch kreativ, mit viel Laufarbeit und Scheibenbesitz.
Gibt es im Spiel des deutschen Teams Veränderungen, die der neue Bundestrainer Thomas Schädler im Vergleich zu Vorgänger Christian Künast etabliert hat?
Allzu große Unterschiede gibt es nicht. Der Verband möchte ja eine Handschrift haben, die sich durch alle Teams zieht. Deswegen war die taktische Umstellung nicht all zu groß.
Die diesjährige WM ist bereits Ihre neunte im Frauenbereich. Sind Sie noch aufgeregt?
Jede WM ist etwas ganz besonderes und hat ihren eigenen Vorbereitungsweg. Allein schon deshalb ist jedes Turnier anders.
Für mich ist es immer noch etwas ganz besonderes, Deutschland bei einer WM vertreten zu dürfen und sich mit den Besten der Welt messen zu können. Und ja, auch nach all der Zeit bin ich immer noch aufgeregt – positiv aufgeregt.
Was ist das Ziel des deutschen Teams für diese WM?
Wir wollen auf jeden Fall das Viertelfinale erreichen.
Wie gehen Sie in das Spiel gegen Aufsteiger Ungarn?
Wir wissen, dass die Ungarinnen uns alles abverlangen werden. Wir müssen von Beginn an hellwach sein und dem Spiel unseren eigenen Stempel aufdrücken. Wir sind alle heiß, dass es endlich los geht!
Nach der WM folgt Mitte November in Füssen direkt das nächste wichtige Turnier, die Olympiaqualifikation für Peking 2022. Haben Sie das bereits im Hinterkopf?
Julia Zorn: Im Sommer definitiv. Momentan liegt der Fokus aber ganz klar auf der WM.
Viel Erfolg!
Es geht los
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