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Plagen für die Hertha. Marvin Plattenhardt stemmt vorerst weiter für die Berliner Gewichte.

© Tim Rehbein/dpa

Hertha BSC: Marvin Plattenhardt bleibt ein Berliner

Der Linksverteidiger wollte sich seinen Traum von der Premier League erfüllen, Hertha BSC wollte ihn ziehen lassen. Doch aus dem Wechsel nach England wird nichts.

In den Vormittagseinheiten von Hertha BSC ging es in dieser Trainingswoche zu wie im Kindergarten oder auf Klassenfahrt; bevor der Tag so richtig starten konnte, musste zunächst einmal durchgezählt werden, Position für Position, Spieler für Spieler, Gesicht für Gesicht. Hätte ja sein können, dass sich jemand verletzt hat. Oder kurzfristig noch den Verein wechseln will. Oder, oder, oder.

Am Donnerstagvormittag betrug die Kaderstärke des Berliner Fußball-Bundesligisten in der Steiermark jedenfalls 23 Spieler, insgesamt war Hertha vor knapp einer Woche mit 25 Spielern Richtung Österreich aufgebrochen. Nach Abzug der beiden angeschlagenen Profis – Lukas Klünter und Mathew Leckie fehlten – stand damit fest: Marvin Plattenhardt wird weiterhin mit von der Partie sein, in Schladming und auch darüber hinaus. Das war vor allem deshalb relevant, weil am Donnerstagabend die Transferfrist in England endete.

Plattenhardt hätte also allerspätestens bis 18 Uhr auf der Insel landen und sich eingehenderen Untersuchungen unterziehen müssen. Schließlich verpflichtet kein Verein einen Neuen ohne handelsüblichen Medizincheck, nicht mal die (vor allem finanziell) zum Wahnsinn neigenden Klubs der Premier League. Dem Vernehmen nach sollen einige Vereine am Linksverteidiger interessiert gewesen sein, der bei der Weltmeisterschaft in Russland zum deutschen Aufgebot gehörte. Zu einem Abschluss des Transfergeschäfts kam es allerdings nicht.

25 Millionen Euro soll Hertha aufgerufen haben

Über die Gründe dafür lässt sich trefflich spekulieren. Trainer Pal Dardai steuerte in der Debatte immerhin ein paar Sätze bei, die einen kleinen Erkenntnisgewinn lieferten. Wenn das mit dem Wechsel klappen sollte, müssten alle beteiligten Parteien davon profitieren, sagte der Ungar sinngemäß. „Wir müssen alle extrem glücklich sein, also Platte selbst und wir als Verein natürlich.“ Und wie lässt sich ein selbst ernannter Ausbildungsverein wie Hertha BSC schon glücklicher machen als mit einem netten Sümmchen aus Transfererlösen? Die Berliner Verantwortlichen, so erzählt man sich, sollen rund 25 Millionen Euro Ablöse für ihren Nationalspieler aufgerufen haben. Und Plattenhardt selbst sagte: „Ich würde nur ins Grübeln kommen, wenn ein Angebot eingeht, das wirklich passt.“ Offensichtlich waren beide Parameter nicht erfüllt.

Dabei hatte zuletzt einiges auf einen Wechsel des 26-Jährigen hingedeutet, den Hertha vor vier Jahren für vergleichsweise lächerliche 500.000 Euro vom 1. FC Nürnberg verpflichtet und längst bis 2023 an sich gebunden hat. Im ersten Trainingslager in Neuruppin, von dem Plattenhardt nach seiner WM-Teilnahme befreit war, hatte Manager Michael Preetz den Linksverteidiger quasi bereitwillig ins Schaufenster gestellt. „Wenn es seitens des Spielers den Wunsch nach Veränderung gibt und es für alle Seiten passt, werden wir uns mit der Personalie beschäftigen“, hatte Preetz gesagt. Normalerweise kommentieren Bundesliga-Manager Transfergerüchte mit Verweis auf das laufende Verfahren entweder kurz angebunden oder gar nicht.

Plattenhardt fand sich in der B-Elf wieder

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Hertha BSC die Millionen aus einem möglichen Plattenhardt-Transfer gut hätte gebrauchen können – zum Beispiel, um besagten torgefährlichen Mittelfeldspieler zu verpflichten, nach dem die Berliner seit einigen Wochen ergebnislos fahnden. Andererseits hätte der Transfer die Statik der Viererkette im Speziellen und die defensive Stabilität des Teams im Allgemeinen gefährden können. In Maximilian Mittelstädt steht zwar ein potenzieller Nachrücker aus der eigenen Akademie bereit, dem man die Planstelle anvertraut hätte. Andererseits ist Mittelstädt, 22 Jahre jung, eben ein aufstrebender Linksverteidiger – und kein Nationalspieler.

Interessant zu beobachten war in jedem Fall, dass Coach Dardai den Spieler Plattenhardt im Trainingslager gewissermaßen wie ein rohes Ei behandelte. Der Linksfuß sollte sich idealerweise fitmachen für kommende Aufgaben, dabei aber unter keinen Umständen eine Verletzung riskieren. Bei Trainings- und Freundschaftsspielen fand sich Plattenhardt in der B-Elf wieder. Schließlich hätten jeden Tag Angebote aus der Premier League reinkommen können.

Plattenhardt hat in der Vergangenheit immer wieder erzählt, dass er in seiner Karriere gern für ein paar Jahre nach England wechseln würde. Daraus wird zumindest in diesem Sommer nichts mehr. Gänzlich vom Tisch ist das Thema damit allerdings noch nicht; die Transferfrist in Spanien und Italien läuft erst am 31. August ab. Wenn sich aber schon kein englischer Klub finden lässt, der 25 Millionen für Plattenhardt hinlegt, dürfte es in Südeuropa nicht unbedingt leichter sein, diese Summe zu erzielen und einen wirtschaftlich potenten Abnehmer zu finden.

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