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Eugen Polanski auf dem Trainingsplatz.

© IMAGO/fohlenfoto/IMAGO/Norbert Jansen / fohlenfoto

Mehr als nur Borussia-DNA: Eugen Polanski darf sich in Gladbach als Cheftrainer empfehlen

Bis auf Weiteres ist Eugen Polanski für die Profis von Borussia Mönchengladbach verantwortlich. An diesem Sonntag feiert er im Spiel gegen Bayer Leverkusen sein Debüt als Chefcoach.

Stand:

Als Jupp Heynckes im Sommer 2006 zum zweiten Mal Trainer von Borussia Mönchengladbach wurde, löste seine Rückkehr rund um den Verein durchaus nostalgische Anwandlungen aus. Sogar Heynckes selbst war davor offenbar nicht gefeit.

Im Kader des Klubs, der seinerzeit zwischen Mittelmaß und Abstiegskampf pendelte, hatte er einen jungen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs entdeckt, der ihn ein wenig an den Lieblingsschüler seiner ersten Amtszeit bei den Gladbachern erinnerte und der es mit der passenden Förderung durch ihn entsprechend weit bringen könnte.

Heynckes – man kann es ruhig so ausdrücken – verliebte sich ein wenig in die Vorstellung, den damals 20 Jahre alten Eugen Polanski zu einem zweiten Lothar Matthäus zu entwickeln.

Jupp Heynckes (Mitte) hat sehr viel vom jungen Fußballer Eugen Polanski (links) gehalten.

© imago/Fishing 4

Das Projekt scheiterte. Heynckes trat nach nur einem halben Jahr wegen ausbleibender Erfolge als Trainer zurück, der Klub stieg am Ende der Saison zum zweiten Mal in die Zweite Liga ab, und obwohl Polanski mit 254 Einsätzen in der Fußball-Bundesliga (für Gladbach, Mainz und Hoffenheim) noch eine respektable Karriere machte, war der Fußabdruck, den er bei seinem Heimatverein hinterlassen hat, nicht besonders tief.

Er war schon länger Borussias Schatten-Cheftrainer

In der Saison nach dem Abstieg kam Polanski zu lediglich neun Einsätzen in der Zweiten Liga, nur dreimal stand er in der Startelf. Anschließend wechselte der verhinderte neue Lothar Matthäus zum spanischen Erstligisten FC Getafe. Ablösefrei.

Doch was Polanski als Spieler nicht geschafft hat – sich bleibende Verdienste um Borussia Mönchengladbach zu erwerben –, das könnte er nun als Trainer nachholen. Am Montag, einen Tag nach der bestürzenden 0:4-Heimniederlage gegen Werder Bremen, hat der Klub den 39-Jährigen zum Nachfolger des gescheiterten Gerardo Seoane ernannt.

Überraschend kam das nicht. Nicht, dass der Schweizer Seoane nach dem hilflosen Auftritt seiner Mannschaft gehen musste. Und auch nicht, dass der bisherige Trainer der Gladbacher U 23 aus der Regionalliga West zu seinem Nachfolger befördert wurde. Polanski gilt bei Borussia schon länger als spannendes Trainertalent und war durch seine inzwischen dreijährige Tätigkeit bei der zweiten Mannschaft fast automatisch auch eine Art Schatten-Cheftrainer.

Bereits im Frühjahr 2023 war sein Name erstmals gefallen, damals noch als potenzieller Nachfolger für Daniel Farke. Und im vergangenen Herbst, als die Mannschaft unter Seoane schon einmal gehörig ins Straucheln geraten war, soll er für den Fall der Fälle für die Nachfolge auserkoren gewesen sein. Doch das Team fing sich, Seoane durfte bleiben.

Eugen ist ein junger Trainer mit Ambition und Energie. Er hat sich diese Chance mit seiner guten Arbeit in unserer U 23 verdient.

Borussias Sportdirektor Roland Virkus über Eugen Polanski

Angesichts dieser Vorgeschichte ist es ein wenig überraschend, dass sich der Klub nun nicht gleich bedingungslos zu Polanski bekannt hat. Die offizielle Sprachregelung lautet, dass er das Amt „bis auf Weiteres“ ausübe. Polanski ist fürs Erste also nur Cheftrainer unter Vorbehalt. Das passt ein wenig zur Linie des Vereins, der in der jüngeren Vergangenheit eher undeutlich und bräsig daherkam.

„Eugen ist ein junger Trainer mit Ambition und Energie. Er hat sich diese Chance mit seiner guten Arbeit in unserer U 23 verdient“, hat Borussias Sportdirektor Roland Virkus zur Entscheidung des Klubs gesagt. Aber er sagte eben auch: „Parallel sondieren wir den Markt.“

Bei den Gladbachern wird immer wieder der sogenannte Borussia-Weg beschworen. Mehr Borussia-DNA als Polanski kann man fast nicht haben. Obwohl in Polen geboren, ist Polanski in Viersen, vor den Toren Mönchengladbachs, aufgewachsen. Insgesamt zehn Jahre hat er in Borussias Jugend gespielt und dort 2005, unter Trainer Dick Advocaat, auch den Sprung zum Profi geschafft. Polanski hat sogar auf dem Gelände des früheren Bökelbergstadions ein Grundstück erworben und auf dem fußballhistorischen Boden ein Haus gebaut.

Polanski hat unter Top-Top-Top-Trainern gearbeitet

Aber er hat viel mehr zu bieten als nur Borussia-DNA. In seiner Zeit als Spieler hat er unter einigen, wie er es ausdrückt, Top-Top-Top-Trainern gearbeitet. In Gladbach war das Jupp Heynckes, in Mainz Thomas Tuchel und in Hoffenheim unter anderem Julian Nagelsmann, der ihn am Ende seiner Karriere zwar nur noch sporadisch hat spielen lassen – ihn aber immer wieder bedrängt hat, die Trainerlaufbahn einzuschlagen, und der daher „vielleicht am prägendsten für mich war“.

Sich selbst beschreibt Polanski als „fordernd, aber fair“. Gladbachs Sportdirektor Virkus bescheinigt ihm „eine klare Idee vom Fußball“, charakterisiert Polanski als „sehr strukturiert, fordernd und sehr ehrgeizig“.

Seinem Team will Polanski klare Prinzipien vermitteln, auf die sie auf dem Platz immer wieder zurückgreifen können. Er erwartet „eine Aktivität mit und gegen den Ball“, will „die Mitte mehr kontrollieren und mit Ball dominieren“ und mehr nach vorne attackieren als zuletzt. Aber, so sagt er: „Es geht nicht um Polanski-Fußball. Es geht um Borussia-Mönchengladbach-Fußball.“

Sein Debüt feiert Polanski an diesem Sonntag (17.30 Uhr/Dazn) bei Bayer Leverkusen – im Duell der beiden Klubs also, die als einzige schon am vierten Spieltag der neuen Saison einen anderen Trainer an der Seitenlinie stehen haben als zu ihrem Beginn. Danach geht es für die Borussen gegen Eintracht Frankfurt und den SC Freiburg, zwei weitere Europapokalteilnehmer.

Nicht nur der Start ist herausfordernd für Gladbachs neuen Trainer, sondern auch die Aufgabe an sich. Borussia wartet saisonübergreifend seit zehn Spielen auf einen Sieg und seit fünf Spielen auf ein Tor. Und trotzdem sagt Eugen Polanski: „Dieses ganz große Problem sehe ich nicht in der Mannschaft.“ Zumindest habe er keines erkannt, „das man nicht lösen kann“.

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