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Mehr als nur ein Ersatz für Tim Kleindienst: Haris Tabakovic zündet jetzt auch in Gladbach
Die Skepsis vor der Saison war groß. Inzwischen aber hat der Leihstürmer die Fans von Borussia Mönchengladbach mit Toren überzeugt. Das gibt ein gutes Gefühl fürs anstehende Derby.
Stand:
Als Borussia Mönchengladbach im Juli die Verpflichtung von Haris Tabakovic bekanntgab, hat diese Nachricht in gleich zwei Fanlagern eine gewisse Enttäuschung ausgelöst. Zum einen in dem der Gladbacher, deren Anhänger sich als Ersatz für den verletzten Mittelstürmer Tim Kleindienst eine etwas glamourösere Lösung als einen Ergänzungsspieler von der TSG Hoffenheim gewünscht hätten.
Noch viel größer aber war die Enttäuschung bei den Fans von Hertha BSC, die im Sommer immer noch die Hoffnung hegten, dass Tabakovic zu ihrem Klub zurückkehren könnte. Diese Hoffnung aber hatte nie eine reale Basis. Selbst als die Hoffenheimer einen neuen Stürmer nach dem anderen verpflichteten, bezifferte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr Tabakovics auf maximal 0,51 Prozent.
Im Unterschied zur emotional bedingten Sehnsucht der eigenen Fans und bei aller Wertschätzung für den Stürmer hat die Vereinsführung des Berliner Fußball-Zweitligisten die Personalie immer mit größtmöglicher Nüchternheit betrachtet. Der Klub hatte den Angreifer im Sommer 2024 für die stattliche Ablöse von 3,5 Millionen Euro nach Hoffenheim transferiert; dass die TSG ihn nur ein Jahr später für ein überschaubares Entgelt zu Hertha zurückkehren lassen würde, war daher nahezu ausgeschlossen.
Bei Herthas Fans genießt Haris Tabakovic, Spitzname Fluppe, immer noch eine hohe Wertschätzung. Aber auch bei Borussia Mönchengladbach hat sich die Stimmung inzwischen gewandelt. Der Plan hinter seiner Verpflichtung scheint mehr und mehr aufzugehen. Die Gladbacher haben den Mittelstürmer für ein Jahr ausgeliehen, um die Absenz des am Meniskus verletzten Nationalspielers Tim Kleindienst zu überbrücken.
Die anfängliche Skepsis ist inzwischen komplett verflogen. Dass die zuletzt notorisch erfolglose Borussia in der vergangenen Woche zwei Siege – einen im Pokal und einen in der Liga – eingefahren hat, lag nicht zuletzt an Haris Tabakovic.
Er pusht die Jungs, arbeitet sich in jedes Spiel rein, ist sehr unangenehm für die Gegenspieler.
Gladbachs Trainer Eugen Polanski
Beim 3:1 gegen den Karlsruher SC und dem 4:0 beim FC St. Pauli war der 31-Jährige an fünf der sieben Tore seiner Mannschaft beteiligt: Drei erzielte er selbst, zwei bereitete er vor. „Ein schöner Tag“, sagte Tabakovic nach dem 4:0-Erfolg am Millerntor. Mit den beiden Toren zur 2:0-Pausenführung hatte er einen nicht zu unterschätzenden Anteil an Gladbachs erstem Ligasieg seit sieben Monaten.

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Die ersten Tage am Niederrhein waren für Tabakovic nicht ganz so schön gewesen. Der Neue fand schwer in die Saison und flog zwischenzeitlich sogar aus der Startelf. Allerdings war er auch kaum ins Spiel seiner Mannschaft eingebunden. „Was am Anfang der Saison passiert ist, auch die Kritik, das gehört zum Fußball dazu“, sagte Tabakovic nach seinem überzeugenden Auftritt auf St. Pauli im Interview mit Sky. „Ich bin da relativ ruhig geblieben.“
In der Bundesliga hat Borussias Mittelstürmer jetzt die Hälfte aller Treffer seines Teams (fünf von zehn) erzielt. Wettbewerbsübergreifend stehen bei ihm sechs Tore und drei Vorlagen zu Buche. Das sind schon jetzt mehr als in der kompletten Vorsaison für Hoffenheim (vier Tore, zwei Assists). Alle 80 Minuten war Tabakovic damit an einem Tor beteiligt; bei der TSG brauchte er noch mehr als 200 Minuten pro Torbeteiligung.
Die Mitspieler bringen ihn besser in Position
Tabakovic profitiert davon, dass sich die Mannschaft immer besser findet und sich der Effekt des frühen Trainerwechsels von Gerardo Seoane zu Eugen Polanski nun offenbar auch langsam bemerkbar macht. „Es ist immer so: Am Anfang ist es schwierig, aber das kommt mit der Zeit, mit dem Vertrauen“, sagt Tabakovic.
Die Mannschaft kennt ihn und seine Stärken nun besser. Inzwischen erhält er die Bälle, die er als Mittelstürmer braucht. Zudem hatte Tabakovic zuletzt einen zweiten Angreifer an seiner Seite, sodass er nicht mehr allein im Fokus der gegnerischen Verteidiger steht.
„Ich habe ihn von Anfang an umjubelt“, sagte Polanski nach dem Sieg beim FC St. Pauli mit Blick auf die anfängliche Skepsis gegenüber Tabakovic. „Intern sind wir sehr froh, dass wir ihn haben. Charakterlich passt er super. Er pusht die Jungs, arbeitet sich in jedes Spiel rein, ist sehr unangenehm für die Gegenspieler.“
Tabakovic tut viel für seinen Körper
Schon in Berlin ist nur Positives über Tabakovics Arbeitseinstellung berichtet worden. Herthas Trainer Pal Dardai hat einmal erzählt, dass der Schweizer Angreifer mit bosnischen Wurzeln immer als erster Spieler in der Kabine war und dort weit vor allen anderen sein individuelles Trainingsprogramm absolviert hat.
Das liegt auch daran, dass Tabakovic seit längerem Probleme mit seinem Knie hat, die sich bei übermäßiger Belastung bemerkbar machen. „Er hat das im Griff“, sagt Herthas Sportdirektor Weber.
Für die Gladbacher ist das beruhigend zu wissen. Denn wann Tim Kleindienst ihnen wieder zur Verfügung steht, ist noch nicht abzusehen. In den Prognosen war von November die Rede, bisher aber trainiert Borussias bester Torschütze der Vorsaison (16 Treffer) noch nicht mit der Mannschaft, nicht einmal teilintegriert.
Der Druck, möglichst schnell auf den Platz zurückzukehren und dann gleich wieder zu funktionieren, ist dank Haris Tabakovic und seinen Toren deutlich geringer geworden. Momentan hat er nur einen Treffer weniger erzielt als Kleindienst zum selben Zeitpunkt der Vorsaison. Auch deshalb blicken die Gladbacher dem Derby gegen den rheinischen Rivalen 1. FC Köln am kommenden Wochenende inzwischen deutlich entspannter entgegen.
Oder wie Haris Tabakovic es ausdrückt: „Ich freue mich abnormal auf dieses Spiel.“
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