zum Hauptinhalt
Tadej Pogacar dominierte die diesjährige Tour de France.

© AFP/THOMAS SAMSON

„Mein bestes Ich“: Darum hat Gewinner Tadej Pogacar die Tour de France dominiert

Tadej Pogacar hat die Tour 2024 mit gleich sechs Etappensiegen, mehreren Bergrekorden und 19 Tagen im Gelben Trikot beherrscht und klar gewonnen. Das ruft auch Zweifel hervor.

Stand:

Zum Zählen seiner Erfolge gingen Tadej Pogacar fast schon die Finger aus. Seinen fünften Etappensieg fuhr er am vorletzten Tag der Tour auf dem Col de la Couillole ein. Mal wieder hatte er im großen Duell dieser Tour de France seinen Rivalen Jonas Vingegaard deutlich bezwungen. Einige Radlängen nahm er im Bergsprint dem Dänen ab. Danach reckte er seine rechte Hand in den Himmel und streckte vier Finger plus seinen Daumen als Zeichen für seinen fünften Tagessieg aus.

Es war eine Demonstration der Dominanz, noch vor dem Schlusstag. Und der endete sogar noch mit einer weiteren. Denn auch das abschließende Einzelzeitfahren nach Nizza gewann der Slowene – wieder vor Vingegaard und das mit über einer Minute Vorsprung.

Das ist doch Sport! Ich mache meinem härtesten Rivalen doch keine Geschenke.

Tadej Pogacar bei der Pressekonferenz nach seinem fünften Tagessieg.

Tags zuvor hatte sich der Däne noch darüber beklagt, dass Pogacar ihm doch den Sieg hätte lassen können. Der Slowene schüttelte daraufhin in der Pressekonferenz nur den Kopf. „Das ist doch Sport! Ich mache meinem härtesten Rivalen doch keine Geschenke. Wenn man die Chance hat, zu gewinnen, sollte man das auch tun.“

Das tat Pogacar bei dieser 111. Tour de France mehrfach, und er tat es sehr überzeugend. Bereits am vierten Tag schockte er seine Konkurrenz mit einem neuen Kletterrekord am Galibier. 37 Sekunden nahm er Vingegaard dort im Alleingang ab. In den Pyrenäen drückte er den Dänen komplett an die Wand. Beim Aufstieg nach Pla d’Adet brachte er 39 Sekunden zwischen sich und seinen ärgsten Verfolger. Tags darauf am Plateau de Beille waren es eine Minute und acht Sekunden.

„Monströse“ Rekordflut und die ewige Dopingfrage

Pogacar dominierte damit nicht nur die, die gleichzeitig mit ihm auf dem Rad saßen. Er deklassierte auch die historischen Größen des Radsports. Am Plateau de Beille hielt bislang Marco Pantani den Allzeitrekord. Er stellte ihn bei seinem Double aus Giro d’Italia und Tour de France auf. Pogacar indes war drei Minuten und 44 Sekunden schneller als Pantani, der damals nachweislich mit dem Blutmedikament EPO gedopt war.

Weil auch noch Vingegaard sowie der Tour-Dritte Remco Evenepoel schneller waren als damals Pantani und weitere Allzeitbestmarken bei San Luca, am Galibier, Pla d’Adet und auch jetzt noch am Wochenende auf Isola 2000 sowie am Col de la Couillole fielen, kamen große Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Leistungen auf. Der frühere Festina-Coach und jetzige Antidopingaktivist Antoine Vayer bezeichnete die Rekordflut als „monströs“.

Debatten lösten aus, ob Pogacars Team UAE eine Messmethode zur Bestimmung des Blutvolumens auch zur Leistungssteigerung einsetzt. Die Messmethode funktioniert mit Kohlenmonoxid. Inhaliert man größere Mengen, stirbt man an einer Kohlenmonoxidvergiftung. Kleinere Mengen regen aber den Körper zur erhöhten Produktion von roten Blutkörperchen an.

Pogacar verneinte allerdings, dass die Methode zu diesen Zwecken angewendet werde. Sorgen bereitet auch, dass das Kontrollsystem von leistungssteigernden Substanzen wie dem Ausdauerpräparat AICAR Lücken aufweist und Tests für neuere Medikamente bislang noch nicht einmal zur Anwendung gekommen sind.

Schnellere Räder, breitere Reifen und effiziente Ernährung haben großen Einfluss

Anmerken muss man allerdings auch, dass es viele andere Faktoren gibt, die, gerade bei der aktuellen Fahrgeneration zu einer Leistungssteigerung, beitragen. Die Räder werden immer schneller, weil sie aerodynamisch optimiert sind. Breitere Reifen mit weniger Druck sorgen für geringeren Rollwiderstand, was sich ebenfalls in erhöhter Geschwindigkeit niederschlägt.

Die Fahrer heute können fast das Doppelte der Kohlenhydratmenge aufnehmen wie früher.

Gorka Prieto, Ernährungsspezialist bei Pogacars Team UAE

Dann ist da noch die Ernährungsrevolution. „Die Fahrer heute können fast das Doppelte der Kohlenhydratmenge aufnehmen wie früher. Grund dafür ist, dass man herausgefunden hat, dass Fructose, also Fruchtzucker, und Glukose, also Traubenzucker, vom Körper auf unterschiedlichen Wegen verstoffwechselt werden.

Gibt man den richtigen Mix aus Glukose und Fructose, kann der Organismus das parallel verarbeiten. Ihm steht dann mehr Energie zur Verfügung“, erzählte Gorka Prieto, Ernährungsspezialist bei Pogacars Team UAE, dem Tagesspiegel.

Das sind alles Faktoren, die auch die Konkurrenz kennt und in ihrem Kampf um Wattwerte und Sekunden einsetzt. Bei Pogacar selbst kommt neben dem genetischen Talent noch hinzu, dass er im Winter sein Training auf die Resistenz bei langen Anstiegen hin optimierte und mit speziellem Hitzetraining auch an seiner letzten Schwäche, dem Leistungsabfall bei höheren Temperaturen, arbeitete. „Ich bin in diesem Jahr in der besten Form meines Lebens, ich bin mein bestes Ich“, konstatierte er.

Offensichtlicher hätte das bei dieser Tour de France nicht sein können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })