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Mesut Özil und Social Media: Ohne Umwege zu 71 Millionen sprechen

Der Weltstar Mesut Özil hat seine Stellungnahme über Facebook, Twitter, Instagram verbreitet. Medien haben im Zeitalter von Social Media eine andere Rolle.

Mesut Özil hat mit seiner Erklärung vom Sonntag nicht nur eine Debatte über den DFB im Speziellen und Integration im Allgemeinen ausgelöst. Er hat auch vorgeführt, wie Soziale Medien Kommunikation und Medien verändern.

Özil hat seine Haltung gegenüber DFB-Präsident Reinhart Grindel, seine Gründe für das Foto mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft aufgrund des Rassismus, der ihm im Fußballbund entgegenschlägt, keiner Nachrichtenagentur, keinem Fernsehsender oder sonst einem Medium mitgeteilt. Er hat seine Erklärung dramaturgisch durchgeplant auf seinen Social-Media-Kanälen veröffentlicht und so Millionen Menschen direkt angesprochen, und zwar genau so, wie er es wollte.

31 Millionen folgen dem Weltstar Özil auf Facebook, 17 Millionen auf Instagram, 23 Millionen auf Twitter, das sind insgesamt 71 Millionen Follower. Die Erklärung ist auf Englisch, auch die internationalen Fans und Medien sollen seine Botschaft verstehen. Dazu kommt: Niemand redigiert sie, auf Nachfragen muss nicht reagiert werden - zumal Özil jetzt mit Arsenal auf Asien-Tour unterwegs ist -, es gibt keine Abhängigkeit von Dritten im Blick auf Zeitpunkt der Veröffentlichung und Vollständigkeit des Inhalts.

,Früher' war oft die "Bild"-Zeitung das Medium der Wahl, um besonders viele Menschen anzusprechen. Das ist heute nicht mehr so, und möglicherweise auch ein Grund dafür, weshalb das Springer-Blatt so aggressiv auf die Özil-Posts reagiert und von "wirrer Abrechnung mit Deutschland" und "Özils Jammer-Rücktritt" schreibt. So mutmaßt unter anderem der Kommunikationsstratege Mathias Richel. Heute dagegen müssen Stars, ebenso wie Politiker, siehe Donald Trump, mit einer entsprechenden Follower-Zahl diesen Umweg nicht mehr gehen. Was sie auch deutlich unabhängiger von Verbänden oder Parteien macht, auf die sie sonst zur Verbreitung des eigenen Standpunktes angewiesen wären.

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Vor Özil hat das gerade erst Philipp Lahm gezeigt. Der frühere Kapitän der Nationalmannschaft und Weltmeister von 2014 hat seine im Ton zurückhaltende, aber klare Kritik auch am Bundestrainer im Blick auf die Weltmeisterschaft in Russland auf LinkedIn veröffentlicht. Auch er wollte sichergehen, dass kein falscher "Spin" seine Botschaft verfälscht. Den Medien kommt jetzt, um nicht nur Botschaften zu Repetieren, noch viel mehr die Aufgabe zu, einzuordnen, nachzuhaken und Hintergründe zu recherchieren, die der Sender der Nachricht eben exakt nicht veröffentlicht haben möchte.

Was allerdings jetzt auch viel mehr auffällt, ist, wenn sich jemand nicht äußert. Aus der Nationalmannschaft hat bisher nur der Jerome Boateng auf Özils Rückzug reagiert. "Es war mir eine Freude, Abi", hat er getwittert. Ansonsten schweigt die sonst so Social-Media-affine Mannschaft. Der Kapitän Manuel Neuer veröffentlichte am Sonntagabend auf Instagram Fotos einer Fahrradtour.

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