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Leverkusens Florian Wirtz (l.) und der Münchner Jamal Musiala sind die entscheidenden Spieler bei ihren Vereinen. Doch einen Ausfall von Wirtz könnte Leverkusen womöglich besser kompensieren.

© IMAGO/Sven Simon

Neue Rollenverteilung in der Bundesliga: Warum Leverkusen gegenüber Bayern im Vorteil sein könnte

Wenn Borussia Dortmund am Freitag Bayer Leverkusen empfängt, trifft Heimstärke auf Konstanz. Letztere ist nur ein Grund, warum Leverkusen erneut ein ernsthafter Titelkandidat ist.

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Freitagabend, Flutlicht, Borussia Dortmund spielt im eigenen Stadion. Eigentlich ist eine solche Ausgangslage wie für die Borussia gemacht, um einen spektakulären oder zumindest ungefährdeten Heimsieg im Westfalenstadion einzufahren.

In der bisherigen Saison verhält es sich mit der Mannschaft von Trainer Nuri Sahin in solchen Fällen auch oftmals so: Dortmund belegt in der Heimtabelle nach acht Spielen Rang eins mit 20 Punkten. Einzig gegen Werder Bremen und den FC Bayern München spielte man unentschieden, eine Niederlage gab es vor den heimischen Fans in dieser Saison noch nicht.

Wenn der Gegner Bayer Leverkusen heißt, so wie es am Freitag der Fall ist (20.30 Uhr, Dazn), wird die Favoritenrolle allerdings doch eher dem Team von Xabi Alonso zuteil. Das liegt an den Auftritten, die Leverkusen vor der Winterpause gezeigt hatte. Der aktuell Zweitplatzierte der Fußball-Bundesliga gewann in der Champions League dank eines Last-Minute-Treffers von Nordi Mukiele gegen Inter Mailand und zeigte in diesem Spiel endlich wieder in Gänze, was den Meister in der vergangenen Saison so stark gemacht hatte: eine gewisse Unvermeidbarkeit, zu siegen.

In dieser Bundesliga-Spielzeit stimmten mit wenigen Ausnahmen zwar auch die Ergebnisse – immerhin leistete man sich nur zwei Niederlagen –, ganz überzeugend waren die Leistungen aber nicht immer. Dennoch konnte Alonsos Mannschaft Bayern in der Liga ein Unentschieden abtrotzen und die Münchner aus dem DFB-Pokal schmeißen. Zuletzt passten dann auch wieder Leistung und Ergebnis zusammen.

Sie haben das geschafft, wohin wir kommen wollen und werden. Aber das zeigt auch, dass so etwas Zeit braucht.

Nuri Sahin, Trainer von Borussia Dortmund, über Bayer Leverkusen

Leverkusen befindet sich derzeit an einem Punkt, an dem Dortmund vor einigen Jahren schon war. Der Übergang von der Rolle der Herausforderer zur Topmannschaft steht an. Doch während der BVB in dieser Saison, ebenso wie in der letzten, den eigenen Ansprüchen hinterherläuft, scheint Bayer diese neue Rolle angenommen zu haben. „Leverkusen hat, seitdem Xabi dort Trainer ist, gefühlt alles verändert“, sagte Nuri Sahin am Mittwoch. „Sie sind eine außergewöhnliche Mannschaft, die eine außergewöhnliche Mentalität hat und haben das geschafft, wohin wir kommen wollen und werden. Aber das zeigt auch, dass so etwas Zeit braucht.“

Und so liefern sich die Leverkusener mit Bayern, die vier Punkte vor ihnen liegen, in gewisser Weise ein Privatduell in der Ersten Liga. Kein anderes Team in der oberen Tabellenregion legt eine vergleichbare Konstanz an den Tag und wirkt derart gefestigt, auch nicht die beiden ersten Verfolger des Duos, Eintracht Frankfurt und RB Leipzig.

Bei Leverkusen überragt Florian Wirtz, doch neben ihm sind weitere Spieler in der Lage, Spiele zu entscheiden. Patrik Schick sorgte beim 5:1 über den SC Freiburg mit vier Treffern dafür, dass die Verletzung des anderen Torjägers, Victor Boniface, in Vergessenheit geriet. Andersherum wäre das ebenso vorstellbar und selbst ohne die beiden waren gute Spiele möglich, dann eben ohne Mittelstürmer. Xabi Alonso präsentierte in der laufenden Saison nicht nur einmal die taktische Flexibilität Leverkusens.

Bayern ist taktisch weniger flexibel als Leverkusen

Nun stellt sich die Frage, was Trainer Vincent Kompany dem mit Bayern entgegenzusetzen hat. Im Ballbesitz sind die Münchner ähnlich flexibel, aber nicht unbedingt in ihrer taktischen Ausrichtung. Zwar werden die Offensivpositionen immer wieder von unterschiedlichen Spielern besetzt, was das Verteidigen für Gegner deutlich erschwert, die Passwege sind jedoch oftmals die gleichen.

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Tore erzielten Jamal Musiala und Harry Kane gemeinsam. Insgesamt hat Bayern in der Bundesliga bislang 47 Treffer geschossen.

Hinzu kommt die große Abhängigkeit von Jamal Musiala und Harry Kane. Die beiden erzielten zusammen 23 Treffer, fast die Hälfte aller Tore Bayerns in der Liga (47). Das Fehlen des Engländers machte sich vor allem bei den Niederlagen gegen Leverkusen und Mainz bemerkbar. Beim 1:2 in Mainz konnte auch Musiala nicht sein volles Potenzial abrufen.

Dass Leverkusen nach der Winterpause weiter aufholt, ist also durchaus wahrscheinlich. Dortmund wird das Team von Alonso am Freitag aber erst mal vor einige Probleme stellen. „Für die Tabelle wäre ein Sieg extrem wichtig, weil wir dann heranrücken würden“, meint Sahin. „Wir haben bisher eigentlich gegen alle diese großen Gegner und guten Mannschaften unsere Leistung gebracht. Wir spielen zu Hause und wollen unbedingt gewinnen.“

Trotzdem ist die Situation eine andere, wie es noch vor zwei Jahren der Fall war, als Dortmund am allerletzten Spieltag den Meistertitel aus der Hand gab. Zwar ist das Punktekonto mit 25 Zählern nach 15 Spieltagen und Platz sechs dasselbe, doch man gehört diesmal angesichts der gezeigten Leistungen zu Recht nicht zur Spitze der Liga. Dortmund agiert eher auf einem Niveau mit den Teams dahinter. Die Ergebnisse gegen den Siebten Werder Bremen (0:0) und den auf Rang fünf liegenden 1. FSV Mainz 05 (1:3), unterstreichen das.

Auch bei Bayern und Leverkusen ist nach den ersten 15 Spielen Kritik erlaubt, allerdings nur auf einem sehr hohen Niveau. Wer sich letztlich den Titel holen wird, entscheidet sich aller Wahrscheinlichkeit nach erst in der finalen Phase der Saison. Unbestritten dürfte aber sein, dass kein anderes Team in den Meisterschaftskampf eingreifen wird, auch nicht Borussia Dortmund.

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