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Marc-Andre ter Stegen (links) und Manuel Neuer wollen bei der WM beide im Tor stehen.

© Miguel Medina/AFP

Deutsche Nationalmannschaft: Neuer steht gegen Österreich im Tor

Die WM-Teilnahme von Manuel Neuer wird nach dem ersten Härtetest immer wahrscheinlicher. Am Samstag soll der Torwart gegen Österreich spielen.

Kurz bevor es losging, rieb Manuel Neuer noch einmal seine behandschuhten Handinnenflächen gegeneinander. So wie man das macht, wenn man von einer gewissen Vorfreude übermannt wird. Vermutlich war das auch so, als der Torhüter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach einem kurzen Plausch mit dem Bundestrainer seinen Platz einnahm – den Platz zwischen den Pfosten. Es war am Montagabend um kurz nach sechs, als für Neuer nach seinem Mittelfußbruch eine mehr als achtmonatige Wartezeit zu Ende ging. Mitte September hatte er für seinen Verein, den FC Bayern München, zuletzt ein Fußballspiel bestritten. Am Montag feierte er auf dem Hauptplatz der Sportzone Rungg in Eppan eine Art Comeback.

Zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Russland bestritt die A-Nationalmannschaft einen internen Test gegen die U 20 des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Gespielt wurde nicht nach den offiziellen Regeln des Weltverbands Fifa, sondern nach den Vorgaben von Bundestrainer Joachim Löw. Das Spiel dauerte 60 Minuten, und nach der Hälfte der Zeit tauschte Löw einmal seine komplette Besetzung aus. Das war der Zeitpunkt, als Manuel Neuer ins Spiel kam. Zurück ins Spiel.

„Manuel braucht diese Spiele“, sagt Andreas Köpke, der Bundestorwarttrainer. „Sie helfen ihm, um seine Sicherheit wiederzubekommen.“ Deshalb wird er auch am Mittwochvormittag ein weiteres Mal für eine Halbzeit gegen die U 20 zum Einsatz kommen. Natürlich waren die Nachwuchsspieler am Montag nur bedingt in der Lage, die A-Nationalmannschaft und deren Torhüter zu fordern. „Das kam jetzt nicht so oft vor“, berichtete Marco Richter vom FC Augsburg. „Aber angelaufen sind wir ihn ab und zu. Er hat einen sehr fitten Eindruck gemacht.“ In diesen Testspielen geht es weniger darum, dass Neuer richtig fliegt und Bälle hält – das hat er auch nach der langen Pause noch intus. Es geht um das Gefühl für Raum und Zeit, das gerade für seine offensive Interpretation des Torwartspiels wichtig ist.

Köpke stellt bei Neuer keine Einschränkungen fest

Das Gegentor beim 7:1-Erfolg gegen die U 20 kassierte nicht Neuer, sondern sein Stellvertreter Marc-André ter Stegen. Dessen Qualität ist unbestritten. Trotzdem ist in den vergangenen Wochen durch die Endlos-Diskussion um Neuer der Eindruck entstanden, dass der 26 Jahre alte Torhüter vom FC Barcelona nur als Platzhalter fungiert. Genau das aber dürfe nicht passieren, sagt Köpke.

Er und der Bundestrainer haben deshalb mit ter Stegen noch einmal explizit über die Konstellation gesprochen. „Er weiß auch, dass es eine besondere Situation ist. Er kann da ganz gut mit umgehen“, sagt Köpke. „Wir hätten absolut überhaupt keine Bedenken, mit Marc als Nummer eins in die WM zu gehen. Er hat sich seit dem Confed-Cup super entwickelt und beim FC Barcelona eine fantastische Saison gespielt. Das macht die Sache natürlich nicht einfacher.“

Aber es ist nun mal so, dass Köpke im Trainingslager in Südtirol einen durch und durch positiven Eindruck von Manuel Neuer gewonnen hat. „Ich habe keine Bedenken“, sagt der Bundestorwarttrainer. „Dass es keine einfache Situation ist, das war uns von vornherein bewusst, aber ich habe im Moment ein sehr gutes Gefühl.“

Weil Neuer schon zuvor bei den Bayern zwei Wochen lang ganz normal und mit voller Belastung trainiert hatte, konnte er in Eppan vom ersten Tag an das normale Programm absolvieren – ohne jede Einschränkung. Vor dem Trainingslager ist er in Bozen noch einmal eingehend untersucht worden. „Der Fuß ist vollkommen ausgeheilt“, berichtet Köpke.

Neuer selbst hat sich im Trainingslager noch nicht vor der Presse geäußert, der DFB hat allerdings einige wenige Aussagen des Torhüters verbreitet. „Ich bin wirklich guter Dinge“, hat Neuer gesagt. „Mit dem Fuß geht es wirklich gut.“ Köpke hat bei der täglichen Arbeit keinerlei Einschränkungen feststellen können. „Im Training hat man von der Sprungkraft, von der Beweglichkeit überhaupt keine Unterschiede gesehen“, erzählt er. „Es gab weder Schonhaltung noch sonst irgendetwas. Es war, als wäre er nie weggewesen.“ Und selbst beim nachträglichen Videostudium der Trainingsbilder war für Köpke nichts anderes zu erkennen.

Auch 2014 war Neuer vor der WM verletzt

Nach all dem, was aus der Nationalmannschaft nach außen getragen wird, gibt es eigentlich keinen Grund mehr daran zu zweifeln, dass der Plan mit Neuer aufgeht. „Er ist unser Mannschaftskapitän, wir sind 2014 Weltmeister mit ihm geworden, deshalb versuchen wir bis zum Schluss alles, dass es hundertprozentig funktioniert“, sagt Köpke.

Vor vier Jahren reiste Neuer ebenfalls verletzt ins WM-Trainingslager. In der gesamten Vorbereitung konnte der Münchner wegen einer Schulterverletzung kein torhüterspezifisches Training bestreiten, erst nach der Ankunft in Brasilien war er dazu in der Lage. Trotzdem erwies sich Neuer gerade in den K.-o.-Spielen als kaum zu überwindendes Bollwerk.

Verglichen mit der Vorbereitung 2014 stellt sich die personelle Situation für den Bundestrainer aktuell geradezu paradiesisch dar. Alle Spieler sind fit, nur Innenverteidiger Jerome Boateng hat nach seinem Muskelbündelriss noch nicht mit der Mannschaft, sondern ausschließlich individuell trainiert. Nach außen geben sich die Trainer auch in seinem Fall betont entspannt. „Im Moment sind wir nicht besorgt, weil wir sehen, wie er hier trainieren kann“, sagt Köpke. „Er ist immer mehr belastbar. Das Pensum wird ständig gesteigert. Und wir haben ja auch noch ein bisschen Zeit.“ Löws Co-Trainer Marcus Sorg hat erklärt, es sei unwichtig, ob Boateng einen Tag früher oder später ins Mannschaftstraining einsteige; wichtig sei nur, dass er im ersten WM-Spiel gegen Mexiko am 17. Juni in Moskau fit sei.

Bei Manuel Neuer ist die Deadline eine andere. Er muss am Samstag, im vorletzten Testspiel gegen Österreich, auf dem Platz stehen. Sonst kommt er für die Weltmeisterschaft nicht in Frage, nachdem Bundestrainer Löw bereits klar gestellt hat, dass er Neuer nicht als Nummer zwei mit nach Russland nehmen werde. Die Begegnung in Klagenfurt ist für den 32-jährigen Torwart die letzte Möglichkeit vor der endgültigen Kaderbenennung, wichtige Spielpraxis zu sammeln. „Das ist auch der Plan“, sagt Andreas Köpke. „Stand jetzt wird Manuel am Samstag spielen. Dem steht überhaupt nichts im Wege.“

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