
© AFP/Marco Bertorello
Neuzeit-Kannibale schlägt Teilzeit-Alien: Pogacars Sieg bei der Tour de France ist gut für den Radsport
Tadej Pogacar gewinnt Rennen in einer Häufigkeit wie früher Eddy Merckx und ist in diesem Jahr im Duell der Außerirdischen klar vor Jonas Vingegaard. Der Däne hingegen ist inzwischen der Jan Ullrich der Radsport-Gegenwart.

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Es war auf der 4. Etappe der Tour de France als Tadej Pogacar – mal wieder – Historisches gelang. Mit gerade einmal 26 Jahren feierte der Slowene seinen bereits 100. Sieg als Radprofi. Drei weitere Etappenerfolge sollten während der diesjährigen Frankreichrundfahrt noch hinzukommen, auch auf dem Schlussabschnitt in Paris versuchte er es noch einmal. Dort reicht es zwar nicht mehr für Platz eins, aber letztlich stand für ihn der ungefährdete vierte Gesamtsieg beim wichtigsten Radrennen der Welt.
Allein in diesem Jahr hat Pogacar damit nun schon wieder knapp 20 Siege eingefahren, unter anderem gewann er mit der Flandernrundfahrt und Lüttich-Bastogne-Lüttich auch bei zwei Monumenten des Radsports. Dazu belegte er bei Mailand - Sanremo Platz drei und wurde bei Paris – Roubaix Zweiter.
In die Lombardei-Rundfahrt im Herbst, den letzten der fünf großen Klassiker eines Jahres, geht Pogacar mit dem Ziel, das Rennen zum fünften Mal in Serie zu gewinnen. Gut möglich, dass er dort dann wieder im Regenbogentrikot des Weltmeisters antritt, die WM findet ein paar Wochen zuvor in Ruanda statt und der Kurs ist wie gemacht für Tadej Pogacar.
Häufiger schon wurde er in Anspielung auf den großen Eddy Merckx als „neuer Kannibale“ bezeichnet, wobei er im Gegensatz zum Radsportdominator der 1960er und 1970er Jahre bisher ohne positiven Dopingtest geblieben ist. Dieser Tage wurde er nach der 19. Etappe vom Sieger Thymen Arensman kurzerhand zum „Außerirdischen“ erklärt.
Für den Holländer fällt auch Jonas Vingegaard in diese Kategorie, wobei der Däne wohl eher ein Teilzeit-Alien ist. Nur bei der Tour de France zeigt er regelmäßig seine Klasse, hat sie in fünf Jahren stets als Sieger oder Zweiter beendet. Ansonsten aber ist Vingegaard der Jan Ullrich der Radsport-Gegenwart. Er richtet seine Planung wie früher der Deutsche nahezu komplett auf die drei Wochen in Frankreich aus.
Bei den Monumenten hat Vingegaard bisher weniger Starts als Pogacar Siege, an einer Straßen-WM hat der 28-Jährige noch nicht einmal teilgenommen. Viele Radsportfans, die nicht nur die Tour verfolgen, dürften Pogacars Gesamtsieg deshalb mit Genugtuung quittieren. Der beste Radsportler seiner Zeit hat auch das bedeutendste Radrennen gewonnen. Einen verdienteren Sieger kann es nicht geben.
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