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Nordderby sorgt für Rekordkulisse im Frauenfußball: Mit der Aufmerksamkeit wächst auch die Rivalität
Der HSV und Werder Bremen begegnen sich im Halbfinale des DFB-Pokals im ausverkauften Volksparkstadion. In der Regel geht es im Frauenfußball auf den Rängen familiär zu. Das könnte sich am Sonntag ändern.
Stand:
Normalerweise nehmen die Fußballerinnen des Hamburger SV bei Heimspielen auf einer Bierbank Platz. Also zumindest diejenigen, die nicht in der Startelf stehen. Von dort haben die Spielerinnen auf dem sogenannten Platz 6 direkten Blick auf das Volksparkstadion. In Sichtweite und doch nicht zu erreichen, so schien es zumindest in der Vergangenheit.
In dieser Saison hat sich das allerdings geändert. Das Viertelfinale im DFB-Pokal zwischen dem HSV und Borussia Mönchengladbach wurde erstmals im großen Stadion ausgetragen. Vor 16.529 Zuschauenden gewannen die Hamburgerinnen mit 2:0 gegen die Konkurrenz aus der Zweiten Liga.
Emilia Hirche trug sich Mitte Februar in die Geschichtsbücher ein, als sie als erste Fußballerin des HSV im Volkspark ein Tor erzielte und ihr Team in Führung brachte. „Das ist noch immer schwer zu realisieren. Wenn es jemand anspricht, muss ich sofort wieder lachen und bekomme dieses Bauchkribbeln, das ich beim Spiel hatte“, sagt die 21-Jährige. „Dazu kommt, dass ich als Abwehrspielerin nicht so oft Tore schieße – und dann ausgerechnet in diesem Spiel treffe. Das ist ein Moment, den ich nie vergessen werde.“
Das Spiel gegen Gladbach war ein Vorgeschmack auf das, was am Sonntag wartet. Dann steht nämlich das Halbfinale im DFB-Pokal gegen Erstligist Werder Bremen vor 57.000 Zuschauenden an (15.30 Uhr, Sky und ZDF-Livestream). Eine solch große Kulisse gab es bislang bei noch keinem Fußballspiel von Frauen in Deutschland. Schon kurz nach Beginn des Ticketverkaufs hatte der HSV die bisherige nationale Bestmarke von 44.808 Zuschauenden vom Pokalfinale am 18. Mai 2023 zwischen dem VfL Wolfsburg und dem SC Freiburg (4:1) übertroffen.
Wir wussten, dass es einen Ansturm auf die Tickets geben würde – dass das Stadion so schnell ausverkauft sein würde, haben wir aber nicht erwartet.
Emilia Hirche, Spielerin des Hamburger SV
Im Schnitt kommen 400 Fans zu den Ligaspielen auf dem heimischen Platz 6 in Stellingen, doch bei einem echten Nordderby ist die Nachfrage natürlich riesig. „Wir wussten, dass es einen Ansturm auf die Tickets geben würde – dass das Stadion so schnell ausverkauft sein würde, haben wir aber nicht erwartet“, sagt Hirche.

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Die Kehrseite des Nordderbys
Naturgemäß geht mit einem solchen Duell vor solch einer Kulisse einher, dass Fans im Stadion sind, die sich sonst eher weniger mit dem Frauenfußball beschäftigen. Einerseits wächst dadurch natürlich die Aufmerksamkeit. Andererseits kann es passieren, dass das Geschehen auf dem Platz weniger im Vordergrund steht, sondern mehr die Rivalitäten auf der Tribüne.
„Das spielt aus meiner Sicht zwischen den Frauenteams keine so große Rolle“, meint Larissa Mühlhaus, Stürmerin von Werder. „Ich würde sagen, dass das Verhältnis etwas familiärer ist. Bei uns stehen der Fußball und der Spaß im Fokus.“
Doch auch die ehemalige HSV-Spielerin, die in der vergangenen Saison noch Torschützenkönigin der Zweiten Liga wurde, im Sommer aber nach Bremen wechselte, bekam die Kehrseite des gestiegenen Interesses zu spüren. In den Sozialen Medien erhielt Mühlhaus nicht nur positive Reaktionen auf ihren Wechsel. Trotz der Möglichkeit, im Alter von damals 21 Jahren bereits Bundesligaluft zu schnuppern, wurden ihr fehlende Vereinstreue und mangelndes Rückgrat vorgeworfen. „Die positiven Nachrichten haben aber klar überwogen“, sagt Mühlhaus.
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Für die gebürtige Hamburgerin wird am Sonntag jedenfalls ein Kindheitstraum in Erfüllung gehen, wenn sie den Rasen im Volksparkstadion betritt. „Dort spielen zu dürfen, bedeutet mir ungemein viel. Das war immer ein Traum von mir und lässt sich nicht in Worte fassen.“
Aus sportlicher Sicht ist ihr Team der klare Favorit. Das liegt auch an Mühlhaus selbst, die in ihrer Premierensaison bereits sechsmal in der Liga und dreimal im DFB-Pokal traf. Dort sicherte sie Werder zuletzt im Viertelfinale gegen Bayer Leverkusen mit ihrem Tor zum 1:0-Endstand das Weiterkommen.
Während Werder in der Bundesliga im gesicherten Mittelfeld steht und sich ganz auf den Pokal konzentrieren kann, geht es für den HSV noch um den Aufstieg. Nach dem Sieg im Topspiel gegen den VfL Bochum steht das Team von Trainer Marwin Bolz auf Rang drei, der in dieser Spielzeit gleichbedeutend mit dem Aufstieg ist. Doch die Verfolgerinnen aus Bochum, Meppen und Sand sind den Hamburgerinnen dicht auf den Fersen.
Bevor aber der etwas weniger glamouröse Ligaalltag ansteht, in dem die Spielerinnen mitunter wieder auf Bierbänken Platz nehmen müssen, dürfen sie am Sonntag erstmal ein Fußballfest feiern.
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