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Malte Delow (links) verletzte sich bei seinem Comeback gegen Roter Stern Belgrad sofort wieder.

© IMAGO/MN Press Photo/IMAGO/Marko Metlas

Pleiten, Pech und Pannen: Alba Berlin ist gefangen im Teufelskreis

Alba Berlin erlebt den schlechtesten Saisonstart seit Langem. Die vielen Ausfälle kann das Team nicht kompensieren, das Selbstvertrauen fehlt. Nun sollen Nachverpflichtungen helfen.

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Malte Delow wollte es nicht glauben. „Mann!“, fluchte der 23-Jährige, als er sich Ende des dritten Viertels auf die Bank setzte, und bedeckte sein Gesicht vor lauter Frust mit beiden Händen. Dabei war es nicht die 71:92-Niederlage in der Basketball-Euroleague bei Roter Stern Belgrad am Donnerstagabend, die den Allrounder von Alba Berlin so ärgerte.

Das Auswärtsspiel in der serbischen Hauptstadt war Delows erster Einsatz in dieser Saison – und nach 11:36 Minuten war es für ihn vorzeitig beendet. Beim Zug zum Korb trat er auf den Fuß von Mike Daum, knickte um und konnte nicht mehr weiterspielen.

Delows Pech ist symptomatisch für die Gesamtsituation bei Alba in diesem schwierigen Herbst. In den knapp drei Monaten seit dem Start der Vorbereitung konnte die Mannschaft verletzungsbedingt nicht einmal vollzählig trainieren. Spieler wie Gabriele Procida, Ziga Samar und Tim Schneider arbeiten sich nach längeren Pausen immer noch zurück zu alter Form und das Berliner Lazarett wird wöchentlich größer.

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Niederlagen hat Alba Berlin in den ersten 15 Spielen kassiert

„Wir haben es in Anbetracht der Situation gut gemacht“, sagte Trainer Israel Gonzalez nach der Niederlage gegen Roter Stern. „Wir haben heute wieder zwei Spieler verloren und ich hoffe, dass wir demnächst mehr Glück mit Verletzungen haben.“

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Von Glück ist Alba momentan aber in etwa so weit weg wie von der Spitze der Euroleague. Delow stand am vergangenen Sonntag in Bamberg nach seiner langwierigen Gehirnerschütterung erstmals in dieser Saison im Kader, in Belgrad kehrte er auf das Parkett zurück. Ob ihn sein umgeknicktes Sprunggelenk erneut länger außer Gefecht setzt, soll eine Untersuchung am Freitagnachmittag klären.

Für das Bundesliga-Heimspiel am Samstag (18.30 Uhr, Arena in Friedrichshain) gegen Ulm bangt Alba zudem um Martin Hermannsson. Der zuletzt überragende Kapitän klagte in der Schlussphase gegen Belgrad über muskuläre Probleme im Bein. Matteo Spagnolo (krank), Matt Thomas (Reha nach Knie-OP), Yanni Wetzell (Daumenverletzung) und Justin Bean (gebrochenes Handgelenk) werden gegen den Tabellenführer definitiv fehlen.

Dazu kommt der schwierige Fall Khalifa Koumadje. In der BBL ist der 2,21-Meter-Center nach seiner Tätlichkeit gegen einen Dopingkontrolleur noch gesperrt, kurz darauf hat ihn der Verein intern suspendiert. Gegen Koumadje gibt es Vorwürfe der häuslichen Gewalt. Ob er je wieder für Alba spielen wird, ist offen.

Für einen Kader, der ohnehin starke Dysbalancen aufweist und zumindest auf europäischem Level qualitativ deutlich hinterherhinkt, stellt diese Ausfallliste ein unlösbares Problem dar.

Die Verletzung von Justin Bean hat die Situation noch mal verschlechtert und wir haben Not auf den großen Positionen. Wir schauen uns nach neuen Spielern um.

Himar Ojeda, Sportdirektor von Alba Berlin

Dem Team kann man in der Euroleague keine Vorwürfe machen: Die Berliner geben alles, halten phasenweise mit – sind gegen die finanziell und sportlich deutlich besser ausgestatteten Konkurrenten aber meist chancenlos. Dem Heimsieg gegen Asvel Villeurbanne stehen schon wieder sieben Niederlagen gegenüber. In der Tabelle ist Alba Letzter.

Das war auch in der vergangenen Saison über weite Strecken der Fall, neu sind hingegen die Probleme im nationalen Geschäft. In der BBL ist Alba mit zwei Siegen aus sechs Spielen Vorletzter, im Pokal retteten sich die Berliner gegen Zweitligist Crailsheim mit Ach und Krach in die nächste Runde. Es ist der schlechteste Saisonstart seit mehr als 20 Jahren, wettbewerbsübergreifend wahrscheinlich sogar seit der Umbenennung in Alba Berlin 1991.

Die Besorgnis ist groß bei Spielern, Fans und Verantwortlichen. Nicht so sehr wegen der Tabellenposition, sondern wegen der gefährlichen Dynamik. Gab es zwischen den vielen Euroleague-Niederlagen in den vergangenen zwei Jahren zumindest regelmäßig nationale Erfolgserlebnisse, so ist Alba aktuell in einer Negativspirale gefangen.

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Wettbewerbsübergreifend stehen die Berliner bei einer verheerenden Bilanz von 4:11. „Durch die schwierige Situation und die vielen Niederlagen fehlt uns das Selbstvertrauen – und das sorgt dafür, dass wir weitere Spiele verlieren“, sagt Himar Ojeda.

Der Sportdirektor betont zwar weiter, dass er Vertrauen in den Kader hat, will aber auf die Verletztenmisere reagieren. „Die Verletzung von Justin Bean hat die Situation noch mal verschlechtert und wir haben Not auf den großen Positionen. Wir schauen uns nach neuen Spielern um“, sagt Ojeda. Der Markt ist allerdings schwierig, hochklassige Spieler, die in Albas Philosophie passen und bezahlbar sind, kaum zu finden.

So klammern sich die Berliner an die wenigen Hoffnungsschimmer: Einen Martin Hermannsson, der nach Jahren voller Verletzungen wieder er selbst ist, die ansteigende Formkurve von Schneider und Procida, die Fortschritte von Eigengewächs Elias Rapieque. „Die Situation ist frustrierend, aber wir sind überzeugt, dass wir, wie in der Vergangenheit, am Ende der Saison unseren besten Basketball spielen werden“, sagt Ojeda.

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