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PSG zaubert sich zum Champions-League-Titel: Superteam statt Superstars
Nicht Messi, Mbappé und Neymar erfüllen Paris und seinen katarischen Besitzern den großen Traum, sondern ein Team ohne Superstars. Ein Fußballmärchen ist das 5:0 gegen Inter Mailand dennoch nicht.

Stand:
5:0 im Finale der Champions League – so ein einseitiges Endspiel hat es auf diesem Niveau seit 1994 (AC Mailand besiegte Barcelona mit 4:0) nicht mehr gegeben. Es war eine Demonstration der Stärke von Paris St.-Germain. Die Franzosen zauberten sich hochverdient zum Titel und spielten Inter Mailand in beeindruckender Manier an die Wand.
14 Jahre nach der Übernahme hat sich der katarische Staatsfonds den großen Traum vom Champions-League-Titel erfüllt. Mehr als zwei Milliarden Euro hat PSG in dieser Zeit in Spieler investiert. Geld schießt Tore, allerdings ist PSG der perfekte Beweis dafür, dass man es auch sinnvoll ausgeben muss.
Jahrelang bestand die Strategie vor allem darin, die größtmöglichen Namen zusammenzukaufen. Neymar, Kylian Mbappé, Gianluigi Buffon, Lionel Messi, Sergio Ramos – das Team war eine Ansammlung von Superstars. Marketingtechnisch zahlte sich das aus, überall in Europa laufen Kinder in PSG-Trikots herum. Fußballerisch blieb der Erfolg aber überschaubar, denn viele Spieler hatten ihre besten Jahre längst hinter sich.
Auch die aktuelle Mannschaft ist weit davon entfernt, eine selbst ausgebildete Underdogtruppe zu sein. Allein in den vergangenen zwei Jahren erwirtschaftete PSG ein Transferminus von mehr als 350 Millionen Euro. Khvicha Kvaratskhelia kam im Winter für 70 Millionen, der Finaldoppeltorschütze Désiré Doué kostete 50 Millionen. Doch es sind keine großen Stars auf der Ehrenrunde, sondern hochtalentierte Fußballer mit Entwicklungspotenzial und Hunger.
Das war am Samstag perfekt zu sehen. Trainer Luis Enrique hat in Paris eine Mannschaft geformt, die in jeder Phase des Spiels eine beeindruckende Dominanz erzeugen kann. Das mussten im vorherigen Turnierverlauf bereits der FC Liverpool und Arsenal erleben.
Die Pariser erdrückten Inter mit ihrem Pressing, kombinierten sehenswert und attackierten mit viel Spielwitz bis in die letzte Minute. Wie Kvaratskhelia seinen Gegenspieler zehn Minuten vor Schluss beim Stand von 4:0 über 30 Meter verfolgte und ihm fair den Ball abjagte, war beispielhaft für das neue PSG.
Die Zeiten, als drei Superstars bei gegnerischem Ballbesitz weitgehend unbeteiligt zuschauten und darauf warteten, dass ihre Kollegen doch bitte den Ball zurückerobern, damit sie wieder zaubern können, sind vorbei. PSG ist ein Superteam ohne Superstars.
Ein Fußballmärchen ist der Champions-League-Triumph dennoch nicht. Dass ein Staat, noch dazu einer mit schwieriger Menschenrechtslage, einen Fußballverein besitzt, bleibt problematisch. Dass die unbegrenzten finanziellen Mittel Katars und fragwürdige Sponsorenverträge das Financial Fairplay über Jahre ad absurdum geführt haben, hat den europäischen Fußball verändert. Diese Kritikpunkte am Modell Paris St.-Germain sollte man bei aller Begeisterung über die herausragende Leistung nicht vergessen.
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