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Auf dem Fahrrad tickt die Uhr oft besonders schnell.

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Radkolumne „Abgefahren“: Der Zeit ein Schnippchen schlagen

Die Uhr tickt. Auf dem Fahrradsattel oft besonders schnell. Doch so muss, so sollte man das nicht sehen, findet unser Kolumnist.

Michael Wiedersich
Eine Kolumne von Michael Wiedersich

Stand:

Die Zeit ist ein kostbares Gut. Wer jung ist, bemerkt es erst einmal nicht. Dann hat man meist sogar so viel von ihr, dass alles Mögliche getan wird, nur damit sie schneller vorübergeht. Mit dem Alter scheint sie dann tatsächlich schneller dahinzuschmelzen, akuter Handlungsbedarf entsteht.

Was kann weggelassen werden, damit mehr von ihr übrig bleibt, was muss noch alles erledigt werden, bevor sie abgelaufen ist? Man kann sie einfach nicht greifen und festhalten oder gar speichern. Auch beim Radfahren spielt die Zeit eine große Rolle.

Wie wertvoll sie ist, zeigt sich beim Radrennsport. Dort sind selbst Sekundenvorteile bares Geld wert. Die Tour de France kann nur gewinnen, wer für die 21 Etappen am wenigsten Zeit benötigt. In einem Zeitfahren gewinnt immer derjenige, der am schnellsten wieder im Ziel ist.

Mit allerhand Tricks wird versucht, der Zeit ein Schnippchen zu schlagen. Beim Straßenrennen verstecken sich die Sprinter so lange im Windschatten des Feldes, bis sie erst auf der Zielgeraden die Beine sprechen lassen. Und wenn die eigene Leistungsfähigkeit keine Zeitersparnis mehr bringt, muss eben das Material verbessert werden.

Wer beim Radfahren Erlebnis vor Ergebnis stellt, entwickelt einen anderen Zugang zum Zeitbegriff. Ein Langstrecken-Radfahrer, der 600 Kilometer unterwegs ist, empfindet zum Beispiel nach einer durchfahrenden Nacht den Sonnenaufgang als den wertvollsten Moment auf seiner Tour.

Beim Radmarathon Mecklenburger Seen-Runde sind für den einen die 300 Kilometer, egal in welcher Zeit, das Ziel. Andere freuen sich bei dieser langen Distanz besonders auf die sieben Verpflegungspunkte, die über die Strecke verteilt sind.

Ich werde nun auch ein wenig mehr Zeit haben und damit etwas Sinnvolles anfangen. Auf meiner persönlichen To-do-Liste als Radfahrer stehen nämlich noch die mythischen Anstiege der Pyrenäen. Als Fahrer eines Begleitwagens bei der Tour de France der Frauen bin ich dort zwar schon gewesen, doch selbst die Berge auf dem Rad erklommen habe ich noch nicht.

Zwischen dem 21. und 25. Juli werden die Pass-Straßen zum Tourmalet, Col d’Aubisque oder Col d’Aspin vormittags autofrei sein. Mit der Kulturbeauftragten ist bisher nur die Befahrung des Tourmalet vereinbart. Aber wenn ich schnell genug bin, bliebe vielleicht doch noch Zeit für den einen oder anderen zusätzlichen Hügel.

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