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Gladbachs Kollegen herzen Raffael nach seinem Tor zum 3:0.

© dpa

Borussia Mönchengladbach: Raffael: Alterslos gut

Mit zwei Toren gegen seinen ehemaligen Verein Hertha BSC kontert Gladbachs Raffael die aufkommende Kritik an seiner Person.

Von wegen alter Mann! Selbst mit fast 80 Minuten Hochleistungssport in den müden Knochen hüpfte Raffel wie ein junges Reh über die Werbebande. Kein Weg war ihm zu weit. Im Sprint lief er die lange Strecke Richtung Fankurve. Die zusätzliche Anstrengung? Egal. Auf einen solchen Moment hatte der Brasilianer schließlich lange warten müssen, entsprechend exzentrisch feierte er sein zweites Tor, das alle Zweifel am Auswärtssieg von Borussia Mönchengladbach bei Hertha BSC beseitigte. „Er macht immer ein Gesicht, da weiß man nicht, wie man es deuten soll“, sagte Borussias Trainer Dieter Hecking nach dem 4:2-Erfolg.

Raffael ist ein Freund minimalistischer Mimik. Am Samstagabend aber, um kurz nach halb neun, gab es keine Deutungsschwierigkeiten. Erleichterung und pure Freude sprachen aus dem Gesicht des Brasilianers. Es war eine dieser Ausgerechnet-Geschichten. Ausgerechnet in Berlin, wo vor ziemlich genau zehn Jahren, im Januar 2008, seine Bundesligakarriere begonnen hat, ausgerechnet gegen Hertha BSC, seinen ersten von inzwischen drei Klubs in Deutschland, schoss sich der Brasilianer aus der Krise, die es angeblich gar nicht gegeben hatte. „Vielleicht war es die Berliner Luft“, mutmaßte Hecking. Raffael ist ein Gefühlsmensch, durchaus von Stimmungen abhängig. Auch deshalb haben sie ihn bei Borussia in dieser schwierigen Phase eher gestreichelt denn gegeißelt.

Verletzungen, Kritik und Schwächephase

Dieter Hecking hatte schon vor dem Spiel gegen Hertha eine leidenschaftliche Verteidigungsrede gegen die aufkommende Kritik gehalten: „Es wird versucht, bei ihm etwas Negatives zu finden, das finde ich übertrieben.“ Auch wenn die Zahlen aktuell nicht gerade für ihn sprächen. Bis zum Spiel in Berlin hatte Raffael in dieser Saison gerade zwei Tore erzielt, eins davon per Elfmeter. Und auf eine Vorlage wartet er inzwischen seit Februar. Seit Februar 2016. Man hat den Brasilianer lange für eine alterslose Erscheinung gehalten. Laut Pass hat er die 30 längst überschritten, doch das war ihm bisher nicht anzumerken. Inzwischen aber wirkt der Offensivspieler immer häufiger wie ein ganz normaler 32-Jähriger.

In der Vorsaison hatte er erstmals ausgiebig mit Verletzungen zu kämpfen, und auch sein Spiel wirkte manchmal ein bisschen müde. Nicht mehr so unwiderstehlich wie früher. Der Samstag aber war ein Abend der Comebacks für die Gladbacher. In der Schlussminute schickte Trainer Hecking Josip Drmic nach siebenmonatiger Verletzungspause erstmals wieder aufs Feld. Es reichte immerhin für eine Gelbe Karte. Vor allem aber meldete sich Raffael auf beeindruckende Weise zurück. Wobei: War er überhaupt weg gewesen? Ja, behaupteten Fans und Medien. Nein, erwiderten seine Kollegen und Hecking. „Intern war das überhaupt kein Thema“, sagte Borussias Kapitän Lars Stindl. „Raffael hat unser volles Vertrauen.“ Und das nach Auftritten wie dem in Berlin auch völlig zu Recht. „Heute hat er bewiesen, dass man nicht auf ihn verzichten sollte“, sagte Hecking. „Er hat viele gute, schlaue Dinge gemacht.“

Am spektakulärsten war sein Treffer zum 3:0. Raffael nahm den Ball mit dem rechten Fuß hoch in der Luft an, ließ ihn zweimal aufspringen und jagte ihn dann aus 25 Metern in den Winkel. Wie weggeblasen war die Schwermut, zurück die Unwiderstehlichkeit in seinem Spiel. Ob die Diskussion um Raffael mit diesem Auftritt beendet sei, wurde Dieter Hecking später gefragt. Borussias Trainer antwortete. „Er war bei euch in der Diskussion, nicht bei uns.“

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