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Randalierer zünden kurz vor dem Abpfiff in Hamburg Pyrotechnik, die Polizei sichert das Spielfeld.

© dpa/Daniel Reinhardt

Bundesliga, 34. Spieltag: Randale überschattet den Abstieg des HSV

Der HSV gewinnt 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach. Zum Klassenerhalt reicht es trotzdem nicht, als letztes Gründungsmitglied der Liga steigt der HSV ab. Einige Fans machen Krawall.

An mangelnder Unterstützung lag es nun wirklich nicht. Die Stadt Hamburg hat am Samstag noch einmal alles mobilisiert, um dem Untergang ihres größten, bekanntesten und, nun ja, erfolgreichsten Fußballklubs entgegenzuwirken. Mehrere tausend Menschen harrten bereits am sehr frühen Nachmittag vor der Arena aus, als der Mannschaftsbus des Hamburger SV noch nicht mal vorgefahren war; die Besucherzahl deckte sich mit jener bei der letzten öffentlichen Trainingseinheit in dieser Woche.

Nach über 54 Jahren steigt der HSV ab

Allein, es hat alles nichts gebracht. Nach 54 Jahren und 261 Tagen, so verlautbarte es die offizielle Stadionuhr der Bundesliga-Zugehörigkeit, muss das letzte Gründungsmitglied der höchsten deutschen Spielklasse nun den Weg in die Zweitklassigkeit antreten. Gegen Borussia Mönchengladbach gewann die Mannschaft von Trainer Christian Titz am letzten Bundesliga-Spieltag zwar mit 2:1 (1:1). Trotz des Erfolgs war der erhoffte Einsatz des Rechenschiebers hinfällig, obwohl sich der HSV in seinem insgesamt 1866. Bundesliga-Spiel an den grundlegenden Teil der Relegations-Abmachung gehalten, sprich: einen Sieg gelandet hatte.

Die Zeit des HSV in der Bundesliga ist abgelaufen. Die Stadionuhr wird nach dem Abstieg angehalten werden.
Die Zeit des HSV in der Bundesliga ist abgelaufen. Die Stadionuhr wird nach dem Abstieg angehalten werden.

© REUTERS

Im 100. direkten Duell zwischen dem HSV und der Borussia aus Mönchengladbach dauerte es keine Minute, ehe zum ersten Mal helle Aufregung herrschte: Im Fernduell um den Relegationsrang war der VfL Wolfsburg gegen Absteiger Köln schnell in Rückstand geraten, wodurch die theoretischen Chancen des HSV auf ein Minimum zusammenschrumpften. Umso erstaunlicher war, wie die Norddeutschen den frühen Rückschlag wegsteckten: sie spielten entschlossen, mutig und durchaus strukturiert nach vorn. Wer die Anfangsphase sah, musste sich schon mächtig wundern, wie die Hamburger in der Zeit vor Trainer Titz überhaupt so weit hatten abrutschen können in der Tabelle; wie ein Absteiger traten sie jedenfalls nicht auf.

Gegen zuletzt formstarke Gladbacher, die aus den zurückliegenden drei Begegnungen sieben Punkte geholt und damit ihre theoretischen Europapokal-Ambitionen am Leben gehalten hatten, ging der HSV bereits nach zehn Minuten in Führung: Nach einer Standardsituation sprang der Ball vor die Füße von Lewis Holtby, der direkt abzog und Gladbachs Denis Zakaria an der Hand traf. Nach Einsatz des Videobeweises verfügte Schiedsrichter Felix Brych korrekterweise auf: Strafstoß. Aaron Hunt ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und verwandelte zum zwischenzeitlichen 1:0.

Der HSV übte Druck aus

Nun waren die Gastgeber auf Schützenhilfe angewiesen. Wie es in den anderen Stadien der Republik stand, war am Samstagnachmittag allerdings ein Art Staatsgeheimnis in Hamburg; Zwischenstände wurden nicht eingeblendet, unter Einsatz ihres Smartphones mussten sich die Zuschauer diesbezüglich schon selbst helfen. Der Ausgleichstreffer der Gladbacher spielte sich dann allerdings unmittelbar vor ihren Augen ab: Josip Drmic, einst für ein halbes Jahr an den HSV verliehen, spielte einen hübschen Doppelpass mit Christoph Kramer und traf zum schmeichelhaften 1:1-Ausgleich. Mit dem Halbzeitpfiff entrollten die mitgereisten Gladbacher Anhänger ein Plakat mit der Aufschrift: „Eure letzte Stunde hat geschlagen.“

Zuvor gab es allerdings noch eine zweite Halbzeit zu absolvieren – und der HSV machte weiterhin Druck. Folgerichtig fiel nach einer guten Stunde der erneute Führungstreffer für die Hamburger: Holtby traf nach Vorarbeit von Ito zum 2:1 ins lange Ecke – und sorgte damit für neue Hoffnung. In der Schlussphase mussten die Gastgeber mit einem Mann weniger auskommen. Bobby Wood, einst Torjäger beim 1. FC Union, hatte bereits in der ersten Halbzeit die Gelbe Karte gesehen und holte sich nach übermütigem

Einsteigen die zweite Verwarnung und damit die Gelb-Rote Karte ab. Allerdings mussten die Hamburger in der Schlussphase ohnehin nicht primär auf sich, sondern vor allem auf Schützenhilfe aus den Stadien der Republik hoffen. Diese blieb jedoch aus: der VfL Wolfsburg führte alsbald 4:1 gegen Köln, der SC Freiburg erspielte sich in Halbzeit zwei eine Zwei-Tore-Polster gegen den FC Augsburg. Diese Umstände führten in finaler Konsequenz dazu, dass es im HSV-Block zu äußerst hässlichen Szenen kam: einige Fans zündeten Pyros und vernebelten damit die Arena, eine Hundertschaft der Polizei betrat das Feld und sicherte es ab. Die Begegnung musste schließlich für mehrere Minuten unterbrochen werden, von den Rängen gab es ein gellendes Pfeifkonzert für die Randalierer.

Es war ein unwürdiger Abschluss eines Hamburger Bundesliga-Teams, das sich unter sportlichen Gesichtspunkten ehrenhaft und voller Einsatz von seiner treuen Anhängerschaft verabschiedet hatte – nach 54 Jahren und 261 Tagen Bundesliga-Zugehörigkeit.

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