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Roque Santa Cruz

© ddp

Roque Santa Cruz: Ein Talent wird zum Star

Nach langer Leidenszeit in München wird Fußballer Roque Santa Cruz in der englischen Provinz gefeiert.

Von Markus Hesselmann

Kurz vor Schluss ergibt sie sich doch noch, die große Chance zum Siegtor. Die Abwehr des FC Reading, bislang in diesem Spiel sehr aufmerksam, lässt den Ball durch. Roque Santa Cruz kommt mit dem langen Bein heran. Doch er scheitert aus kurzer Entfernung. Was in seiner Zeit beim FC Bayern ein gewohntes Bild war – Santa Cruz vergibt sichere Torchancen – ist seit seinem Wechsel zum FC Blackburn eher die Ausnahme. 14 Mal hat der paraguayanische Stürmer in seiner ersten Saison in der englischen Premier League getroffen. Die Fans feiern ihn – auch ohne Tor, auch nach einem 0:0 bei einem abstiegsbedrohten Klub. Auf Transparenten steht sein Vorname, und wenn sie ihn rufen, dann klingt das wie „Rocky“, der Boxheld im Film. Im Dezember haben sie ihm sogar ein Weihnachtslied gewidmet: „Santa Cruz is coming into town.“ Aus dem ewigen Talent des deutschen Rekordmeisters ist in der englischen Provinz ein Star geworden.

„Die Leute hier sind so freundlich zu mir“, erzählt Roque Santa Cruz. „Ich hatte keine Probleme, mich einzugewöhnen.“ Offen seien sie, die Engländer, an ihren Mitmenschen interessiert, „fast wie Südamerikaner“. Bei den Deutschen, da habe das immer etwas länger gedauert. „Ich vermisse München nicht“, sagt Roque Santa Cruz, ohne dass es verbittert klingt, schließlich hat er noch gute Kontakte zu den Bayern, „zum Beispiel zu Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Martin Demichelis“. Es sei doch ein gutes Zeichen, wenn auch seine Frau und seine Kinder nicht mehr über München reden. „Das zeigt, dass sie sich hier wohlfühlen.“

Mit Frau Giselle, Sohn Tobias und Tochter Fiorella wohnt der 26-Jährige allerdings nicht in dem wenig attraktiven Ort Blackburn. Dessen sparsamer Ruhm beruht auf dem Fußballklub und der Erwähnung seiner Straßenschäden im Beatles-Lied „A Day in the Life“ („4000 holes in Blackburn, Lancashire“). Santa Cruz lebt lieber in der Pop-Metropole Manchester, deren Bands er sehr mag. „Ich höre vor allem Oasis gern“, sagt Santa Cruz, der auch selbst Musik macht und mit der Münchner Band Sportfreunde Stiller einmal eine Single aufgenommen hat („Ich Roque“). In England seien zunächst aber keine Pop-Projekte geplant. Er wolle sich auf den Fußball konzentrieren.

Englands dynamischer Fußball kommt einem kräftigen, hoch gewachsenen Stürmer wie ihm entgegen. Doch Santa Cruz ist nicht nur robust, sondern auch technisch stark, was ihm Vorteile verschafft gegenüber vielen Verteidigern auf der Insel. „Dass ich gleich im ersten Spiel ein Tor erzielt habe, hat sicher auch geholfen“, berichtet Santa Cruz. Das ist fast ein Understatement, eine britische Untertreibung. Es dauerte gerade einmal drei Minuten, bis er nach seiner Einwechslung in Blackburns erstem Saisonspiel beim FC Middlesbrough traf. Zudem blieb Santa Cruz bislang von größeren Verletzungen verschont – im Gegensatz zu seiner Zeit in München.

Seinen aktuellen Erfolg schreibt er aber vor allem einem früheren Münchner zu: „Mark Hughes ist ein hervorragender Trainer“, sagt Santa Cruz. Der Waliser spielte in der Saison 1987/88 für den FC Bayern. „Er spricht viel mit mir, drückt sein Vertrauen aus und erklärt mir genau, was er mit mir vorhat“, sagt Santa Cruz über Hughes. Ein solches Gespräch sei schließlich für ihn auch maßgeblich für seinen Wechsel in die nordenglische Provinz gewesen. Und im Fußball ist Blackburn ja auch nicht irgendwer. Der Traditionsklub, 1875 gegründet, holte sechsmal den FA-Cup und wurde drei Mal Englischer Meister. Den letzten Titel gewann der Klub mit der Meisterschaft 1995. In diesem Jahr halten sich die Blackburn Rovers im oberen Mittelfeld der Tabelle.

Sprachlich hat Santa Cruz in seiner neuen Heimat auch kein Problem. Sein Englisch ist perfekt. Vorausschauend hat er die Weltsprache schon in München gelernt, wohin er als 17-Jähriger kam. „Mein Freund Owen Hargreaves hat mir sehr geholfen.“ Auch der Anglo-Kanadier, inzwischen bei Manchester United und damit wieder in Santa Cruz’ Nähe, wechselte schon als Teenager zu den Bayern. Hargreaves’ Hilfe in München führte dazu, dass der spanische Muttersprachler Santa Cruz in Deutschland schneller Englisch als die Landessprache lernte. Die babylonischen Verhältnisse setzen sich in Blackburn fort. Denn mit seinem Mannschaftskameraden Christopher Samba – dem früheren Hertha-Verteidiger, der sich in Blackburn ebenfalls einen Stammplatz erkämpft hat – unterhält sich Santa Cruz manchmal auf Deutsch, manchmal auf Englisch und manchmal in Sambas Muttersprache Französisch.

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