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Der FC Augsburg will mit Trainer Jess Thorup den Sprung in neue Sphären wagen.

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Saisonvorschau Fußball-Bundesliga (2): Flucht aus dem Niemandsland

Zurück zu alter Stärke oder scheitern an der Dreifachbelastung? Die Ausgangssituation könnte für Heidenheim, Hoffenheim oder Bremen kaum unterschiedlicher sein. Und was machen Wolfsburg, Augsburg und Freiburg? Ein Blick in die Glaskugel.

Von Nico Schmook

Stand:

Am 23. August beginnt die neue Saison in der Fußball-Bundesliga. Erstmals seit über einem Jahrzehnt bestreitet der FC Bayern diesmal nicht das Eröffnungsspiel, diese Ehre gebührt Meister Bayer Leverkusen.

In diesem Jahr könnte der Titelkampf womöglich etwas spannender werden und am letzten Spieltag nicht nur der Abstiegskampf im Fokus stehen.

Wir blicken in drei Teilen auf die 18 Erstligaklubs und arbeiten uns dabei von unten nach oben. Weiter geht es in Teil 2 mit den Teams, die im letzten Jahr im Mittelfeld der Liga landeten.


VfL Wolfsburg

Die Lage: Ist ziemlich trist. In den letzten Jahren arbeitete der VfL erfolgreich daran, sich ein Image der grauen Maus aufzubauen. Drei Jahre in Folge gelang keine Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb, im letzten Jahr belegte man nur Platz zwölf. Auch auf der Trainerbank gab es seit 2021 keine Konstanz mehr. Mit beidem soll unter Trainer Ralph Hasenhüttl, der zum Ende der letzten Saison kam, nun Schluss sein.

Das Ziel: Die Rückkehr in das europäische Geschäft. Auch wenn die Wolfsburger dieses Ziel zuletzt regelmäßig verfehlt haben, wurde es wieder ausgegeben. Der Kader ist zwar genau dafür gebaut, doch die Niedersachsen sind und bleiben eine Wundertüte. Dass es erneut internationale Starplätze en masse geben könnte, könnte dem VfL in die Hände spielen.

Der Kader: Ist einer, der um Europa mitspielen muss. Ralph Hasenhüttl kann auf ein eingespieltes Gerüst bauen, für einen wirklichen Umbruch ist in diesem Sommer auch überraschend wenig in Sachen Transfers passiert. Alles in allem müssen so die Spieler, die in der letzten Saison unterperformt haben, dafür sorgen, dass diese Saison eine bessere wird.

Trainer Ralph Hasenhüttl will den VfL Wolfsburg zu alter Stärke zurückführen.

© imago/Jan Huebner/IMAGO/Gerhard Schultheiß

Der Star: Doppelt trifft besser, hoffen sie diesmal in Wolfsburg. Kroatiens EM-Teilnehmer Lovro Majer soll im Zentrum mehr Dominanz ausstrahlen und die Sturmspitze besser unterstützen. In eben jener wünschen sich die Wolfsburger, dass Jonas Wind seinen Torriecher wiederfindet, den er zu Beginn der letzten Saison bewiesen hatte.

Die Form: Ambivalent. Auf eine durchwachsene Saisonvorbereitung folgte ein durchwachsenes DFB-Pokalspiel, bei dem sich die Wölfe zu einem 1:0 gegen den Fünfligisten TuS Koblenz mühten. Vor allem spielerisch gab es noch viel Luft nach oben. Durchwachsen könnte es in den nächsten Wochen auch weitergehen. Mit Spielen gegen den FC Bayern, VfB Stuttgart und Bayer Leverkusen ist die Fehlstart-Gefahr ziemlich hoch.


FC Augsburg

Die Lage: Rund um den FCA herrscht eine gewisse Aufbruchsstimmung. Nach Jahren am Rande der Bedeutungslosigkeit zeigen sich die Verantwortlichen mutig. Mit dem dänischen Trainer Jess Thorup, der die Augsburger in der vergangenen Saison aus dem Abstiegskampf herausführte, wolle man nun höher gesteckte Ziele formulieren und erreichen.

Das Ziel: Bleibt weiterhin der Klassenerhalt. Denn trotz aller Euphorie und Angriffslust, spricht die Qualität im Kader des FC Augsburg auch im 14. Bundesligajahr in Folge nicht für eine Saison, in der man oben angreifen kann. Vielmehr geht es darum, wieder frühzeitig, die 40 Punkte-Marke zu erreichen.

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Der Kader: Ist noch im Umbau. Der Verkauf von Top-Stürmer Ermedin Demirovic nach Stuttgart spülte zwar ordentlich Geld in die Kasse, riss aber auch ein mächtiges Loch. Ein Loch, das noch größer werden könnte. Denn weitere Leistungsträger stehen vor dem Abgang. Immerhin ist für die meisten Abgänge schon Ersatz gefunden. Ob der aber reif für höhere Aufgaben ist, muss sich erst noch zeigen.

Der Star: Ist das neue Ausweichtrikot des FCA. Nach nur wenigen Wochen wurden schon 13.000 Stück verkauft, auf Social Media ist ein kleiner Hype um das offiziell dritte Trikot ausgebrochen. Neben dem weinrotem Hemd mit goldenen Applikationen hat sicherlich auch der aus Dortmund gekommene Ex-Nationalspieler Marius Wolf Starpotenzial.

Marius Wolf soll die Augsburger Außenbahn verstärken.

© imago/Eibner/IMAGO/Eibner-Pressefoto / Claudius Rauch

Die Form: Schreit noch nicht nach Euphorie. Vor allem die Vorbereitungsspiele zeigten Raum für Verbesserungen. Immerhin das Pokalspiel gegen den Regionalligisten Viktoria Berlin wurde souverän mit 4:1 gewonnen und dürfte ein gutes Gefühl für den Saisonstart geben.


SC Freiburg

Die Lage: Ist aufregend. Denn bei den Freiburgen wird gerade eine neue Ära eingeläutet. Nach gefühlt einem halben Jahrhundert wird nicht mehr Christian Streich an der Seitenlinie stehen, doch der „Freiburger Weg“ soll trotzdem weitergeführt werden. Mit Ex-Spieler Julian Schuster folgt der Vereinslegende Streich die nächste Legende. Es ist der größtmögliche Umbruch, der aber nicht in einen sofortigen Einbruch münden soll.

Das Ziel: Mit neuem Trainer, neuem Spielsystem und alternden Schlüsselspielern dürfte es für die Breisgauer nicht allzu hoch hinausgehen. Ein gesicherter Mittelfeldplatz sollte das realistischste Ziel sein – und damit wären auch alle einverstanden.

Der Kader: Weist gerade einige Lücken auf. Sowohl Stammtorhüter Noah Atubolu als auch Innenverteidiger Matthias Ginter werden den Saisonstart verpassen. Vor allem in der Innenverteidigung herrscht akute Not. Dafür gibt der restliche Kader Anlass zur Hoffnung. Die Breisgauer verloren keine Schlüsselspieler, sind eingespielt und verstärkten sich unter anderem mit Mittelfeldspieler Patrick Osterhage und Stürmer Eren Dinkci in der Breite.

Schon jetzt eine Überraschung: Junior Adamu ist nach Verletzungssorgen auf dem besten Weg, Freiburger Publikumsliebling zu werden.

© IMAGO/Steinsiek.ch/IMAGO/Joeran Steinsiek

Der Star: Ist ein unbekannter Bekannter. Schon im letzten Jahr verpflichtete der SC Freiburg den Stürmer Junior Adamu. Allerdings hatte der Neuzugang aus Salzburg Patellasehnenprobleme und kam gerade mal auf 93 Bundesligaminuten. Nun sieht alles ganz anders aus. Adamu glänzte in der Vorbereitung und machte in der ersten Pokalrunde gegen den VfL Osnabrück mit zwei Toren gleich weiter. Die Fans feierten ihn mit Sprechchören.

Die Form: Ist sehr solide. Ungeschlagen gingen die Freiburger durch die Vorbereitung. Und auch im Pokal-Erstrundenspiel beim VfL Osnabrück kamen keine Sorgenfalten dazu. Mit einem lockeren 4:0 bestand das Team von Julian Schuster den Härtetest gegen den Zweitligaabsteiger.


SV Werder Bremen

Die Lage: Ist tückisch. Die Bremer agieren bisher nach dem Motto „Never change a winning team“, auch weil der Endspurt in der vergangenen Saison ziemlich stark war. Doch obwohl die Mannschaft deswegen eingespielt sein müsste, wirkt Werder bisher wie ein unvollendetes Bauwerk, bei dem nicht sicher ist, ob es wirklich irgendwann noch einmal fertig wird. Braucht es vielleicht doch noch ein paar Neue?

Das Ziel: Hängt davon ab. Bestätigen sich die Leistungen aus der Vorbereitung, wird ein Platz im internationalen Geschäft wohl kaum erreichbar sein. Höchstens das Mindestziel – eine sorgenfreie Saison zu spielen – könnte das Team von Trainer Ole Werner schaffen. Sollte es gegen den Abstieg gehen, dürfte das aber auch nicht verwundern.

Schlüsselspieler Marvin Ducksch könnte die Bremer noch verlassen.

© imago/Nordphoto/IMAGO/nordphoto GmbH / Kokenge

Der Kader: Bleibt so, wie er ist. Einzig der junge Stürmer Keke Topp ist ein nennenswerter Neuzugang. Ansonsten setzen die Bremer auf eine eingeschworene Mannschaft. Doch das birgt ein Risiko. Die benötigte qualitative Breite fehlt.

Der Star: Könnte noch ein anderer werden. Denn Leistungsträger Marvin Ducksch, der letzte Saison mit 13 Treffern bester SVW-Torschütze war, liebäugelt noch stark mit einem Wechsel. Die Bremer könnte ein ähnliches Schicksal wie bereits vor einem Jahr ereilen: Niclas Füllkrug wechselte kurz vor Ende der Transferperiode zu Borussia Dortmund. 

Die Form: Zeigt nach oben. Drei Niederlagen in der Vorbereitung legten die Probleme der Bremer offen: schwache Offensivleistung, schlechte Chancenverwertung, Unkonzentriertheiten. Von alldem war im Pokalspiel gegen Energie Cottbus dann aber nichts mehr zu sehen. Allen voran Neuzugang Keke Topp glänzte mit einem Dreierpack.


1. FC Heidenheim

Die Lage: Ist unergründlich. Auf den sensationellen Aufstieg und die sensationelle Debütsaison folgt nun gleich die Teilnahme an der Conference League. Doch das hatte seinen Preis. Die Leistungen einzelner Akteure hinterließen bei anderen Vereinen einen bleibenden Eindruck und führten zu einigen namhaften Abgängen. Hinter dem Vorjahresachten liegt ein kleiner Umbruch.

Das Ziel: Bleibt unverändert. Das zweite Jahr wird schwerer als das erste werden, das ist nur natürlich. Und so wird es trotz der Europapokal-Teilnahme um nichts anderes als den Klassenerhalt gehen. Vor allem die viel zitierte Dreifachbelastung wird für das Team von Frank Schmidt zu einer großen Herausforderung werden.

Meistert Trainer Frank Schmidt mit seinem Team auch die Dreifachbelastung?

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Der Kader: Muss sich erst einspielen. Insbesondere die Heidenheimer Offensive musste nach den Abgängen von Tim Kleindienst, Eren Dinkci und Jan-Niklas Beste mit Mikkel Kaufmann vom 1. FC Union oder Paul Wanner, der auf Leihbasis vom FC Bayern kam, runderneuert werden. Heidenheim bewies bei den Neuverpflichtungen durchaus Kreativität. Doch reicht das aus? Auch die fehlende Breite ist ein großes Manko.

Der Star: Ist der Trainer. Seit nun fast 17 Jahren schon steht Frank Schmidt an der Seitenlinie der Heidenheimer. Mit der Treue zum Verein und seiner kämpferisch-positiven Einstellung, hat er den Klub bis in das internationale Geschäft geführt. Probleme gibt es für den 50-Jährigen nicht, sondern nur Herausforderungen.

Die Form: Überrascht. Dem radikalen Umbruch zum Trotz präsentiert sich die neu formierte Offensive eingespielt und torhungrig. Die Testspiele fanden fast alle gegen unterklassige Vereine statt, brachten aber immerhin die stolze Tordifferenz von 75:3 mit sich. Auch im DFB-Pokal gaben sich die Heidenheimer keine Blöße. Doch die Conference League – Heidenheim trifft in den Play-offs auf das schwedische Team BK Häcken – und die Bundesliga sind andere Kaliber.


TSG Hoffenheim

Die Lage: Ist explosiv. War Hoffenheim jahrelang eher ein unspektakulärer Bundesligist, brennt es in diesem Sommer lichterloh im Kraichgau. Jüngst tauschte der Klub die komplette sportliche Führung mitsamt dem langjährigen Sportgeschäftsführer Alexander Rosen aus. Hinter den Personalentscheidungen vermuten die Fans, trotz der Rückgabe seiner Stimmanteile, den Mäzen Dietmar Hopp. Und gehen deswegen auf die Barrikaden. Die Situation sei aus Sicht des Klubs „eskaliert“.

Andrej Kramaric wird einmal mehr Dreh- und Angelpunkt der Hoffenheimer Offensive sein.

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Das Ziel: Ruhe. Denn auch sportlich kriselt es bisher bei den Hoffenheimern. Eine unglückliche Transferpolitik, Verletzungssorgen und Dreifachbelastung lassen vor dem Bundesligaauftakt gegen Aufsteiger Holstein Kiel nicht unbedingt auf eine sorgenfreie Saison erwarten. Für die sonst so ambitionierten Sinsheimer scheint ein Mittelfeldplatz diesmal eher realistisch.

Der Kader: Macht wenig Hoffnung. Bis auf die Verpflichtungen von Adam Hložek – neuer Rekordtransfer der Hoffenheimer – und Schienenspieler Alexander Prass passierte noch nicht viel auf dem Transfermarkt. Dabei müsste Hoffenheim vor allem in der Offensive nach den Abgängen von Maximilian Beier und Wout Weghorst noch nachlegen. Auch in der Innenverteidigung herrscht durch geplatzte Transfers und Verletzungssorgen Not am Mann.

Der Star: Ist nur noch einer auf Zeit. Denn TSG-Rekordtorschütze Andrej Kramaric (33) wird nicht jünger und hatte schon in der vergangenen Saison zwischenzeitlich seinen Torriecher verloren. Nichtsdestotrotz bleibt er auch in seinem letzten Vertragsjahr Hoffenheims Unterschiedsspieler – auch weil andere Profis sich bisher nicht aufdrängen.

Die Form: Ist ähnlich wie die Gesamtsituation. Denn auch fußballerisch ist Unruhe angesagt. Dass es derzeit an allen Ecken und Enden Probleme gibt, war auch beim Pflichtspieltauftakt im Pokal zu sehen, wo sich die TSG erst im Elfmeterschießen gegen Regionallist Würzburg durchsetzte. Der Spielplan, der zum Saisonbeginn Spiele gegen Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen vorsieht, kommt da nicht gelegen.

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