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Während Maximilian Arnold mit der Regenbogenbinde aufläuft, äußert Teamkollege Kevin Behrens sich homofeindlich.

© imago/Maik Hölter

„Schwule Scheiße“ ist kein Kavaliersdelikt: Der VfL Wolfsburg hat seine Chance im Fall Behrens verpasst

Einst stand der VfL Wolfsburg für Vielfalt, heute kehrt er Homofeindlichkeit unter den Tisch. Damit trägt der Verein dazu bei, dass queere Profis Angst vor dem Coming-out haben müssen.

Inga Hofmann
Ein Kommentar von Inga Hofmann

Stand:

Es war 2017, als die schwedische Fußballerin Nilla Fischer, die damals beim VfL Wolfsburg spielte, ein ganz besonderes Symbol nach Deutschland brachte: Die Regenbogenbinde.

In Schweden war es zu dieser Zeit bereits gang und gäbe, dass Kapitäninnen mit der Armbinde als Zeichen der Vielfalt aufliefen. In der Bundesliga hingegen war es eine kleine Revolution, als Fischer plötzlich mit der Binde auflief – ohne den DFB zu informieren. Der Verein setzte damit deutschlandweit ein wichtiges Zeichen und nahm eine Vorreiterrolle bei der Thematik ein.

Nun, sieben Jahre später, hat der Verein diese Rolle verspielt. Denn Stürmer Kevin Behrens hat sich homofeindlich geäußert, doch anstatt öffentlich Stellung zu beziehen und den Spieler zu suspendieren, herrscht rund um den Verein Schweigen. Damit signalisiert er nach außen, dass er das Ganze für ein Kavaliersdelikt hält und nicht für einen zutiefst diskriminierenden Vorfall, der Konsequenzen hätte nach sich ziehen müssen.

So soll Behrens sich bei einer internen Autogrammaktion im September gleich mehrmals geweigert haben, ein Trikot mit Regenbogenfarben zu unterschreiben. Dabei soll er gesagt haben: „So eine schwule Scheiße unterschreibe ich nicht.“

Gegenüber der „Bild“ erklärte Behrens, dass er sich entschuldigen wolle für seine „spontanen Äußerungen“, die absolut nicht in Ordnung seien. Wie spontan seine Äußerungen waren, ist allerdings fragwürdig angesichts der Tatsache, dass Behrens sich wieder und wieder weigerte, das Trikot zu unterschreiben. Vielmehr scheint seine Wortwahl symptomatisch für tieferliegende Wertevorstellungen zu sein. Wie kann ein Verein, der sich selbst mit Vielfalt und Toleranz schmückt, so jemanden im eigenen Trikot auflaufen lassen? Hoffte er darauf, den Vorfall unter den Tisch kehren zu können und sich nicht öffentlich äußern zu müssen?

Bislang gibt es in Deutschland keinen aktiven Profifußballer, der öffentlich gemacht hat, queer zu sein. In regelmäßigen Abständen mutmaßen Vereine und Verbände darüber, woran das liegen könnte und wie sich Hürden im Fußball abbauen ließen. Doch wie sollen Profis sich beim Coming-out sicher fühlen können, wenn ihre Teamkollegen von „schwuler Scheiße“ sprechen können, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen?

Behrens bat nun um Verständnis, sich nicht weiter zu dem Thema äußern zu wollen. Auch für den sportlichen Direktor Sebastian Schindzielorz scheint das Ganz abgehakt zu sein. Er erklärte gegenüber der „Bild“, dass Behrens glaubhaft vermittelt habe, keine Abneigung gegen Homosexuelle zu haben. Seine Chance, auf den Vorfall zu reagieren, hat der VfL Wolfsburg damit verpasst – und gezeigt, wie verlogen der Profifußball beim Thema Homosexualität leider immer noch oft ist.

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