zum Hauptinhalt
Nicht überall, wo Fankultur draufsteht, ist auch tatsächlich Fankultur drin. Dennoch ist der Besuch von Spielen in Deutschland kein Sicherheitsrisiko.

© dpa/Moritz Frankenberg

Sicherheit bei Fußballspielen: Liebe Politiker, bitte mal den Ball flach halten!

Den Besuch von Fußballspielen in Deutschland empfinden viele Menschen als sicher. Das Bild, das Politiker zeichnen, ist allerdings ein anderes. Warum diese Panikmache?

Jörg Leopold
Ein Kommentar von Jörg Leopold

Stand:

Waren Sie zuletzt mal bei einem Fußballspiel? In der ersten oder zweiten Bundesliga der Männer vielleicht? Und haben Sie sich dort unwohl gefühlt? Sind womöglich von gewaltbereiten Fans verbal oder gar körperlich attackiert worden? Nein? Dann geht es Ihnen, wie den meisten Stadionbesuchern in diesem Land.

Doch es gibt auch die andere Seite. Und damit haben sich am Freitag Deutschlands Innenminister auf einem Sicherheitsgipfel zum Fußball beschäftigt. Dabei entstand schon im Vorfeld der Eindruck, dass es zwischen Kiel und München reihenweise Jagdszenen geben muss. Zumindest nach dem Verständnis der Politiker.

Nun kann man vielleicht darüber streiten, ob Stadien gleich zu den „sichersten Orten Deutschlands“ gehören, wie es von Vertretern der Fan-Organisation „Unsere Kurve“ erklärt wurde. Andererseits basiert diese Aussage auf einer Polizeistatistik der vergangenen zehn Jahre. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann glaubt diesen Daten offenbar nicht oder er ignoriert sie ganz bewusst.

So forderte der CSU-Politiker wahlweise Punktabzüge, Geisterspiele oder Stadionverbote. Darüber diskutierte er mit seinen Kollegen auf dem Sicherheitsgipfel übrigens ohne Beteiligung von Fans, die waren gar nicht erst eingeladen. Begründung: Beim Oktoberfest würden Polizei und Politik ja auch nicht mit den Besuchern über das Sicherheitskonzept vorab reden.

Das alles grenzt an Populismus und soll wohl signalisieren, dass die Politik Härte zeigt und durchgreift. Und natürlich ist es auch nicht so, dass der Besuch eines Fußballspiels einem Bibelkreis gleichen würden. Es gibt Probleme und Dinge, die besser laufen können.

Kennen Sie schon unsere Sport-Videos?

Dass Fans Verkehrsmittel immer wieder als Biergarten samt öffentlicher Müllkippe missbrauchen, ist leider traurige Realität. Und dass Pyrotechnik zwar eigentlich verboten ist, aber trotzdem praktisch in jedem Spiel abgebrannt wird, ist für viele befremdlich.

Der Fußball hat Probleme mit manchen Fans – aber die pauschale Kritik ist überzogen

Dazu gibt es bei einigen Vereinen ein nicht zu leugnendes Problem mit rechtsextremen Fans und je niedriger die Liga, desto riskanter wird mitunter der Besuch für Anhänger der Gästemannschaft – insbesondere, wenn die Rivalität der Klubs groß ist.

Diese Probleme bestreitet der Fußball auch gar nicht. Hans-Joachim Watzke, Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball-Liga und Geschäftsführer von Borussia Dortmund, sprach von Auswüchsen, die es immer mal wieder geben würde, aber das sei in der ganzen Gesellschaft so. Insgesamt findet er, „dass das Fußball-Erlebnis sehr friedlich ist.“

Nun dürfte es einem hochrangigen Politiker schwerfallen, diese Behauptung als einfacher Besucher zu überprüfen. Von oben herab die Lage zu dramatisieren, kann es aber auch nicht sein. Politik funktioniert in einer Demokratie nicht ohne Dialog. Sonst könnten die Fronten noch weiter verhärten und statt mehr Sicherheit, gibt es mehr Stress. Und das sollte auch ein Joachim Herrmann eigentlich wissen.

Immerhin: Nach Abschluss des Sicherheitsgipfels klang das beim bayerischen Innenminister auch schon etwas defensiver, als er anerkannte: „Der Fußball insgesamt hat kein Gewaltproblem.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })