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Spät gestartet, früh angekommen: Said El Mala darf bei der Nationalmannschaft vorspielen
Mit 15 aussortiert, mit 19 fürs DFB-Team berufen. Said El Mala vom 1. FC Köln hat Qualitäten, die Bundestrainer Julian Nagelsmann gut gebrauchen kann.
Stand:
Die Vermutung, dass die erstmalige Berufung in die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auch der Vereinskarriere von Said El Mala noch einmal einen Push gegeben hat, ist keine allzu gewagte. Am Donnerstag hat Bundestrainer Julian Nagelsmann den Stürmer des 1. FC Köln für die Länderspiele gegen Luxemburg und die Slowakei berufen. Und nur zwei Tage später stand der angehende Nationalspieler El Mala in der Bundesliga dann auch in der Startelf des FC – zum erst dritten Mal in dieser Saison.
Die erstmalige Berufung in die Nationalmannschaft hat Said El Mala im weiteren Verlauf des Tages allerdings nicht vor einer eher unerfreulichen Erfahrung bewahrt. Im rheinischen Derby bei Borussia Mönchengladbach wurde der 19-Jährige bereits zur Pause ausgewechselt. Warum, wurde sein Trainer später gefragt. „Er war nicht gut“, antwortete Lukas Kwasniok. „So einfach ist das.“
Das Derby gegen Gladbach ist für jeden Kölner ein besonderes Spiel. Für Said El Mala aber ist es noch ein bisschen besonderer. Der gebürtige Krefelder, Sohn einer Deutschen und eines Libanesen, hat früher in Borussias Nachwuchsleistungszentrum gespielt – bis er in der U 15 gehen musste, weil er für zu klein und zu schmächtig befunden worden war.
Diese Erfahrung war für den Teenager damals ein äußerst schmerzliche. „Der 15-jährige Said dachte sich, das war’s“, hat El Mala einmal erzählt.

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In diesen Tagen und Wochen aber, in denen der Hype um seine Person auch durch die Berufung ins Nationalteam seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, stehen die Gladbacher jetzt ähnlich dämlich da wie die Manager der Plattenfirma Decca, die Anfang der Sechziger keine Verwendung für eine Liverpooler Band namens The Beatles hatten.
El Mala ist aktuell die heißeste Aktie im deutschen Fußball. Trotzdem hat Eugen Polanski, Gladbachs Cheftrainer, die damalige Entscheidung seines Klubs verteidigt: „Ich bin kein Freund davon zu sagen: Wir haben was verpasst.“ Man könne keinem 15-Jährigen versprechen, dass er Bundesligaprofi wird, „und das macht auch hoffentlich keiner“.
El Malas Werdegang ist trotzdem kein Einzelfall. Er hat Ende August Geburtstag; das benachteiligt ihn gegenüber Spielern aus demselben Jahrgang, die körperlich schon deutlich weiter sind, weil sie fünf, sechs oder sieben Monate früher geboren sind. Relativer Alterseffekt nennt sich das. Irgendwann wächst sich dieser Nachteil – im Wortsinne – aus, aber viele Talente haben dann entweder schon aufgegeben oder sind durchs Raster gefallen.
El Mala wechselte aus Gladbach in den Nachwuchs des TSV Meerbusch und schließlich in die U 19 des Drittligisten Viktoria Köln. Auch vom Deutschen Fußball-Bund ist er lange ignoriert worden.
Sein Debüt für eine Juniorennationalmannschaft, die U 18, feierte er im vergangenen Jahr. Und erst in diesem Sommer, unmittelbar vor seinem Wechsel zum 1. FC Köln, ist seine außergewöhnliche Begabung auch einem größeren Publikum aufgefallen – als El Mala bei der U-19-EM in Rumänien mit vier Toren und drei Vorlagen in vier Spielen bester Torschütze und bester Scorer des Turniers wurde.
Er hat ein Profil, das wir in Deutschland nicht oft haben. Das ist sein Vorteil.
Bundestrainer Julian Nagelsmann über Said El Mala
Said El Mala ist spät gestartet und hat das Ziel nun trotzdem früher erreicht als viele andere. Manchen kam die Nominierung in die Nationalmannschaft sogar ein bisschen zu schnell. Bei seiner Berufung durch Bundestrainer Julian Nagelsmann in der vergangenen Woche hatte El Mala es auf gerade einmal 340 Spielminuten in der Bundesliga gebracht, verteilt auf zehn Einsätze.
„Es hat gereicht fürs Mal-Mitmachen“, hat Nagelsmann am Montag gesagt. Er sei weiterhin „kein großer Freund von diesem extrem frühen Hypen und Hochpushen“, aber er wolle El Mala auch einmal im Training sehen, um sich ein eigenes Bild zu machen. „Er hat ein Profil, das wir in Deutschland nicht oft haben“, erklärte der Bundestrainer. „Das ist sein Vorteil.“
Köln ist ganz verrückt nach El Mala
Said El Mala hat nur ein paar Wochen gebraucht, um ganz Köln verrückt zu machen. Trotz seiner überschaubaren Einsatzzeit ist er mit vier Toren und zwei Vorlagen sowohl der beste Torschütze als auch der beste Scorer seines Klubs. Und obwohl sein Vertrag beim FC bis 2030 läuft, wird längst über aberwitzige Ablösesummen und das angebliche Interesse von einigen der renommiertesten Klubs des Kontinents spekuliert.
Das liegt an seinen Qualitäten, die rar und teuer sind. El Mala paart enorme Geschwindigkeit mit einer für seine Größe – inzwischen misst er 1,90 Meter – außergewöhnlichen Ballbehandlung.
„Er ist nicht zu verteidigen in diesen Aktionen“, sagt sein Vereinstrainer Kwasniok, „insofern ist er eine Waffe.“ Wenn der Rechtsfuß von der linken Seite nach innen zieht wie ein spiegelverkehrter Arjen Robben, dann löst dieser Move bei den gegnerischen Verteidigern Anflüge von Panik aus.
„Wenn ich den Ball kriege, überlege ich nicht viel, sondern handele instinktiv“, sagt El Mala. „Ich liebe es, ins Eins-gegen-eins zu gehen.“ Für seinen Trainer Kwasniok ist er „ein Straßenfußballer, der einfach eine gottgegebene Gabe hat“. Eine Gabe, die ihn schon jetzt bis in die Nationalmannschaft gebracht hat.
„Ich find’s einfach gut und mutig“, hat Kwasniok über El Malas Nominierung durch Bundestrainer Nagelsmann gesagt. „Der Junge hat geliefert, und Julian hat Bock auf einen Spezialisten.“ Denn: „So viele Dribbler haben wir nicht.“
Zumal Nagelsmann das Spiel seiner Mannschaft zuletzt „ein bisschen zu träge in der roten Zone“ fand. Für die beiden anstehenden Qualifikationsspiele am Freitag und am kommenden Montag erhofft er sich daher „ein bisschen mehr Leinen los, ein bisschen mehr Risiko“. Hört sich so an, als dürfe sich Said El Mala tatsächlich Hoffnungen auf sein Debüt in der Nationalmannschaft machen.
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