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Sport: Sprung ins Leben

Trampolinturner Mani Schwedler hat Leukämie – Sportler suchen nach rettendem Knochenmark

Höhenluft ist kein Problem für Mani Schwedler. Als ehemaliger Vize-Weltmeister und Europameister im Trampolinturnen kam der Frankfurter oft hoch hinaus. Doch 3718 Meter schleudert ihn selbst das beste Trampolin der Welt nicht hoch. Die Distanz muss er schon zu Fuß zurücklegen, wenn er den Pico del Teide erklimmen will. „Ich habe den Berg im Urlaub gesehen und mir gesagt: Da gehst du als erstes rauf“, so Schwedler. Doch an dem Tag, an dem er mit seiner Wanderausrüstung am Fuß des höchsten Bergs Spaniens auf Teneriffa steht, hat er die schwierigste Etappe seines Lebens schon gemeistert. Denn der Trampolinturner ist seit 2000 an Leukämie erkrankt. Zunächst sah es so aus, als könnte ihm ein neuartiges, noch in der Studienphase befindliches Medikament helfen, doch in diesem Jahr wurden wieder kranke Zellen in seinem Blut gefunden und das bedeutet nichts anderes, als dass ihm nur noch eine Knochenmarktransplantation helfen kann.

Deshalb organisiert Emadeus, der Club der Deutschen Sporthilfe, die Hilfsaktion „Mani Schwedler“ und ruft vor allem aktive und ehemalige Athleten zu einer Knochenmark-Typisierung auf. Zwei prominente Sportler haben den Anfang gemacht: Box-Weltmeister Sven Ottke und Basketball-Nationalspieler Pascal Roller von den Frankfurt Skyliners haben sich 15 Milliliter Blut abnehmen lassen und werden jetzt in einer internationalen Datenbank geführt. „Ich kenne Mani persönlich, deshalb war es für mich keine Frage mitzumachen. Ich werde auch im Familien- und Freundeskreis dafür werben“, sagt Roller.

Ob die beiden das Leben von Mani Schwedler retten können, ist fraglich, denn die Chance, dass das Gewebe eines Nicht-Verwandten passt, ist meist sehr gering. „Es geht mit dieser Hilfsaktion aber nicht nur um mich, sondern um alle, deren Leben von einer Transplantation abhängt.“ In Deutschland gibt es rund 2,5 Millionen Spender, weltweit sind es mehr als 10 Millionen. „Damit können wir 80 Prozent der Patienten abdecken, aber für die anderen 20 Prozent ist es das Todesurteil“, sagt Sigrid Zoeller von der Arbeitsgemeinschaft der Knochenmarkspender-Dateien Deutscher Blutspendedienste.

Für Schwedler selbst gibt es eventuell zwei Spenderinnen. „Aber das Risiko dabei ist hoch. Ein junger, männlicher Sportler wäre noch besser“, sagt Schwedler.

Er leidet unter chronischer Leukämie, „und die ist meist sehr bösartig“, sagt Dr. Christian Seidl, Abteilungsleiter der Transplantationsimmunologie am Institut für Transfusionsmedizin der Uniklinik Frankfurt. Schwedler ging es lange Zeit gut. Er gründete die „Flying Bananas“, mit denen er humorvolle Trampolin-Shows veranstaltete und selbst mitturnte. Doch das geht seit diesem Jahr nicht mehr. Dabei fühlt er sich gar nicht schlecht. „Das ist das Heimtückische. Man fühlt sich gesund, muss aber erst richtig krank gemacht werden, um dann richtig gesund zu sein“, so Schwedler.

Was sich umständlich anhört, ist ein einfaches, aber riskantes Verfahren. Wenn ein Patient einen Spender gefunden hat, wird das Immunsystem des Erkrankten gänzlich geschwächt, um alle kranken Zellen abzutöten. „Von dem Moment an gibt es kein Zurück mehr, Spender und Patient bilden jetzt auf die Zeit von knapp drei Wochen ein lebensrettendes Pärchen“, so Seidl. Am Tag Null erfolgt dann die Transplantation. „Die kommenden drei, vier Wochen sind die kritischsten. Wenn der Patient diese Phase übersteht, ist es so gut wie geschafft. Es dauert dann zwar manchmal noch einige Jahre, bis alles wieder normal ist, aber diese Zeit ist nicht sonderlich kritisch“, erklärt der Mediziner.

Für den Spender ist das Verfahren mittlerweile unkompliziert. „Zwei Drittel der Spenden erfolgen heute über die Blutstammzellentransfusion“, sagt Seidl. Ähnlich wie bei der Blutspende wird dem Spender Blut abgenommen. Allerdings fließt das lebensrettende Material über eine Maschine mehrmals am anderen Arm wieder zurück. Bei diesem Kreislauf werden die Stammzellen im Blut gesteigert, ein direkter Eingriff ist nicht mehr nötig. „Das Verfahren dauert rund zwei Stunden, man kann Fernsehen dabei gucken und nachmittags schon wieder auf dem Golfplatz stehen“, sagt Seidl.

Dem Vorsitzenden der Stiftung Deutsche Sporthilfe, Hans Wilhelm Gäb, liegt die Hilfsaktion für Mani Schwedler sehr am Herzen. Ihm wurde selbst eine Leber transplantiert, die ihm das Leben gerettet hat. „Und gerade im Sport geht es nicht nur um Ergebnisse, sondern um Solidarität“, sagt Gäb. Er hatte nach seiner Transplantation den Verein „Sportler für Organspenden“ gegründet, in den mittlerweile zahlreiche deutsche Spitzensportler eingetreten sind, darunter Jürgen Klinsmann, Franziska van Almsick, Franz Beckenbauer und Boris Becker. Hartwig Gauder, ehemaliger Olympiasieger im Gehen, ist Generalsekretär des Vereins. Er hat eine Herztransplantation hinter sich und ist bald darauf bereits wieder einen Marathon gelaufen. Sogar den Kilimandscharo hat er bestiegen. So hoch will Schwedler gar nicht hinaus. 3718 Meter reichen ihm für den Anfang.

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