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Hallo, ich bin der Neue. Für Stefan Kermas (in Rot) beginnt am Wochenende mit dem Lehrgang in Südafrika die Arbeit als Hockey-Bundestrainer. Sein Vorgänger Valentin Altenburg ist trotz Bronze bei Olympia zur U 21 zurückgekehrt.

© Hendrik Schmidt/p-a/dpa

Neuer Hockey-Bundestrainer: Stefan Kermas: Klarer Kopf, hohe Ansprüche

Der Berliner Stefan Kermas soll als Bundestrainer die Erfolgsgeschichte der Hockey-Männer fortschreiben.

Die Zeit von Stefan Kermas als Sportdirektor beim Münchner SC hat einen schönen Abschluss gefunden. Im Januar haben sich die Männer des MSC für die Play-offs zum Final Four um die deutsche Hallenhockey-Meisterschaft qualifiziert – zum ersten Mal seit 2006. Weil Kermas da schon als neuer Bundestrainer auserkoren war, haben ein paar Scherzbolde bereits von einem positiven Bundestrainer-Effekt gesprochen. Stefan Kermas kann mit solchen übersinnlichen Erklärungsmustern nichts anfangen. Er ist nach eigener Einschätzung ein „sehr analytischer und kopfgesteuerter Mensch“.

Als Kind wollte der gebürtige Berliner Sportreporter werden. „Ich war weniger Fan, mehr Untersucher und habe mich immer extrem für den Gesamtkontext interessiert“, erzählt er. Gerade das prädestiniert ihn für seinen neuen Job beim Deutschen Hockey-Bund (DHB). Die Deutschen zählen nur deshalb seit Jahrzehnten zur Weltspitze, weil sich die handelnden Personen immer ein paar Gedanken mehr gemacht haben. Bernhard Peters und Markus Weise, Kermas’ Vorgänger, haben das so beeindruckend getan, dass sogar der große Fußball seine Dünkel vergessen und beide abgeworben hat. Peters verantwortet inzwischen beim Hamburger SV die Nachwuchsarbeit, Weise soll beim Deutschen Fußball-Bund die neue Akademie aufbauen.

Stefan Kermas hat bis Ende des Jahres als Geschäftsführer eines Unternehmens gearbeitet, das sich mit Risikomanagement beschäftigt. Als das Angebot des DHB kam, die Nationalmannschaft zu übernehmen, hat er sich ein paar Tage Bedenkzeit erbeten und alle Argumente abgewogen. Das Risiko kam ihm überschaubar vor, auch wenn die Mannschaft nach Olympia im Umbruch ist, einige Leistungsträger aufgehört haben oder pausieren, der Kader jung ist und perspektivisch eher noch jünger werden wird. Am Samstag fliegt Kermas mit 28 Spielern für zwei Wochen zum Zentrallehrgang nach Südafrika, vier Länderspiele, je zwei gegen England und Südafrika, wird seine Mannschaft dort bestreiten. „Danach wissen wir alle mehr“, sagt der Bundestrainer.

WM-Titel und Olympia-Gold sind die Bezugsgrößen

Peters und Weise haben zwei WM-Titel und zweimal olympisches Gold gewonnen. Kermas weiß, dass diese Erfolge jetzt auch für ihn die Bezugsgröße sind. „Aber ich gehe deshalb nicht vor Ehrfurcht in die Knie“, sagt der 37-Jährige, der sich selbst für „wahnsinnig erfolgshungrig“ hält. Kermas war Weises Assistent beim Olympiasieg 2012 und hat als Cheftrainer mit Rot-Weiß Köln zwei Meistertitel geholt. „Wir glauben, dass er für das Amt die Bestbesetzung ist“ sagt DHB-Sportdirektor Heino Knuf. „Und ich bin mir sicher, er ist unheimlich heiß auf diesen Job. Stefan brennt einfach für Hockey.“

Kermas wird beim DHB schon lange als großes Trainertalent geführt, dem selbst die höchsten Ämter zuzutrauen sind. „Ich bin mit dem Thema immer mal wieder konfrontiert worden“, sagt er, deshalb sei er auch nicht aus allen Wolken gefallen, als ihm das Amt angetragen wurde. Für Außenstehende aber kam die Entscheidung gleich doppelt überraschend. Zum einen hatte sich der studierte Jurist Kermas vor fünf Jahren für einen bürgerlichen Beruf entschieden; zum anderen schien Valentin Altenburg sich mit der olympischen Bronzemedaille in Rio für eine Weiterbeschäftigung als Bundestrainer empfohlen zu haben. Altenburg war kurzfristig eingesprungen, nachdem Markus Weise zum DFB gewechselt war. Doch der DHB entschied sich gegen die naheliegende Lösung und schickte Altenburg wieder zurück zur U 21.

Zusammenarbeit mit dem Vorgänger ist "wahnsinnig gut"

Das ist der Vorteil eines kleinen Verbandes: dass er solche Personalien regeln kann, ohne Rücksicht auf öffentliche Erwartungen nehmen zu müssen. Der DHB will die Zusammenarbeit zwischen der Nationalmannschaft und dem Nachwuchs verbessern und die Durchlässigkeit erhöhen. Weil viele Nationalspieler ihre Karriere schon mit Mitte 20 beenden, wenn sie ins Berufsleben einsteigen, ist es umso wichtiger, dass sie noch früher nationalmannschaftstauglich sind. Altenburg ist also auch weiterhin wichtig. Stefan Kermas sagt, er spüre keinerlei Frust bei ihm. Im Gegenteil. Die Zusammenarbeit mit seinem Vorgänger ist „wahnsinnig gut, richtig fruchtbar, sehr ehrlich“.

Von seiner Herangehensweise ist Kermas ziemlich genau in der Mitte zwischen Peters und Weise zu verorten. „Ich steh’ auf klare Regeln, klare Ergebnisse, klare Handlungsweisen“, sagt er. Trotzdem gilt er als sehr kommunikativ, als jemand, der von seinen Spielern erwartet, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Vielleicht hat das auch etwas mit seiner Biografie zu tun. Kermas war 22 und damit kaum älter als seine Spieler, als er zum ersten Mal eine Bundesliga-Mannschaft eigenverantwortlich trainierte. Das war beim Berliner HC, der damals kurzfristig einen neuen Coach für seine Männer brauchte. Friedel Stupp, Trainer der BHC-Frauen, sagte: „Wir haben doch einen guten Trainer im Klub.“ Auf die Frage, wer das denn sei, zeigte er auf Kermas, der damals noch bei der ersten Mannschaft im Tor stand: „Du kannst das. Trau dich mal!“

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