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Brust raus. Stefan Kuntz hat die deutsche U21 von Erfolg zu Erfolg geführt. Seine Art kommt bei den hochtalentierten Spielern gut an.

© REUTERS

Finale der U-21-EM: Stefan Kuntz ist in einer komfortablen Position

Stefan Kuntz kann mit der deutschen U21 am Sonntag gegen Spanien den EM-Titel verteidigen. Kein Wunder, dass er als Trainer immer gefragter wird.

Im Laufe dieser U-21-Europameisterschaft in Italien hat sich Stefan Kuntz schon zu vielen Themen geäußert, die eigentlich nicht zu seinen Kernbereichen als Trainer des deutschen Teams gehören: zur Klimaanlage im Teamhotel („Die darf eine bestimmte Temperatur nicht unterschreiten, weil sich sonst Spieler dadurch erkälten“), zu den Tanzeinlagen seiner Spieler in der Kabine („Mit mir können sie da nicht so viel anfangen. Ich bin mehr der klassische lateinamerikanische Standardtänzer“) oder zur fehlenden Wertschätzung vieler Olympioniken („Wenn ich überlege, was zum Beispiel Ringer für einen Aufwand betreiben müssen, damit sie alle vier Jahre im Rampenlicht stehen. Und bei uns musst du nur dreimal schnäuzen und dann gibt es schon eine Schlagzeile“).

Kuntz tat dies nicht, um von den fußballerischen Darbietungen abzulenken. Schließlich hätte es auf dem Platz bisher nicht besser laufen können. An diesem Sonntag spielt seine Mannschaft im Finale in Udine gegen Spanien (20.45 Uhr/ARD) darum, den EM-Titel von 2017 erfolgreich zu verteidigen. Kuntz tat dies, weil er ein offener und aufgeschlossener Mensch ist. Und von dieser Art profitiert auch seine Mannschaft. Die zahlreichen talentierten und bundesligaerfahrenen Spieler vertrauen dem früheren Nationalstürmer und Europameister von 1996 und folgen ihm. „Generell bin ich ein emotionaler Mensch“, sagte der 56-Jährige. „Ich glaube auch, dass die Mannschaft diese Emotionalität gut gebrauchen kann.“ So spielte sein Team meist groß auf.

Seit Kuntz vor drei Jahren die U 21 von Horst Hrubesch übernommen hat, führte er sie von Erfolg zu Erfolg. 2017 gewann er bereits den EM-Titel, und nun qualifizierte sich die Mannschaft überdies für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio.

Bis dahin läuft Kuntz’ Vertrag noch. Und so verwundert es nicht, dass bei ihm über einen möglichen Wechsel auf einen anderen Posten beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) oder zu einem Bundesligisten spekuliert wird. „Stefan wollen wir nicht abgeben“, sagte dazu DFB-Direktor Oliver Bierhoff. „Er hat einfach kommunikative Stärken, er ist ein toller Trainer und vor allem weiß er, wie die Spieler ticken und was in einem Turnier wichtig ist.“

Kuntz will all die Gerüchte über seine Zukunft nicht kommentieren: „Das ist für mich jetzt echt überhaupt kein Thema.“ Er weiß, dass er sich in eine überaus komfortable Position gebracht hat. Denn als Trainer konnte er bis zu seinem DFB-Engagement nur den Zweitliga-Aufstieg mit dem Karlsruher SC 2001 vorweisen. Danach machte er von 2008 bis 2016 als Vorstandsvorsitzender des 1. FC Kaiserslautern auf sich aufmerksam – aber nicht nur positiv.

Kuntz hängt sehr am U-21-Team

Gleich in seinen ersten Monaten als FCK-Chef löste er eine große Euphorie aus und der Klub verhinderte noch sensationell den Absturz in die Dritte Liga. Auch danach schien Kuntz beinahe alles zu gelingen: Er handelte mit der Stadt Mietnachlässe für das überdimensionierte WM-Stadion von 2006 aus und entlastete damit den Verein. Er einte das traditionell zerstrittene Umfeld und formte eine Mannschaft, die 2010 in die Bundesliga zurückkehrte. Am Ende einer phasenweise rauschhaften Saison belegte der FCK daraufhin den siebten Platz. Es sollte der Höhepunkt der Ära Kuntz sein.

Schon im Folgejahr stiegen die Pfälzer wieder ab. Danach verpasste der FCK oft knapp den Aufstieg und Kuntz rückte für die Teamzusammenstellungen immer stärker in die Kritik. Von Kaiserslauterns Lichtgestalt wurde er fortan von Teilen der Fans als Sonnenkönig tituliert. Parallel wuchsen die finanziellen Sorgen des Klubs. Eine 2013 aufgelegte Fan-Anleihe über rund sechs Millionen Euro sollte in den Nachwuchs gesteckt werden, versickerte aber teilweise im Tagesgeschäft. All das sind Altlasten, die dem mittlerweile drittklassigen FCK noch immer zusetzen. Als Kuntz im Frühjahr 2016 auch das Vertrauen im Aufsichtsrat verlor, verabschiedete er sich.

Mit seinem Wechsel zum DFB hat er seiner Karriere dann noch einmal neuen Schwung verliehen. Dem starken U-21-Jahrgang verdankt er also auch viel. Kein Wunder, dass Kuntz vor dem letzten Turnierspiel betont: „Ich hänge schon an denen und ich will einfach das Finale gewinnen.“ (mit dpa)

Frederik Paulus

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