
© dpa/Bernd Weißbrod
Wurde Deutschland benachteiligt?: Darum kann man Handelfmeter geben – oder auch nicht
Im Viertelfinale gegen Spanien blockt Spaniens Marc Cucurella den Ball nach einem Schuss mit der Hand. Hätte es hier nicht Elfmeter geben müssen? Die Meinungen darüber gehen auseinander.
Stand:
Michael Ballack war sich ganz sicher: „Ein klareres Handspiel gibt es im Fußball nicht mehr“, sagte der ehemalige Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei Magenta TV.
Doch Schiedsrichter Patrick Ittrich hatte eine andere Meinung: „Der Spieler zieht die Hand aus der Schussbahn zurück, deswegen ist es 50/50. Der Schiedsrichter sieht es gut und hat es so entschieden.“ Ittrich, der für den Streamingsdienst knifflige Entscheidungen bei dieser EM analysiert, fügte dann allerdings einen interessanten Satz hinzu: „Wenn er den Elfer gibt, ist es auch korrekt.“
Aber der Reihe nach, was war passiert?
Am Ende der ersten Halbzeit der Verlängerung wurde ein Schuss von Jamal Musiala vom spanischen Abwehrspieler Marc Cucurella für beinahe jeden im Stadion sichtbar mit der linken Hand abgeblockt. Elfmeter?
Schiedsrichter Anthony Taylor aus England entschied sich sofort dagegen und wollte sich auch gar nicht erst die Videobilder anschauen. Aus einem einfachen Grund, wie Ittrich meinte: „Der Schiedsrichter sieht es gut und es hätte nichts geändert.“

© Imago/Jan Huebner
Nur gab und gibt es im Fußball in ähnlichen Szenen auch oft genug Elfmeter. Ittrich sprach vom „Dilemma der Handspielregel“, denn sie wird nun einmal so oder so ausgelegt. Das liege im „Ermessensspielraum“ des Schiedsrichters.
Wie knifflig die ganze Sache war, belegt auch ein Tweet beim Kurznachrichtendienst „X“ von Manuel Gräfe, der frühere Unparteiische arbeitet als Experte für das ZDF während der EM und bewerte die Szene komplett anders. Er hätte nämlich auf Handelfmeter entschieden, weil der Arm nicht zuvor am Körper gelegen hatte und das Handspiel strafbar wäre.
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In der ARD wiederum verteidigte Bibiana Steinhaus-Webb Taylor und bestätigte dessen Regelauslegung. Vier Schiedsrichter, keine klare Tendenz.
Für Bundestrainer Julian Nagelsmann war die Szene naturgemäß ganz eindeutig. „Wenn der Ball aufs Tor kommt und der Torwart was machen muss, finde ich, ist es ein klarer Elfmeter. Das muss man schon mitbewerten. Und die Hand ist schon weit weggestreckt“, sagte er nach dem Spiel bei Magenta TV und attestierte Taylor, dass der „schon ein eher ein bisschen für Spanien“ gepfiffen hätte.
Wenn der Ball aufs Tor kommt und der Torwart was machen muss, finde ich, ist es ein klarer Elfmeter.
Bundestrainer Julian Nagelsmann zur umstrittenen Szene bei Magenta TV
All das trug sich beim Stand von 1:1 zu, ein Elfmeter für Deutschland hätte nicht automatisch das 2:1 bedeutet und auch noch lange nicht den Sieg. Dass das Spiel bei einem Tor aber einen ganz anderen Verlauf genommen hätte, steht allerdings außer Frage. Im Endeffekt ist das Team offenbar in dieser Szene nur an den falschen Schiedsrichter geraten, ein anderer hätte vielleicht Elfmeter gegeben.
Und damit dürfte die Handspielregel einmal mehr zum Thema werden, spätestens, wenn in der kommenden Saison in der Bundesliga wieder Videoschiedsrichter in solchen oder ähnlichen Szenen einschreiten. Erinnert sei auch an den deutschen Elfmeter im Achtelfinale, wo Dänemarks Joachim Andersen aus kurzer Distanz einen Ball von David Raum an den ausgestreckten Arm bekommt, der VAR reagiert und es den Strafstoß gab. Nagelsmann meinte dazu nach dem Aus gegen Spanien: „Das war weniger Elfmeter als heute.“
Diesmal hatte Deutschland Pech und ist im Viertelfinale ausgeschieden. Nicht nur aufgrund dieser einen umstrittenen Szene, aber – und das ist nicht übertrieben – eben auch deswegen. Und das macht diese Niederlage umso bitterer.
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