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„Totale Entgleisung des Bundeskanzlers“: Volleys-Manager Kaweh Niroomand kritisiert Merz’ Aussagen zum Iran
Die deutschen Volleyballer spielen am Sonnabend gegen den Iran. Kaweh Niroomand, in Teheran geboren, spricht über die politische Lage, Merz Aussagen zur „Drecksarbeit“ und den Sport als verbindendes Element.
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Wenn die deutschen Volleyballer am kommenden Sonnabend in der Nations League gegen den Iran antreten, dann werden im Iran wahrscheinlich nur wenige Menschen das Duell mitverfolgen (16.30 Uhr/ ZDF)
Und das, obwohl Volleyball in diesem Land ein hohes Ansehen genießt. Doch seit den US-Angriffen auf die Atomanlagen ist die Lage angespannt, viele haben Sorge davor, wie es weitergeht, mit Blick auf die internationale Politik und das eigene Regime, das nun noch brutaler gegen die eigene Bevölkerung vorgeht. Das berichtet auch Kaweh Niroomand, der Manager des Rekordmeisters BR Volleys ist und in Teheran geboren wurde.
Niroomand kam 1965, im Alter von zwölf Jahren nach Deutschland, weil seine Eltern wollten, dass er in Tecklenburg, in Nordrhein-Westfalen zur Schule geht und Abitur macht.
Er und seine Mutter, die heute ebenfalls in Berlin lebt, pflegen bis heute den Kontakt zu Freunden im Iran. Diese berichten ihnen von der ungewissen Lage und der Angst vor der Zukunft. „Die Situation ist unglaublich schlecht“, sagt Niroomand. „Was am nächsten Tag passiert, ist ungewiss. Das Regime nutzt die Lage, um die Bestrafung der Bevölkerung zu intensivieren und gegen Menschen die Todesstrafe zu verhängen, die angeblich israelische Spione sind. Das ist perfide.“
Viele Menschen seien aus Teheran in den Norden geflohen, nachdem Israel begonnen hatte, Ziele in der Hauptstadt anzugreifen. Mittlerweile ist zwar offiziell eine Waffenruhe eingetreten. „Aber Angst und Panik bleiben bestehen“, sagt Niroomand.
Er kritisiert zum einen das Vorgehen der USA, denn die Vergangenheit habe mit Blick auf Länder wie den Irak oder Afghanistan gezeigt, dass ein Regimewechsel von außen selten Erfolg habe. „Das muss von innen, aus der eigenen Bevölkerung kommen.“
Zum anderen kritisiert Niroomand auch die Art und Weise, wie in Deutschland über das Thema gesprochen wird und bezieht sich dabei insbesondere auf die Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz. Dieser hatte in einem ZDF-Interview am Rande des G7-Gipfels in Kanada kürzlich gesagt, dass Israel im Krieg mit dem Iran „die Drecksarbeit“ für den ganzen Westen mache.
„Das ist eine totale Entgleisung des Bundeskanzlers. Ich weiß nicht, was Merz in diesem Moment geritten hat“, sagt Niroomand. „Seit der Revolution 1979 leidet die iranische Bevölkerung unter dem Regime. Sie ist es, die die Drecksarbeit leistet.“
Volleyball ist im Iran sehr populär
Niroomand, der heute Manager der BR Volleys ist, die in der vergangenen Saison zum 15. Mal Deutscher Meister wurden, spielte einst selbst Volleyball. Auch seine Mutter hatte zu Schulzeiten Volleyball im Sportunterricht.
„Volleyball ist im Iran seit vielen Jahren sehr populär und kommt gleich nach Fußball, der Nummer-eins-Sportart.“ Schon mehrere Male gewann die Nationalmannschaft die Asien-Meisterschaft, in der Weltrangliste steht sie derzeit auf Platz 14, fünf Plätze hinter Deutschland.
Der Sport hat eine unheimliche Strahlkraft. Das kann in schweren Zeiten helfen.
Kaweh Niroomand
„Wenn die Nationalmannschaft spielt, sind die Hallen voll. Die Liga wird immer professioneller und viele Spieler sind im Ausland aktiv“, erzählt Niroomand. Besonderen Aufschwung erlangte die Sportart zu Zeiten des argentinischen Trainers Julio Velasco, der die iranische Nationalmannschaft von 2011 bis 2013 coachte und im Iran sehr beliebt war. „Er wurde verehrt. Bei den Spielen waren teils 15.000 Zuschauer dabei, die ihm applaudierten.“
Niroomand bedauert es, dass die Nationalmannschaft bei der Nations League nicht die übliche Aufmerksamkeit bekommt. Auch für die Sportler dürfte es eine Herausforderung darstellen, sich auf das Turnier in Belgrad zu fokussieren und ihre beste Leistung abzurufen.
Trotzdem ist Niroomand überzeugt davon, dass das iranische Team seinen Fans in der Heimat zumindest kurze Momente der Euphorie schenken und sie ein wenig von der politischen Situation ablenken kann. „Der Sport hat eine unheimliche Strahlkraft. Er bringt die Menschen zusammen und sorgt für Begeisterung. Das kann in schweren Zeiten helfen.“
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