
© IMAGO/Tilo Wiedensohler
Überragender Olympia-Test in der Heimat: Franz Wagner beeindruckt Berlin – nur seine Eltern bleiben cool
Franz Wagner zeigt beim Sieg gegen Japan eindrucksvoll, warum er auf dem Weg in die Basketball-Weltspitze ist. Vor dem Olympiastart wartet noch ein Härtetest gegen Goldfavorit USA.
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Franz Wagner hatte soeben seinen nächsten Distanzwurf verwandelt, spreizte drei Finger ab und nickte entschlossen, als er zurück in die eigene Hälfte lief. Seine Eltern kamen derweil mit vollen Händen vom Getränkestand zurück und nahmen unbeeindruckt in der ersten Reihe Platz. Die folgenden „Wagner, Wagner“-Gesänge der Fans brachten sie leicht zum Schmunzeln.
Dass es für Franz und Moritz Wagner, die Jungs aus Prenzlauer Berg, die einst bei Alba Berlin mit dem Basketball begannen, ein echtes Heimspiel war, ließ sich am Freitagabend nicht verbergen. „Es fühlt sich immer richtig gut an, wieder hier zu sein, deswegen will ich natürlich auch gut spielen, wenn ich das einmal im Jahr machen darf“, sagte Franz Wagner bei „Magentasport“.
Und das gelang dem 22 Jahre alten Flügelspieler eindrucksvoll. Beim 104:83 gegen Japan war Wagner an alter Wirkungsstätte der überragende Akteur. In nur 20 Minuten Spielzeit erzielte der Berliner bei überragenden Quoten 27 Punkte, holte acht Rebounds, zwei Assists und das ohne Ballverlust.
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Dass Franz Wagner über herausragendes Potenzial verfügt, war bereits bei seinen ersten Einsätzen für die Alba-Profis zu erkennen. Die Spielintelligenz, die Fußarbeit, die Basics, die Einstellung – der damals 16 Jahre alte Abiturient stand vor einer großen Karriere.
Wie rasant es seitdem aufwärts geht, ist dennoch atemberaubend. Über die University of Michigan ist Wagner 2021 in die NBA gekommen, vor wenigen Wochen hat er bei den Orlando Magic seinen Vertrag verlängert und kassiert in den kommenden fünf Jahren 224 Millionen Dollar.
Wer die NBA nicht regelmäßig verfolgt, erlebt Sommer für Sommer erfreuliche Überraschungen. Von Jahr zu Jahr wird Wagner besser, arbeitet an seinen Fähigkeiten, beseitigt die wenigen Schwächen, die es in seinem so runden Spiel gibt.
Seine Kollegen sind von dieser Entwicklung schon lange nicht mehr überrascht. Maodo Lo kannte den jungen Wagner als Gegner in der BBL, seit zwei Jahren spielen die Berliner in der Nationalmannschaft zusammen. „Franz ist unglaublich gut“, sagt Point Guard Lo. „Seine Entwicklung überrascht mich gar nicht. Als ich das erste Mal mit ihm gespielt habe, habe ich gemerkt, was für eine Qualität, Mentalität und Talent er hat.“
In der NBA hat es Wagner mit Orlando in der abgelaufenen Saison erstmals in die Play-offs geschafft und dort erst in Spiel sieben gegen die favorisierten Cleveland Cavaliers verloren. Die Magic, bei denen auch Moritz Wagner spielt und die mit Tristan da Silva kürzlich einen weiteren Deutschen gedraftet haben, sind eines der jüngsten und talentiertesten Teams der Liga. Franz Wagner ist neben Paolo Banchero das zentrale Puzzleteil für eine erfolgreiche Zukunft.
Doch selbst ein Überflieger wie Wagner muss Rückschläge erleiden. Im entscheidenden Spiel gegen Cleveland erwischte er einen rabenschwarzen Tag und traf nur einen seiner 15 Würfe. Es gab viel Kritik, doch sein härtester Kritiker ist er selbst. Wagner arbeitet hart an sich – vor allem an seiner aktuell größten Baustelle: dem Dreier.
Seine Entwicklung überrascht mich gar nicht. Als ich das erste Mal mit ihm gespielt habe, habe ich gemerkt, was für eine Qualität, Mentalität und Talent er hat.
Maodo Lo über Franz Wagner
Eigentlich verfügt er über alles, was einen guten Werfer auszeichnet. Seine Technik ist sauber, er kann sich einen eigenen Abschluss kreieren oder im Catch-and-shoot abschließen. Doch in der vergangenen Saison traf er nur 28,1 Prozent seiner Dreier, acht Prozent weniger als im Vorjahr. Damit macht er es dem Gegner deutlich einfacher. Denn je gefährlicher er aus der Distanz ist, desto mehr Platz hat er für seinen gefürchteten Zug zum Korb.
In den Testspielen gegen Frankreich und die Niederlande setzten sich diese Probleme von Wagner fort. Er zeigte mit durchschnittlich 16 Punkten zwar gute Leistungen, verfehlte aber alle seine sieben Dreierversuche.
Wagners Dreier wackelt
Dementsprechend emotional reagierte er am Freitag, als er endlich mal wieder einen guten Tag aus der Distanz erwischte. Drei von fünf Dreiern fanden ihr Ziel, auch sonst agierte er enorm effizient. In dieser Form kann Wagner einer der dominantesten Spieler des olympischen Basketballturniers in Lille und Paris werden.

© imago/Uwe Koch
Zum Auftakt in einer Woche trifft die deutsche Mannschaft erneut auf Japan und das nicht nur wegen des klaren Testspielsieges als großer Favorit. „Die Japaner spielen ein bisschen anders als die anderen Teams. Deswegen ist es auch nie einfach, aber vor allem in der ersten Halbzeit sah das gut aus, gerade defensiv. Ich glaube, es ist auch gut zu sehen, wo wir noch Potenzial haben“, sagte Wagner.
Bundestrainer Gordon Herbert betonte vor allem die Nachlässigkeiten in der zweiten Hälfte. „Da haben wir ein bisschen unsauber gespielt. Japan hat in der zweiten Hälfte 52 Punkte gemacht und das wird uns für das Vorrundenspiel gegen sie helfen.“
Erst mal steht am Montag jedoch die Generalprobe gegen die USA an und damit auch ein großer Test für Franz Wagner. Seine direkten Gegenspieler LeBron James und Jayson Tatum dürften ihm das Leben deutlich schwerer machen als die überforderten Japaner.
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