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Bernd Patzke (li.) und Trainer Helmut „Fiffi“ Kronsbein sind 1969 mit Hertha BSC in die dritte Runde des Messepokals eingezogen.

© imago/WEREK

Überraschung vor genau 55 Jahren: Als Hertha bei Juventus Turin den Catenaccio perfektionierte

Hertha BSC reist mit einem kleinen Polster zum Zweitrunden-Rückspiel im Messepokal nach Turin. Die Taktik von Trainer Helmut „Fiffi“ Kronsbein sorgt bei den Gastgebern für Erstaunen und Respekt.

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Hertha BSC lässt sich selten in der Hälfte von Juventus Turin blicken. Einmal aber sind die Berliner in Person von Arno Steffenhagen ziemlich weit vorgerückt. Steffenhagens Schuss geht vorbei. Seine Kollegen in der Abwehr geben ihm klare Zeichen, schleunigst zurückzukommen, beobachtet die „Fußball-Woche“.

Am 25. November 1969, genau vor 55 Jahren, spielt Hertha in der zweiten Runde des Messepokals bei Juventus. Mit dem Polster eines 3:1-Sieges aus dem Hinspiel, was aber natürlich bei einem europäischen Topklub nicht viel heißen muss. Auch wenn dieser Ende 1969 nicht in bester Verfassung ist und einige Wochen zuvor Trainer Luis Carniglia durch Ercole Rabitti ersetzt hatte.

Herthas Trainer Helmut „Fiffi“ Kronsbein (im Bild rechts, mit Bernd Patzke) wählt eine besondere Taktik, die Libero Uwe Witt wie folgt zusammenfasst: „Wir spielen mit einer extrem verstärkten Deckung. Hoffentlich kassieren wir nicht gleich zu Anfang ein Tor, dann könnte es sehr bitter werden.“

Die Sorge ist unbegründet. Hertha zeigt in der Defensive eine exzellente Leistung und lässt kaum etwas zu. Die „FuWo“ erlebt die Partie so: „Catenaccio, der gefürchtete Abwehrriegel italienischer Herkunft, war nichts gegen das, was Hertha zum Besten gab. Da war immer ein Bein, das blitzschnell irgendeine Lücke vor dem Tor von Groß schloss. Da war aber auch immer ein Bein, das den Ball aus dem übervölkerten Berliner Strafraum hinaus in die Sicherheit des Mittelfeldes beförderte.“

Ihr beherrscht den Catenaccio ja besser als wir.

Helmut Haller von Juventus Turin

Wenn es doch einmal eng wird, hat Torwart Volkmar Groß vor nur 10.000 Zuschauern am Mittwochnachmittag im riesigen Stadio Comunale Glück: Luis del Sol trifft in der ersten Halbzeit die Latte, in der 70. Minute rettet Patzke auf der Linie für seinen geschlagenen Torwart.

Am Ende finden sich in den Statistiken 12:2-Ecken für Turin, aber die entscheidenden Zahlen sind andere: 0:0! Durch dieses Ergebnis erreicht Hertha die dritte Runde des Messepokals, der seit 1955 für gut anderthalb Jahrzehnte ausgetragen wird.

„Hertha BSC hat sich mit dem ,Catenaccio made in Berlin‘ unter Verzicht auf gefährliche Angriffe nicht allzu viele Sympathien in Turin erworben“, bilanziert der Tagesspiegel, andererseits: „Doch wer fragt später noch danach?“ Zumindest Respekt hat Hertha sich auf jeden Fall erworben. In der Presse wird den Gästen eine taktische Meisterleistung bescheinigt. Und Helmut Haller, deutscher Nationalspieler in Diensten von Juventus, sagt staunend: „Ihr beherrscht den Catenaccio ja besser als wir.“

In der Bundesliga läuft es für Hertha mit Rang fünf besser als von vielen erwartet – und nun der Coup auf europäischer Bühne. Damit ist die Reise noch nicht beendet. In Runde drei setzt sich Kronsbeins Team gegen Vitoria Setubal aus Portugal durch (1:1 auswärts/1:0 zu Hause). Erst im Viertelfinale kommt gegen Inter Mailand das Aus (1:0 im Olympiastadion und 0:2).

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