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Unionerinnen mit großen Ambitionen in der Bundesliga: „Wollen kein gewöhnlicher Aufsteiger sein“
Das Testspiel gegen Real Madrid zeigt, dass von Unions Fußballerinnen in ihrer ersten Bundesliga-Saison schon einiges zu erwarten ist. Entsprechend hoch sind auch die eigenen Ansprüche.
Stand:
Als sie bei der offiziellen Mannschaftsvorstellung präsentiert wurde, stolperte Ailien Poese kurz. Auf dem Weg aufs Spielfeld war ihr Schuh plötzlich im Rasen steckengeblieben, also musste sie zwei Schritte zurück, um ihn wieder einzusammeln. Ein schlechtes Omen? Von wegen. Die Trainerin des 1. FC Union nahm das locker hin und das Stadion feierte sie lautstark weiter. Es braucht zurzeit mehr als einen verlorenen Schuh, um die Euphorie bei Unions Frauen zu dämpfen.
Auch nach dem Spiel war die Stimmung an der Alten Försterei noch prächtig. Trotz eines 1:3 im Testspiel gegen Real Madrid ließ sich die Mannschaft wie ein Pokalsieger vor der Gegengerade feiern, und das nicht zu Unrecht. Vergangene Woche hatte Union den deutschen Vizemeister VfL Wolfsburg mit 2:0 besiegt. Am Sonntag boten sie dem spanischen Vizemeister Real Madrid über weite Strecken die Stirn. Und das macht Mut für die kommende Saison.
„Bundesliga aufmischen“ heißt das Motto, unter dem Union am 7. September in die erste Erstliga-Spielzeit startet. Nach einer gelungenen Vorbereitung darf man jedoch fragen, ob dieses Ziel nicht ein wenig zu bescheiden formuliert ist. Will Union wirklich nur ein bisschen mitmischen? Oder ist diese Mannschaft nicht schon jetzt in der Lage, ganz oben anzuklopfen und um die Champions-League-Plätze mitzuspielen?
Das offiziell kommunizierte Ziel ist das nicht. „Wenn man Sportler ist, dann will man sofort nach oben, aber wir tun gut daran, dort erstmal anzukommen und die ersten Spiele abzuwarten. Man darf die Testspiel-Ergebnisse natürlich auch nicht zu hoch setzen“, sagte Jennifer Zietz, Unions Geschäftsführerin Profifußball. Gleichzeitig gab sie zu, dass die Berliner auch in der Außendarstellung „kein gewöhnlicher Aufsteiger“ sein wollen.
Denn das, was gerade in Köpenick passiert, ist alles andere als gewöhnlich. Mit den massiven Investitionen der vergangenen Jahre hat Union nicht nur sportlich einen Durchmarsch von der Regionalliga ins Oberhaus hingelegt, sondern sich auch strukturell auf einem Niveau etabliert, bei dem nur wenige Bundesligisten mithalten können.
Das merkt man in erster Linie auf den Rängen. Schon in der vergangenen Saison hatten Unions Frauen den höchsten Zuschauerschnitt der beiden Topligen. Gegen Real Madrid waren 13.312 Zuschauer im Stadion, nur ein knappes Tausend weniger als eine Woche zuvor bei der Saisoneröffnung der Männer.
Personell lässt Union derweil seine wachsenden finanziellen Muskeln spielen. Insgesamt sechs Spielerinnen hat der Klub in dieser Saison von anderen Bundesligisten geholt, unter anderem die österreichischen und polnischen Nationalspielerinnen Eileen Campbell und Tanja Pawollek. Laut Zietz ist man mit der Einkaufstour auch längst noch nicht fertig: „Wir müssen in der Kaderbreite einfach auch noch mal ein bisschen besser werden. Wir versuchen natürlich jetzt auch nochmal auf dem Transfermarkt was zu machen.“
Am 7. September startet Unions Abenteuer Bundesliga
Zeit verschwenden darf man nicht. Denn wie Zietz auch bemerkte, entwickelt sich der Frauenfußball gerade schnell, und auch andere, größere Vereine rüsten mittlerweile auf. Vergangene Woche spielte etwa der Noch-Regionalligist Borussia Dortmund ein Testspiel gegen Juventus Turin vor 8000 Zuschauern. „Wir haben noch einen kleinen zeitlichen Vorsprung, aber es kommen jetzt auch andere Vereine hinterher.“
Stand jetzt ist Union aber auf einem guten Weg, diesen Vorsprung auch zu nutzen. Das war am Sonntag klar zu sehen, als Union nach einem harten Kampf nicht unverdient, aber trotzdem etwas unglücklich gegen Madrid verlor. Ohne einen krassen individuellen Fehler und einen unglücklichen Pfostentreffer hätte das Spiel durchaus 2:2 enden können.
Wir haben noch einen kleinen zeitlichen Vorsprung, aber es kommen jetzt auch andere Vereine hinterher.
Jennifer Zietz, Unions Geschäftsführerin Profifußball
„Insgesamt kann ich nur sagen, dass ich mit dem Spiel total zufrieden bin“, schwärmte auch Trainerin Poese. „Wenn wir mutig waren im Ballbesitz, dann sind wir auch vors Tor gekommen gegen eine Mannschaft wie Real Madrid. Und das nehmen wir natürlich auch mit.“
Was individuelle Qualität angeht, ist Union noch ein Stück weit entfernt von einer Mannschaft, die sechs Weltmeisterinnen im Kader zur Verfügung hat. Auch die mangelnde Erfahrung gegen internationale Top-Gegner hat sich im Vergleich zum Sieg gegen Wolfsburg gezeigt. „Das sind beide Top-Teams, aber sie spielen komplett unterschiedlichen Fußball. Ich glaube, mit deutschem Fußball haben wir ein bisschen mehr Erfahrung als mit internationalem“, erklärte Mittelfeldspielerin Korina Janez.
Allzu lange dürfte es aber nicht dauern, bis Union auch in Pflichtspielen solche Erfahrungen sammelt. Denn schon jetzt hat man gezeigt, dass man sich gegen die Wolfsburgs und Real Madrids durchaus behaupten kann. Da wolle man „realistisch bleiben“, sagte Janez, doch der Anspruch für die kommende Saison sei definitiv hoch. „Wir wollen unseren besten Fußball spielen und so viele Punkte wie möglich sammeln.“
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