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Komm her, Keule! Auch Unions Maskottchen feierte Torschütze Grischa Prömel.

© Andreas Gora/dpa

1. FC Union Berlin besiegt den HSV: Viel Liebe und viel Bier für Grischa Prömel

Der Zweitligist bringt sich mit Mut und ungewöhnlichen Maßnahmen wieder auf Kurs. Zumindest die Relegation liegt drei Spieltage vor Schluss in greifbarer Nähe.

Plötzlich war Rafal Gikiewicz weg. Während die Fußballer des 1. FC Union den 2:0-Sieg gegen den großen Hamburger SV auf dem Rasen feierten, schlug ihr Torwart eine andere Richtung ein. Nach einem beherzten Sprint kletterte er über den Zaun auf die Tribüne und feierte mit seinen Fans. 40 Leute, Familie und Freunde, waren extra für das Spitzenspiel aus Polen angereist und sahen am Sonntag eine der besten Berliner Leistungen der Saison. Gikiewicz, der auch sonst selten um eine klare Aussage verlegen ist, war noch Minuten später euphorisiert. „Das war ein Finale für uns“, sagte der Torwart, der im Vorfeld mehr Mut von seinen Kollegen gefordert hatte und mit deren Reaktion offensichtlich zufrieden war. „Wir haben große Cojones gezeigt.“

Der Stolz und die Erleichterung waren den Union-Profis deutlich anzumerken. Die Zweifel an ihrer Nervenstärke, die nach der jüngsten Schwächephase mit fünf Spielen ohne Sieg aufgetaucht waren, wischten sie mit einem kämpferisch exzellenten Auftritt beiseite. Grischa Prömel, der mit einem fulminanten Weitschuss das 2:0 erzielt hatte, räumte ein, dass die vergangenen Wochen nicht spurlos an der Mannschaft vorbeigegangen seien, lobte aber umso mehr die starke Reaktion. „Es war ein Wahnsinnsspiel, was die Mentalität angeht.“

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Während sich der HSV im Saisonendspurt selbst zu zerfleischen scheint, war Union im wichtigsten Moment voll da. Das galt auch für das Publikum im ausverkauften Stadion An der Alten Försterei, das die Mannschaft ununterbrochen antrieb und Prömel nach dessen Tor eine vorzeitige Dusche verabreichte. Als der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler das 2:0 an der Eckfahne feierte, fiel eine Werbebande um und mit ihr der Torschütze. „Da kam ziemlich viel Liebe und ziemlich viel Bier von der Tribüne“, sagte Prömel, der von seinen Mitspielern beim Jubel begraben wurde. „Körperlich war da viel Gewicht auf mir, emotional ist aber einiges von mir abgefallen.“

Letzteres galt ausnahmslos für alle Berliner. Präsident Dirk Zingler umarmte nach dem Abpfiff alle Vereinsangestellten, die ihm am Spielfeldrand über den Weg liefen, das Publikum sang das mittlerweile recht bekannte Lied vom Aufstieg in die Bundesliga und die Stimmung war ausgelassen wie lange nicht. Union hat nun zumindest die Teilnahme an der Relegation wieder in der eigenen Hand und das Restprogramm ist mit Auswärtsspielen in Darmstadt und Bochum sowie einem Heimspiel gegen Magdeburg durchaus machbar. „Wir haben jetzt vier Mal nicht verloren“, sagte Gikiewicz und zeigte, wie schnell eine negative Serie in eine positive umgedeutet werden kann. „Eine Saison ist ein Marathon und wir haben jetzt noch drei Sprints.“

Grillen in Kienbaum

Die Erklärungsansätze für die deutliche Leistungssteigerung im Vergleich zum enttäuschenden Spiel in Fürth waren vielseitig. Neben der Mentalität zahlte sich auch eine taktische Veränderung von Trainer Urs Fischer aus. Anstatt wie üblich in einem 4-3-3 zu spielen, schickte der Schweizer sein Team in einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute auf den Platz. „Der Trainer hat uns gut eingestellt“, sagte Prömel. Und sein Nebenmann Julian Ryerson, der überraschend in die Startelf gerückt war, erklärte die Gedanken hinter der Maßnahme: „Hamburg hat große Qualitäten und die musst du eindämmen. Deshalb haben wir taktisch umgestellt.“

Auch sonst schien Fischer alles richtig gemacht zu haben. Nach der etwas lauteren Aussprache am Ostersonntag verordnete er seinem Team in der unmittelbaren Vorbereitung auf das Hamburg-Spiel ein Kurztrainingslager. Von Freitag bis Samstag fuhr Union ins Bundesleistungszentrum im brandenburgischen Kienbaum. „Wir haben den Chapecoense-Film geschaut und ein Barbecue gemacht“, berichtete Gikiewicz, der sich beim Grillen wie auch Prömel ganz entspannt zurücklehnen durfte. „Wir haben Lattenschießen gespielt und die Verlierer mussten die anderen bedienen“, sagte Gikiewicz und fügte lachend hinzu: „Ich habe im zweiten Versuch getroffen.“

Fischer wollte sich für seine Maßnahmen indes nicht allzu sehr feiern lassen. Mit seiner ihm eigenen Schweizer Gelassenheit lobte er seine Mannschaft. Sich selbst stellte er dabei nicht in den Mittelpunkt. „Wenn du gewinnst, kannst du es von allem abhängig machen“, sagte Fischer. „Ob Kienbaum oder die Systemumstellung da eine Rolle gespielt haben, das überlasse ich anderen.“

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