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Entschlossen. Frankreichs Stürmerin Valerie Gauvin und Nationaltrainerin Corinne Diacre.

© Franck Fife/AFP

Viertelfinale bei der Frauen-WM: Das französische Fest soll gegen die USA weitergehen

Am Freitagabend trifft Frankreich bei der Frauen-WM im Duell der Favoriten auf die USA. Der Druck auf die Gastgeberinnen könnte größer kaum sein.

Von David Joram

Die Sonne drückt in diesen Tagen auch Paris nieder. Trinken Sie viel, tönt es aus den Lautsprechern in den Metrostationen. Die Brasserie de la Reine ist deshalb eine gute Adresse. Unweit des Parc des Princes, der Heimspielstätte Paris Saint-Germains, gelegen, verspricht sie kühle Getränke. Für den leichten Hunger bieten sich „Tomates au chèvre frais et basilic“ an, Tomaten mit frischer Ziegenkäsepaste und Basilikum. Mittagspausen sind in Frankreich so heilig wie das Essen selbst.

Vielleicht bitten die französische Fußball-Nationaltrainerin Corinne Diacre und ihre Kapitänin Amandine Henry deshalb erst um halb drei zur Pressekonferenz in die unterkühlten Katakomben des Parc des Princes. Sie sollen erklären, warum das Team gegen die USA ins Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen im eigenen Land einziehen wird. So heftig die Sonne auf Paris drückt, so brutal ist auch die Last, der Frankreichs Fußballerinnen ausgesetzt sind. Daran ändert auch das TV-Programm in der Brasserie nichts, das wild aussehende Rugbyspieler zeigt.

Corinne Diacre sieht ebenfalls wild aus, wild entschlossen. Wenn die 44-Jährige spricht, weichen ihre harten Gesichtszüge kaum auf, die Augen bleiben starr, die Augenbrauen leicht angehoben. Alles, was nicht mit dem Viertelfinale an diesem Freitag (21 Uhr/live im ZDF) direkt zusammenhängt, wischt Diacre weg wie fade Instagram-Bildchen. Was sie über den Disput zwischen Donald Trump und US-Fußballerin Megan Rapinoe, die das Weiße Haus als „fucking White House“ bezeichnete, denke, will ein Reporter wissen. „Das habe ich nicht mitbekommen“, sagt Diacre. Und plane das französische Team vielleicht einen Besuch bei Präsident Macron? „Darüber will ich nicht sprechen“, so die Antwort.

Diacre hat den Fokus, sie weiß um die hohen Erwartungen, es steht ja auch täglich irgendwo geschrieben. „La fête du bleu“, das Fest der Blauen, erwartet „L'Equipe“, die führende Sportzeitung des Landes. Sieben volle Seiten widmete das Blatt allein am Donnerstag der WM, vier gehörten dem französischen Team. Es ging vor allem um die Vorzüge der „Perle aus Vitry“, Angreiferin Diani, die schnell, explosiv und technisch stark sei. Und natürlich um den stärksten Gegner, den diese WM zu bieten hat, die USA also.

Diacre darf mit Diplom auch Männer coachen

„Dort wird ein körperlich robuster und sehr direkter Fußball gespielt“, berichtet Amandine Henry, 29, die im vergangenen Jahr noch in Portland ihr Geld verdiente. „Sie stehen auf dem ersten Platz der Weltrangliste, sie sind favorisiert“, sagt Diacre. An ihren Plan, „den ich nicht verrate“, glaubt die Trainerin trotzdem, ebenso an eine Strategie, den Druck von ihrem Team fernzuhalten. Sie erklärt ihn einfach für nicht existent. „Wir haben keinen Druck, nur Motivation“, sagt Diacre. Wenn die Nationaltrainerin über Druck, den es nicht gebe, referiert, gilt das als glaubwürdig.

Diacre besitzt das höchste französische Trainerdiplom, sie darf mit diesem auch Männer coachen – was Diacre bereits getan hat, als erste Frau überhaupt. Im Juni 2014 stieg sie beim Zweitligisten Clermont Foot ein, Ende 2015 prämierte das Magazin „France Football“ sie als besten Zweitligacoach des Jahres. Diacre kämpfte erfolgreich gegen Vorurteile, Rückschläge und für personelle Wechsel im Trainerstab. Ihre Wünsche erfüllten sich.

Nun wünschen sich sie und die Fans bei der dritten Weltmeisterschaft im eigenen Land den ersten Titel. Noch gilt der vierte Platz bei der WM 2011 in Deutschland als beste Platzierung. Seither hat der französische Fußball nochmal zugelegt. In die heimische Liga, la Division 1 Féminine, zieht es immer mehr Topstars aus anderen Ländern. Speziell die Ausnahmemannschaften Olympique Lyon und Paris Saint-Germain sind lukrative Ziele.

In Lyon verdient neben der deutschen Mittelfeldregisseurin Dzenifer Marozsan auch der Kern des französischen Teams sein Geld. Sieben Spielerinnen stellt der Meister, darunter Henry, die das Siegtor im Achtelfinale gegen Brasilien schoss und 360 000 Euro jährlich verdienen soll. Elf Meisterschaften, sechs Pokalsiege und fünf Champions-League-Titel hat sie gesammelt. Es sind vermutlich solche Spielerinnen, die den Druck von Trainerin Corinne Diacre nehmen. Das vorweggenommene Finale gegen die USA, es soll ein Genuss werden.

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