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Ohne Rücksicht auf Verluste. Vladimir Lucic springt im Pokalfinale über Niels Giffey, der mittlerweile bei Zalgiris Kaunas spielt.

© IMAGO / BBL-Foto

Bayerns Basketballer vor dem Duell mit Alba: Vladimir Lucic ist der personifizierte Aufschwung

Am Donnerstag erwartet Alba Berlin den Rivalen aus München zum deutschen Euroleague-Duell. Dass es beim FC Bayern wieder läuft, hat vor allem einen Grund.

Im Sport wie im Leben sucht der Mensch oft nach einfachen Erklärungen. Schaut man sich die Situation der Basketballer des FC Bayern an, drängt sich eben solch eine fast schon zwingend auf. Seit Vladimir Lucic zurück ist, läuft es bei den Münchnern wieder. Nach vier Niederlagen zum Auftakt der Euroleague-Saison gab es seit dem Comeback des serbischen Anführers zwei Siege, zuletzt am Dienstagabend gegen das bis dahin noch ungeschlagene Spitzenteam aus Mailand.

Natürlich liegt es nicht nur am 32 Jahre alten Forward, dass die Münchner aufsteigende Tendenz aufweisen. Doch sein Anteil ist enorm – und das gar nicht in erster Linie, weil er in beiden Spielen Topscorer war. Viel wichtiger ist seine Wirkung auf das Team. Trainer Andrea Trinchieri wollte nach dem knappen Sieg gegen die Italiener gar nicht viele Worte über Lucic verlieren. „Was auch immer ich sage, wird ihm nicht gerecht“, antwortete Trinchieri auf eine Frage nach Lucics Bedeutung. „Man sieht es an den Gesichtern seiner Teamkollegen, wenn er auf dem Feld steht.“

Der Münchner Mannschaft, die mit Wade Baldwin und Jalen Reynolds zwei wichtige Spieler abgegeben hat, aber mit Darrun Hilliard, Othello Hunter, Corey Walden und Augustine Rubit auch viel Erfahrung verpflichten konnte, fehlt in entscheidenden Phasen noch die Selbstsicherheit der vergangenen Saison. Damals bog sie viele enge Spiele in der Schlussphase noch um – und genau diese Spiele verlor Bayern in den vergangenen Wochen ohne Lucic. Der Serbe strahlt dieses Vertrauen in die eigene Stärke immer aus, auch wenn er gerade erst nach langer Pause zurückgekehrt ist. „Ich habe nach meiner Covid-Erkrankung immer noch ein paar Lungenprobleme, deshalb bin ich nicht mal ansatzweise in Form, aber ich versuche, dem Team zu helfen“, sagte Lucic nach seinem Comeback.

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Es ist durchaus beeindruckend, wie Lucic das Spiel seiner Mannschaft verändert, ihr Stabilität gibt und vorne wie hinten entscheidende Aktionen beiträgt. Nicht umsonst wurde er als erster Spieler einer deutschen Mannschaft in das Team der Saison der Euroleague gewählt. An diesem Donnerstag (20 Uhr, Magentasport) darf er dafür beim Auswärtsspiel seiner Mannschaft gegen Alba Berlin allerdings nicht mit viel Bewunderung rechnen. Vom ersten Schritt auf dem Parkett der Arena am Ostbahnhof bis zum Verschwinden in der Kabine kann sich Lucic den Pfiffen des Publikums gewiss sein. Denn bei den Fans von Alba Berlin ist er seit Jahren so etwas wie der Staatsfeind Nummer eins.

Lucic gehört in die Kategorie Spieler, die man entweder liebt oder hasst – wobei dies in seinem Fall vor allem damit zu tun hat, ob man Anhänger seines Teams ist oder eben nicht. Neben all seinen unstrittigen sportlichen Fähigkeiten – der Übersicht, der Abschlussstärke, der Physis, der Defense – hat Lucic auch eine sehr umstrittene Seite.

Die streitbare Seite des Vladimir Lucic. Hier brüllt er nach seiner Disqualifizierung im letzten Finalspiel der vergangenen Saison auf Schiedsrichter Robert Lottermoser ein.
Die streitbare Seite des Vladimir Lucic. Hier brüllt er nach seiner Disqualifizierung im letzten Finalspiel der vergangenen Saison auf Schiedsrichter Robert Lottermoser ein.

© Camera4+/Imago

Obwohl er zu den zähesten Spielern Europas gehört, lässt sich Lucic regelmäßig schon bei leichteren Kontakten fallen und unterstreicht das mit einer ihm eigenen Theatralik. Man kann das clever nennen, weil er so wichtige Pfiffe provoziert. Man kann das aber auch unsportlich nennen. Welche Deutung bei den Alba-Fans mehrheitlich vertreten ist, lässt sich bei jeder Ballberührung Lucics hören.

Besonders beeindrucken werden sie ihn mit ihren Pfiffen aber nicht. Lucic scheint diese manchmal sogar zu genießen. Außerdem ist in das Duell Alba gegen Bayern bei aller Rivalität mittlerweile auch ein bisschen Routine eingekehrt. 60 Mal haben beide Mannschaften in den vergangenen zehn Jahren gegeneinander gespielt, allein neun Mal in der vergangenen Saison. Bayern besiegte Alba im Pokalendspiel, Berlin schlug München im Finale um die Meisterschaft. Alltägliche Spiele sind die deutschen Duell in der Euroleague dennoch nicht – vor allem, wenn es mal wieder eng zugehen sollte.

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In der Euroleague mit ihren oft umkämpften Spielen sind Prognosen immer schwer, bei Alba gegen Bayern gilt das umso mehr. Die Tendenz der vergangenen Spiele spricht klar für München, allerdings sind gerade die Berliner in dieser Saison sehr wankelmütig unterwegs. Guten Spielen wie am vergangenen Freitag in Belgrad folgt da schon mal eine überraschende Niederlage wie gegen Göttingen am Sonntag. Am Dienstag in Piräus präsentierte sich Alba schon wieder viel besser, auch wenn es trotz einer starken Aufholjagd nicht für einen Sieg reichte.

Der einfache Blick auf die Tabelle lässt ein sehr ausgeglichenes Duell erwarten. Beide Teams haben zwei Mal gewonnen und vier Mal verloren, sie trennen nur drei Punkte. Während die Bilanz für die Münchner, die nach der überragenden Vorsaison wieder in die Play-offs wollen, deutlich zu wenig ist, liegt Alba damit mehr oder weniger im Soll. Nach den letzten zwei Niederlagen würde den Berlinern ein Sieg aber sehr gut tun – erst recht gegen den nationalen Rivalen und Vladimir Lucic.

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