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Sport: Von unten nach vorne

Der Zweitligastürmer Patrick Helmes vom 1. FC Köln steht heute vor seinem Länderspieldebüt

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Die Beteiligten lobten die freundliche Atmosphäre, Außenstehende fürchteten eher, das Abendessen könnte ein Fall für den Sektenbeauftragten gewesen sein. Das Ehepaar Daum hatte Patrick Helmes und seine Eltern geladen, und obwohl sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit tafelten, munkelt man in Köln, dass der Trainer des örtlichen FC seinen Stürmer bei dieser Gelegenheit einer Gehirnwäsche unterzogen habe. Anschließend jedenfalls verkündete Helmes, er sei ins Grübeln geraten, ob er nicht doch in Köln bleibe. Wie immer Christoph Daum dies geschafft haben mag: Sein verschärfter Einsatz ist mehr als angebracht.

Schon heute Abend, nach dem Fußballländerspiel gegen Dänemark, könnte Patrick Helmes, der Stürmer aus der Zweiten Liga, sich Nationalspieler nennen dürfen, und was sich auf den ersten Blick gegen einen Verbleib in Köln verwenden ließe, spricht zumindest nicht mehr für einen Wechsel zu Bayer Leverkusen. Der 23 Jahre alte Stürmer hatte seine Sehnsucht nach der Bundesliga unter anderem damit begründet, dass er auch einmal für die Nationalmannschaft spielen wolle.

Aber darf eine Mannschaft, die sich als nationale Elite begreift, überhaupt auf zweitklassige Kräfte zurückgreifen? „Übergangsweise ist das kein Problem“, sagt Oliver Bierhoff. „Er sollte nur nicht immer in der Zweiten Liga spielen.“ Die Erfahrung in der Unterklassigkeit könne hilfreich sein, glaubt der Manager der Nationalmannschaft. Jedenfalls bewertet er die 20 Tore, die er für den italienischen Zweitligisten Ascoli schoss, als größere Leistung als die 27 für Udine, mit denen er Torschützenkönig der Serie A wurde: „In der Zweiten Liga hatte ich nicht die Zuspiele, die du als Stürmer brauchst.“

Auch Helmes ist in der Bundesliga nicht weiter aufgefallen, erst eine Klasse tiefer erregt er größeres Aufsehen. In elf Spielen erzielte er zehn Tore, und in Köln glauben viele, dass der FC heute ganz anders dastünde, wenn Helmes nicht viereinhalb Monate ausgefallen wäre. „Im Abschluss ist er sehr zielstrebig, vor dem Tor eiskalt“, sagt Hans-Dieter Flick, Kotrainer der Nationalmannschaft. Das hört sich verdächtig nach Lukas Podolski an, der ebenfalls in Köln begann und als Zweitligaspieler für die Nationalmannschaft auflief. Bei seinem Debüt aber spielte Köln ausnahmsweise mal erstklassig – Podolski stieg als Nationalspieler ab wie auch Stefan Effenberg (AC Florenz) und Siegfried Held (Kickers Offenbach). Aus der Zweiten Liga direkt zu Deutschlands Besten haben es bisher nur Ferdinand Keller (siehe Interview unten) und Paul Freier (VfL Bochum) geschafft.

„Wir haben ihn nominiert, weil wir einfach sein Potenzial sehen“, sagt Flick. Wie Roberto Hilbert, Simon Rolfes, Stefan Kießling und Gonzalo Castro gehört auch Helmes zu den Spielern, „die 2010 oder 2012 auf dem Niveau sind, auf dem wir sie sehen möchten“, sagt Flick. Es ist bemerkenswert, in welchen zeitlichen Dimensionen der DFB inzwischen denkt. Es wird behauptet, dass die Planung bei Erich Ribbeck nicht über den Anpfiff für das nächste Länderspiel hinausging.

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