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Warum die NFL nach Berlin kommt: „Wir wollen die erste wirklich globale Sportliga werden“
Am 9. November wird Berlin erstmals Schauplatz eines regulären Saisonspiels der National Football League. Den Fans wird in der Stadt einiges geboten – nicht nur am Spieltag selbst.
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Bei Hertha BSC müssen sie sich schon mal umstellen. Weil die National Football League (NFL) am 9. November erstmals für ein reguläres Saisonspiel im Berliner Olympiastadion Station macht, wird die Heimstätte des Fußball-Zweitligisten ein paar kosmetische Korrekturen erhalten.
Die Kabinen für die beiden NFL-Teams von den Indianapolis Colts und den Atlanta Falcons sind viel größer als die von Hertha und den Gästen, die für ein Fußballspiel nach Berlin kommen. Immerhin hat so eine Football-Mannschaft 56 Spieler, die alle Platz finden müssen – und mit ihrer Footballausrüstung auch nirgendwo hängen bleiben sollen. Tatsächlich wurden deswegen eigens die Türen zu den Umkleiden vergrößert.
So ein NFL-Spiel ist eine Herausforderung für alle. „Die ganze Welt wird auf uns gucken“, formuliert es Timo Rohwedder, Geschäftsführer der Olympiastadion Berlin GmbH.
Und damit am Sonntag in einer Woche auch nichts schiefgeht, laufen die Vorbereitungen auf dieses eine NFL-Spiel bereits seit Anfang des Jahres. Die Länge des Platzes muss zum Beispiel angepasst werden von 105 auf 117 Meter, die Stangen für die Kicker der Field Goals aufgebaut werden.
Wenn wir den Schritt in eine neue Stadt machen, soll es nicht nur um das Spiel gehen.
Alexander Steinforth, General Manager der NFL Deutschland
Längst ist das Spiel ausverkauft, rund 72.000 Zuschauer haben bei der Ticketvergabe das große Los gezogen. Dabei werden Berliner nicht unbedingt die Mehrheit im Stadion bilden, denn: „Das Interesse ist breit gestreut. Es werden auch viele internationale Besucher kommen, vor allem aus den USA und Europa“, sagt Alexander Steinforth, der Deutschland-Chef der NFL.
Am Mittwoch hat die Liga zu einer Pressekonferenz geladen, ganz in der Nähe des Brandenburger Tors. Das wird Ende kommender Woche mit dem NFL-Logo bestückt, auf der Rückseite soll auf einem Feld Flag-Football gespielt werden können. „Wenn wir den Schritt in eine neue Stadt machen, soll es nicht nur um das Spiel gehen“, sagt Steinforth.
25 Prozent mehr Hotelbuchungen gibt es für das NFL-Wochenende
Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) ist an diesem Mittwoch auch gekommen. „Danke, dass sich die NFL für Berlin entschieden hat“, sagt sie mit Blick auf Steinforth. Immerhin 12,5 Millionen Euro steuert der Senat bei, damit dieses und zwei weitere Spiele in den Jahren 2027 und 2029 in der Hauptstadt stattfinden können.
Das Gute laut Spranger: „80 Prozent der Investitionen verbleiben in Berlin.“ Konkret gemeint sind damit Schulsportaktionen, der Aufbau von Teams für die kontaktlose und bald olympische Variante Flag-Football. Wobei es in dieser Hinsicht bereits erste Erfolge gibt: „In diesem Jahr sind 3000 Schülerinnen und Schüler mit diesem Sport erstmals in Berührung gekommen“, so Spranger.
In den Mittelpunkt rückt in den kommenden Tagen aber immer mehr das eigentliche Spiel. Von einer um 25 Prozent höheren Bettenauslastung in den Berliner Hotels geht Spranger aus, Gäste aus ganz Deutschland und von noch weiter weg strömen wegen des Duells Colts gegen Falcons in die Stadt. Viele davon, obwohl sie nicht einmal Tickets haben.

© dpa/Soeren Stache
Damit diesen Fans in Berlin nicht langweilig wird, hat die NFL einiges aufgefahren. Insgesamt elf Teams besitzen in Deutschland Marketingrechte, alle sind in der nächsten Woche mit Abordnungen in Berlin vertreten und buhlen um das Interesse der Football-Fans – sei es in Kneipen oder gar in Dönerläden.
Tatsächlich kann es sich lohnen, in den nächsten Tagen einen Döner mit eigener NFL-Serviette zu kaufen. Über einen Code darauf könnte man sogar noch an Tickets kommen. Insgesamt 20 Dönerläden in Berlin machen mit.
Döner kaufen und Tickets für das Spiel gewinnen
Nur: Warum betreibt die NFL einen derartigen Aufwand für ihr Produkt in Deutschland, das schon in den USA selbst Unmengen von Dollars umsetzt? „Wir haben die klare Ambition, die erste wirklich globale Sportliga zu werden“, sagt Steinforth. Deswegen ist der Auftritt in der deutschen Hauptstadt auch mehr als ein Spiel.
Der Entertainment-Faktor ist immens, Steinforth spricht von einem „Mini-Super-Bowl“ und zu dem gehört natürlich auch eine Halbzeitshow. Im Olympiastadion wird am 9. November The Kid Laroi auftreten, der australische Rapper hat Millionen Fans in aller Welt. Wenn schon Football, dann mit allem Drum und Dran.
Kritiker sehen im Gastspiel der NFL in Berlin eine reine Kommerzveranstaltung. Die Liga hingegen verweist auf nachhaltige Effekte, vor allem im Bereich Flag-Football. „Seit es 2022 das erste Spiel in Deutschland gab, haben mehrere ehntausend Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland unser Flag-Football-Programm durchlaufen“, sagt Steinforth.
Wer als Kind und Jugendlicher Football spielen will, steht in Deutschland dennoch oft vor Schwierigkeiten, weil es schlichtweg zu wenig Vereine und Trainer gibt. „Es gibt einfach gewisse Dinge, die können nur Vereine und Verbände lösen“, so Steinforth weiter. Er ist sich aber sicher, dass es immer mehr Spielerinnen und Spieler in Deutschland geben werde. „Für uns ist das erst der Anfang, wir kommen ja 2027 und 2029 wieder nach Berlin. Und ich bin jetzt schon gespannt, wo die Kids dann stehen, die jetzt mit dem Sport angefangen haben.“
Für Herthas Fußballer hat das NFL-Gastspiel übrigens auch noch einen unmittelbaren und durchaus erfreulichen Nebeneffekt: Der Rasen im Olympiastadion wird nach dem 9. November ausgetauscht – damit darauf nach dem wilden Football-Spektaktel auch wieder ordentlicher Zweitliga-Fußball gespielt werden kann.
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