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Englands Wayne Rooney hat noch nie ein WM-Tor geschossen.

© dpa

WM 2014 - England gegen Uruguay: Wayne Rooney - der Verzichtbare

Englands Wayne Rooney hat sein Talent noch nie bei einer WM zeigen können. In Brasilien profitiert er von niedrigeren Erwartungen, trotzdem wird auf der Insel über ihn eifrig debattiert.

Wayne Rooney hat im Spiel gegen Italien seinen Job gut gemacht. Der 28 Jahre alte Offensivspieler von Manchester United wurde nicht als Mittelstürmer, sondern als Linksaußen aufgestellt. Dafür spielte Liverpools Daniel Sturridge – eigentlich der aktuell formstärkere Torjäger – als Neuner. Zum Ausgleichstor gab Rooney die Vorlage. Sturridge traf ins Netz. Alles nach Plan. Zwar hat England das Spiel 1:2 verloren, aber eine spannendere, kreativere Leistung hat kaum eine englische Mannschaft bei einer WM gebracht. Gelobt wurde die Spieler zu Recht. Rooney auch, weil er seinen Job gemacht hat.

Trotzdem ist in der englischen Öffentlichkeit seit dem Italien-Spiel ein großes Rooney-Politikum entstanden. Für viele auf der Insel ist es unverständlich, dass der berühmteste Spieler nicht auf seiner Lieblingsposition spielen soll. Rooney sei der Star, heißt es. Er sei ein Torjäger. Und Trainer Roy Hodgson sei verrückt, Rooney als Linksaußen aufzustellen. Für andere Beobachter verhält es sich genau umgekehrt. Rooney solle weg aus der Startelf, sagen sie. Er spiele keine Rolle mehr.

Phil Neville hat es am besten artikuliert. „England muss bei einer WM immer von einem Spieler besessen sein. Früher war es Gascoigne, dann Beckham, und jetzt Rooney“, sagte der frühere Nationalspieler. Der Kult um den Superstar muss immer da sein, egal ob man jenen Superstar umschmeichelt oder verdammt.

Bislang konnte Rooney mit diesem Druck nicht umgehen. Seit seinem glänzenden Turnierdebüt bei der EM 2004 hat er bei großen Wettbewerben im England-Trikot enttäuscht. Von seinen 39 Toren in 96 Länderspielen erzielte er kein einziges bei einer WM. Ab und zu zeigte er ganz offen, wie sehr er unter dem Superstarhype leidet. Nach dem 0:0 gegen Algerien bei der WM 2010 beschimpfte er die englischen Fans und wurde nicht zum ersten Mal zur kurzfristigen Hassfigur.

Professioneller als je zuvor

Unter Hodgson hat sich die Lage ein bisschen verändert. Zumindest innerhalb des Teams steht Rooney jetzt nicht mehr ganz so im Fokus. Der große Star ist er nicht, sondern lediglich der erfahrenste Mann unter vielen Optionen im Angriff. Rooneys Einstellung hat sich dadurch auch sichtbar gewandelt. Bei diesem Turnier wirkt er professioneller als je zuvor: In dieser Woche hat er sogar zusätzliches Training absolviert, um seinen Platz in der Startelf zu sichern.

Auch auf dem Feld hat er eine größere Wirkung, die in der großen Debatte der letzten Tage oft übersehen wird. Als Linksaußen gegen Italien wurde er weder verschwendet, wie viele meckern, noch war er faul, wie seine Kritiker ihm vorwerfen. Tatsächlich ist er weniger gerannt als seine Mitspieler. Doch er konnte sich so als einziger Engländer bis zur letzten Minute fit halten. Seine Zurückhaltung in diesem Spiel hat England nur geholfen.

Aber auf die Helferrolle wollen die meisten Engländer Rooney nicht beschränken. Als Superstar muss er entweder Held oder Bösewicht sein. Das ärgert langsam nicht nur ihn, sondern auch seine Mitspieler. „Dieses Bestreben, Wayne immer ins Rampenlicht zu stellen, hilft uns nicht“, hat Frank Lampard zuletzt gesagt. Auch Rooney hat öffentlich den medialen Umgang mit seiner Person angeprangert.

Rooney ist so verzichtbar wie Jimmy Greaves

Am wenigsten belastet der ganze Wirbel Trainer Roy Hodgson. Er verlangt von Rooney, was er braucht, konzentriert sich aber auf die Mannschaft. Das hat Rooney bisher anscheinend den Druck genommen, und ihm mental und fußballerisch geholfen. Jetzt muss er nur weiterhin zeigen, dass er mit dieser eher zurückhaltenden Rolle umgehen kann. Er muss zeigen, dass er die Übertreibungen um seine Person und die Sehnsucht nach seinem ersten WM-Tor weiterhin zur Seite legen kann. Zwar bleibt er Englands begabtester – und vielleicht auch flexibelster – Spieler. Unverzichtbar ist er aber nicht mehr.

Das ist auch gut so. Die Engländer denken wie immer an 1966. Damals strich Trainer Alf Ramsey seinen berühmtesten Stürmer Jimmy Greaves aus der Startelf. Eine Entscheidung für das Team zulasten des Superstars. Greaves’ Ersatz war Wembleytorschütze Geoff Hurst.

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