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Zwischen Leipzig und Schalke: Hertha BSC hat sich in eine schwierige Situation manövriert
Immer wieder verhindern Kleinigkeiten bei Hertha den Erfolg. Und als nächstes treffen die Berliner auf den Vorletzten der Tabelle.
Stand:
Fredi Bobic erlaubte sich einen Scherz beim Thema Investor. „Wenn man heute einen Spaß machen kann nach dem Spiel, kann man sagen, für einen Euro nehmen wir alles zurück. Das ist gar kein Problem“, sagte der Sportgeschäftsführer von Hertha BSC im „Aktuellen Sportstudio“ zu den Anteilen, die Lars Windhorst den Verein zum Rückkauf angeboten hat – für 374 Millionen Euro. Bobic schob zur Ein-Euro-Idee hinterher: „Das wird sicherlich nicht passieren.“
Bobic sagte weiterhin, dass der Verein immer die Kommunikation mit Windhorst und der Tennor-Gruppe suchen werde, „das haben wir die ganze Zeit gemacht in den letzten Wochen.“ Und: „Wir denken erstmal an Fußball. Was in dieser Causa passiert, da wird sich unser Präsidium zu äußern, zu gegebenem Zeitpunkt.“
Zum Fußball äußerte sich Bobic im ZDF auch. „Die Jungs haben eine Supermoral gezeigt“, sagte er über Herthas Spiel bei RB Leipzig, das 2:3 verloren ging. Zur Halbzeit sahen die Berliner beim Stand von 0:3 wie der sichere Verlierer aus, weil sie „unglückliche und dumme Tore“ (Bobic) kassiert hatten.
In der vorigen Saison hätte das aller Wahrscheinlichkeit nach zu weiteren Gegentoren geführt. Inzwischen nicht mehr. In der atemberaubenden letzten halben Stunde war alles möglich. Allein ab der 80. Minute gab es auf beiden Seiten zusammengenommen mehr als ein halbes Dutzend Großchancen. So scheiterte etwa Chidera Ejuke allein vor RB-Torwart Janis Blaswich und Wilfried Kanga traf den Pfosten.
In den vorigen Wochen bekam Hertha nach den zahlreichen Unentschieden viel Lob. Das wiederholte sich auch jetzt nach der Niederlage. „Sandro kann stolz sein auf seine Truppe“, sagte Leipzigs Trainer Marco Rose.
Schwarz war in der Tat stolz auf die Spieler: „Ich liebe sie für das, was sie gebracht haben.“ Nach Abpfiff zeigte sich der Trainer vor dem Gästeblock emotional wie bisher noch nie bei Hertha.
Ich liebe sie für das, was sie gebracht haben.
Hertha-Trainer Sandro Schwarz über die Leistung seiner Spieler in Leipzig.
Allerdings hat die Sache auch eine andere Seite, belegt durch die Tabelle: Acht Punkte nach zehn Spielen, nur ein Sieg, Platz 15. „Das ist eine Tabellenregion, die nicht schön anzusehen ist. Wir haben das eine oder andere Unentschieden zu viel. Das nervt bei den Ergebnissen“, sagt Schwarz.
Vier Punkte holte Hertha in den letzten fünf Spielen. Gut und gern sechs mehr hätten es sein können. Dies verhinderte eine irrwitzige Mischung aus Pech mit Schiedsrichterentscheidungen, individuellen Fehlern und Unaufmerksamkeiten am Schluss.
Der einzige Saisonsieg stammt von Anfang September. Bei wohl keiner anderen Mannschaft in der Fußball-Bundesliga geht die Schere zwischen Leistung und Ertrag so weit auseinander.
Das weiß der Trainer, das weiß das Team. „Wir gehen kritisch damit um. Es ist nicht so, dass wir zufrieden und glücklich im Bus gesessen und gedacht haben: Super, wie wir zurückgekommen sind. Wir ärgern uns in erster Linie darüber, dass wir den Lucky Punch nicht gesetzt haben“, sagte Schwarz über die Stimmung nach der Partie in Leipzig.
Hertha ist in eine schwierige Situation geraten. Das Heimspiel am Sonntag gegen Aufsteiger Schalke 04 – vier Niederlagen am Stück mit 2:11 Toren – wird von vielen Seiten als sogenanntes Muss-Spiel angesehen, um die trotz des Tabellenstandes gute Stimmung rund um den Klub nicht zu gefährden.
Schwarz kennt die Erwartungshaltung der Fans für das Spiel gegen Schalke, vermeidet aber das Wort müssen: „Wir wollen gewinnen.“ Ein Gefühl dürfe sich bei den Spielern auf keinen Fall einstellen: Nach den Auftritten zuletzt ist Hertha einfach mal dran. Schwarz hat da nach eigenen Worten wenig Sorge: „Das Urvertrauen in die Jungs ist riesig. Ich mache mir keine Gedanken, dass die Stimmung kippen könnte.“
Wie intakt die Mannschaft ist, verdeutlichte eine Szene von Dodi Lukebakio in der Endphase in Leipzig. In früheren Saisons wirkte es mitunter, als würde der Stürmer Defensivarbeit eher als unverbindliche Empfehlung des jeweiligen Trainers ansehen. Nun spurtete er in die eigene Hälfte zurück und verhinderte einen sicheren Treffer, als er Christopher Nkunkus Schuss blockte. Was ihm den Jubel der Berliner Ersatzspieler neben dem Tor einbrachte.
Schwarz fand, die Aktion sage viel über die Mannschaft aus, merkte jedoch an: „Auch in der ersten Halbzeit brauchen wir diesen Dodi. Das habe ich ihm schon gesagt.“ Gemeint war die Phase, in der es an Entlastung fehlte und die Gegentore fielen. Dafür war nicht nur Lukebakio, sondern das ganze Team verantwortlich. Doch es zeigte: Ein bisschen was fehlt immer noch bei Hertha BSC.
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