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Bildungsmarkt am „Tag der freien Schulen“

© Thilo Schoch

Einsatz für Vielfalt und Demokratie: Wie präsentieren sich Berlins freie Schulen?

Auf dem Ehrenhof der Humboldt-Universität begann am Sonntag der „Tag der freien Schulen“. Es folgen noch zwei weitere Veranstaltungen.

Stand:

Das Wetter ist herrlich, die Kulisse beeindruckend, die Stimmung aufgeräumt: An so einem Tag kann man leicht alle Finanzprobleme vergessen, die die Schulen in freier Trägerschaft belasten und über die der Tagesspiegel ausführlich berichtet hat.

Beim alljährlichen Bildungsmarkt des „Tags der freien Schulen“ geht es weniger ums Geld als ums Inhaltliche: Bildungskonzepte, neue Ideen, Austausch mit Eltern und potenziellen Mitarbeitenden.

Am Sonntag präsentierten sich an 17 Ständen Dutzende von insgesamt rund 140 allgemeinbildenden freien Schulen Berlins im Ehrenhof der Humboldt-Universität, unter den wohlwollenden Blicken des Physikers Hermann von Helmholtz, dessen Standbild in der Mitte des Hofes steht.

Beeindruckende Kulisse: der Ehrenhof der Humboldt-Universität

© Thilo Schoch

Die Bandbreite reichte von der Klax- bis zur Kant-Schule, von der Katholischen Schule St. Marien bis zur Berlin Cosmopolitan School, von der dreieins-Gundschule Berlin-Kaulsdorf bis zum Phorms-Campus Berlin.

Insgesamt sind in Berlin fast 42.000 Kinder und Jugendliche in Schulen in freier Trägerschaft eingeschrieben, etwa zehn Prozent der Schülerschaft. Der „Tag der freien Schulen“, der seit über 20 Jahren stattfindet und von der Arbeitsgemeinschaft freier Schulen Berlin (AGFS) organisiert wird, besteht aus drei Teilen: dem Bildungsmarkt, einer Bildungsdebatte am 15. Oktober und einer Gala am 10. November.

Dass die freien Schulen in Berlin sich auf diese Weise zusammengetan hätten und über die AGFS gemeinsam sichtbar würden, sei ein Spezifikum in Berlin, sagt Julian Scholl von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen Berlin-Brandenburg.

Schreibspiele am Stand der Internationalen Montessori-Schule (Wannsee)

© Dorothee Nolte

Jede freie Schule hat ihr spezielles Profil, aber eins eint sie, so Joachim Schmidt vom Erzbistum Berlin: die Wertschätzung von Vielfalt, von respektvollem Austausch und Dialog. Damit seien die freien Schulen auch wichtig für die Demokratieförderung. Schließlich werden sie in diesem Jahr, zusammen mit dem Grundgesetz, 75 Jahre alt: Die Privatschulfreiheit ist im Grundgesetz verankert.

Auf dem Markt vor der Humboldt-Universität wird diese Vielfalt deutlich. Die „Schule Eins“ in Pankow, Gemeinschaftsschule mit den Jahrgängen 1 bis 13, bietet zum Beispiel jahrgangsübergreifende „Lebenswelten“-Kurse an: Hier lernen die Kinder und Jugendlichen etwa im Tonstudio oder in Werkstätten verschiedene Lebens- und Arbeitsbereiche kennen, unterrichtet werden sie von Lehrkräften und Externen.

Kurse in „Lebenswelten“: die Schule Eins in Pankow

© Dorothee Nolte

Früher, erzählt Jana Sommerfeld, pädagogische Leiterin der „Schule Eins“, hätten sie beim Bildungsmarkt vor allem über ihre Arbeit informieren und Schüler gewinnen wollen. Heute sei ein Ziel hinzugekommen: potenzielle Lehrkräfte, etwa für Mathe und Physik, zu finden.

Am Stand der „Freien Schule Anne Sophie“, die seit 2011 in Zehlendorf als Bildungseinrichtung der Stiftung Würth arbeitet, stehen Andrew Rockenstein und Heike Gottstein, beide tragen ein Schildchen mit dem Titel „Lernbegleiter“.

Lernbegleiter: Heike Gottstein und Andrew Rockenstein

© Dorothee Nolte

„Wir nennen uns nicht Lehrer, sondern Lernbegleiter“, sagt Gottstein. „Jeder von uns ist auch Coach für eine Anzahl von Kindern, mit denen wir regelmäßig in Einzelgesprächen zusammenkommen und fragen: Wie geht es in der Schule, zu Hause, mit den anderen Schülern? Es ist wichtig, sich Zeit für die Kinder zu nehmen.“

Besonderer Fokus auf Medienkompetenz

Besonderen Wert legt die deutsch-englisch bilinguale Schule auf Medienkompetenz, das Kollegium ist international, Andrew Rockenstein kommt aus den USA, andere Lehrkräfte –  pardon, Lernbegleiter – aus Argentinien oder Kanada.

An der Berthold-Otto-Schule in Lichterfelde lernen Kinder von der ersten bis zur zehnten Klasse in kleinen Gruppen, die Klassenstärke beträgt maximal 15 Schüler. „Unsere Grundschule hat einen musikalischen Schwerpunkt, wir versuchen die Musik in den Alltag und auch in die anderen Fächer zu integrieren“, erzählt Schulleiterin Anke Hinrichs.

Da wird dann im Matheunterricht ein Zahlen-Lied gesungen, und einmal im Jahr fahren alle Grundschüler auf Klassenreise und proben für eine musikalische Aufführung.

Musik in den Alltag integrieren: das Team der Berthold-Otto-Schule

© Dorothee Nolte

Damit die vielfältigen Ansätze der freien Schulen fruchten können, braucht es mehr finanzielle Unterstützung, findet Barbara John, Ehrenvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. „Es muss eine Verbesserung ihrer Ausstattung geben, um auch mehr Bildungserfolge von Kindern mit Fluchterfahrung zu gewährleisten“, schreibt sie in einem Grußwort zum Tag der freien Schulen.

Das Canisius-Kolleg in Tiergarten bemüht sich genau darum, erläutert Schulleiter Jan Bernhardt: „Wir sind ein Gymnasium ab der fünften Klasse, aber wir haben unter unserem Dach auch eine Integrierte Sekundarschule für Jugendliche mit Flucht- und Migrationserfahrung.“ Schüler, die hier die Willkommensklasse der 7. und 8. Jahrgangsstufe besucht haben, können danach in die ISS übergehen und den Mittleren Schulabschluss oder Abitur machen.

Diese Schüler werden dem Canisius-Kolleg vom Bezirksamt zugeteilt und zahlen kein Schulgeld. Sie haben Sport-, Kunst- und Musikunterricht gemeinsam mit den Schülern des Gymnasiums, erhalten aber in den anderen Fächern einen auf sie zugeschnittenen Unterricht. „Es wäre für viele zu schwer, wenn sie nach den Willkommensklassen sofort zum Beispiel dem regulären Chemie-Unterricht auf Deutsch folgen müssten“, sagt Bernhardt.

Und ist stolz: Die ersten Schüler, die die 2019 gegründete ISS besucht haben, haben bereits Abitur gemacht.

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