zum Hauptinhalt
Messtelle am Groß Glienicker See

© Kevin Fuchs

Einstein Research Unit „Climate and Water under Change“: Wie wirkt der Klimawandel auf Berliner Seen?

Im Interview spricht Meteorologe Uwe Ulbrich über die Arbeit seiner Forschungseinheit zwischen unverstandenen Phänomene, Starkregen und Konkurrenzdenken.

Von Sybille Nitsche

Stand:

In der Einstein Research Unit „Climate and Water under Change“, kurz „CliWaC“, wurden drei Jahre lang die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt in der Region Berlin-Brandenburg untersucht. Was sind wichtige Ergebnisse dieses Forschungsprojekts von FU, HU, TU Berlin und der Charité, dessen Co-Sprecher Sie sind, und das von der Berlin University Alliance gefördert wurde?
Eines der wichtigsten praktischen Ergebnisse ist, dass die Starkregengefahrenkarten für Berlin mittlerweile öffentlich zugänglich sind. Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt hatte dies aus Datenschutzgründen bislang abgelehnt. Ein im „CliWaC“-Projekt erstelltes Rechtsgutachten argumentierte, dass Transparenz und Vorsorge im Hinblick auf den Schutz der Bevölkerung vor Extremwetter gegenüber dem Datenschutz Vorrang haben müssen. Diese Argumentation überzeugte die Senatsverwaltung. Seit Januar 2024 sind die Karten nun online verfügbar.

Wir konnten auch errechnen, dass sich aufgrund des Klimawandels die Intensität eines Jahrhundertregens um 40 Prozent in der Region Berlin-Brandenburg erhöhen kann. Für unser Untersuchungsgebiet Gleimtunnel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg bedeutete dies, dass dort das Wasser in der nahen Zukunft von 0,6 Meter auf 1,0 Meter steigen würde. Begrünte man alle Dächer in der Gleimtunnel-Gegend, wäre der Anstieg bei Hochwasser um 20 Prozent geringer. Auch dies sind Ergebnisse der „CliWaC“-Forschungen.

Ein Ziel war es auch, zu verstehen, warum der Groß Glienicker See dramatisch mehr Wasser verliert als der nur zwei Kilometer südlich gelegene Sacrower See. Kann dieses Phänomen nun erklärt werden?
Ja. Es sind unter anderem die hydrogeologischen Untergründe, die für den unterschiedlichen Nachschub der beiden Seen mit Grundwasser verantwortlich sind. Die sinkenden Wasserspiegel beider Seen hängen zudem mit einer zunehmenden Verdunstung und einer veränderten Verteilung der Niederschlagsmengen ab. Denn im Jahresmittel gibt es keine Abnahme der Niederschläge in der Region.

Die Vermutung, dass die Entnahme von Wasser durch Wasserbetriebe und Anwohner den sinkenden Wasserspiegel des Groß Glienicker Sees verursachen, ist danach nicht haltbar. Aber neben diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen gab es noch ein anderes wichtiges Resultat.

Welches denn?
Aus meiner Sicht haben wir mit der Berlin University Alliance den nicht produktiven Konkurrenzgedanken zwischen den drei Berliner Unis überwunden. Ich bin begeistert, wie es uns in „CliWaC“ gelungen ist, ein Thema zu finden, dass durch die Expertise aller drei Universitäten von den Naturwissenschaften über die Ingenieurwissenschaften bis hin zu den Sozialwissenschaften und Jura umfassend bearbeitet werden konnte.

Die beteiligten Forscherinnen und Forscher haben sich mit großer Lust dem gegenseitig befruchtenden Austausch gewidmet. Auch sind sich Wissenschaft, Berliner Verwaltung und Bevölkerung auf dem Gebiet der Anpassung der Region an die Folgen des Klimawandels nähergekommen. Dieser Austausch muss unbedingt fortgeführt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })