
© HTW Berlin/Alexander Rentsch
„Wir sind kein Elfenbeinturm“: Wie an der HTW Berlin Restauratoren ausgebildet werden
Was Jahrhunderte im Boden gelegen hat, landet in ihren Laboren: Im Studiengang Konservierung und Restaurierung lernen Studierende, wie man mit archäologischen Bodenfunden umgeht.
Stand:
Zum Beispiel ein Messerchen mit Holzgriff. „Vor zwanzig Jahren hätte sich kaum jemand dafür interessiert, ob an dem Griff noch organische Reste etwa von Textilien oder Leder haften“, sagt Alexandra Jeberien. „Heute können wir solche Anhaftungen deutlich besser untersuchen und daraus schließen, wie das Messer getragen wurde oder wie die Kleidung der Träger aussah.“
Alexandra Jeberien ist Professorin für Konservierung und Restaurierung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Sie bildet die Restauratorinnen und Restauratoren der Zukunft aus, und die müssen stets auf der Höhe der Zeit sein, um mit neuesten Methoden auf Fragen reagieren zu können, die die Archäologie und die Museumswelt an Bodenfunde stellen.

© HTW Berlin/Christoph Eckelt
Denn alles, was seit Jahrhunderten im Boden liegt, kann in den Laboren der Restauratoren landen – und damit umzugehen, erfordert größte Sachkenntnis. Zu erwerben sind diese Kenntnisse, soweit sie archäologisches Kulturgut betreffen, nur an der HTW Berlin und daneben an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.
Die Haptik, die Materialität spielen eine große Rolle.
Alexandra Jeberien, Professorin an der HTW
Die HTW Berlin nimmt auf ihrem Campus Wilhelminenhof in Oberschöneweide ungefähr 40 Studierende pro Jahr in den Bachelor-Studiengang „Konservierung und Restaurierung/Grabungstechnik“ auf, immer zum Wintersemester. Sie verteilen sich auf vier Studienschwerpunkte: „Archäologisch-Historisches Kulturgut“, „Audiovisuelles und Fotografisches Kulturgut“, „Grabungstechnik/Feldarchäologie“ sowie „Moderne Materialien und Technisches Kulturgut“.
Alexandra Jeberiens Studierende befassen sich mit archäologischem Kulturgut, also Objekten aus Eisen, Bronze, Leder, Textil, Holz, Keramik, Glas oder Knochen, die ihre Kommilitonen aus dem Studienschwerpunkt „Grabungstechnik/Feldarchäologie“ bei Grabungen wie am Molkenmarkt aus dem Boden bergen.
„Es ist gut, dass Grabungstechniker und Restauratoren bei uns zusammen ausgebildet werden“, sagt Jeberien. „Bei Praktika und in den Laboren lernen sie die Arbeitswelt der jeweils anderen kennen. Später kann dann eine Grabungstechnikerin bei der Restauratorin anrufen und zum Beispiel fragen, wie ein bestimmtes Objekt am besten vor der Bergung gesichert oder transportiert werden sollte.“
Viele ihrer Studierenden sind Quereinsteiger – ebenso wie Jeberien selbst, die nach dem Abitur zunächst ein Biologiestudium aufgenommen hatte und dann entdeckte, dass sie ihre vielseitigen Interessen im Fach Restaurierung besser verbinden kann.

© HTW Berlin/Alexander Rentsch
Einige Studierende haben bereits eine handwerkliche Ausbildung hinter sich, etwa als Goldschmiedin, Stukkateur oder Zahntechnikerin. „Andere haben zuerst ein Archäologie-Studium begonnen und waren dann enttäuscht, dass man da viel in Bibliotheken sitzt“, erzählt Jeberien. „Sie möchten mit den Objekten selbst arbeiten, die Haptik, die Materialität spielt eine große Rolle.“
An jedem Objekt stellen sich neue Fragen
Neben Geduld und Sorgfalt, manuellem Geschick und künstlerischem Talent sind Interesse für naturwissenschaftliche und technische Prozesse und Kenntnis historischer Zusammenhänge unabdingbar. Ein sehr vielseitiges Studium.
Jeberien empfiehlt ihren Studierenden, sich möglichst breit aufzustellen und nicht etwa nur mit ihren jeweiligen Lieblingsmaterialien, etwa Glas oder Metall, zu arbeiten. An jedem Objekt stellen sich neue Fragen: Wie kann es optimal und schonend gereinigt, gesichert, gefügt, gegebenenfalls ergänzt und langfristig erhalten werden?
Sieben Semester dauert der Bachelorstudiengang; wer sich für Führungs-oder Forschungsaufgaben qualifizieren möchte, kann mit einem dreisemestrigen Master-Studiengang fortsetzen.
Die Berufsaussichten sind sehr gut. „Gerade findet ein Generationenwechsel statt, es werden viele Stellen frei“, sagt Jeberien. Dass das Publikum im Petri die Restauratoren bei der Arbeit beobachten kann, findet sie gut: „Restaurierung ist kein Elfenbeinturm, in dem man sich vor der Welt versteckt“, sagt sie.
„Wir befassen uns mit sehr aktuellen Themen, unter anderem mit Nachhaltigkeit, Wertstoffkreisläufen und klimafreundlicher Lagerung von Objekten, und wollen der Öffentlichkeit zeigen, dass wir einen sehr wichtigen Beitrag zum Erhalt von Kulturgütern leisten.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false