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Zweifel an Mammografie-Screening: „Die Strahlenbelastung ist viel geringer als das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken“
Der Berliner Radiologe Florian Engelken über unbegründete Ängste vor der Untersuchung und wie man mehr Frauen dazu bewegen kann, an ihr teilzunehmen.
Stand:
Herr Engelken, alle zwei Jahre werden Frauen im Alter von 50-75 Jahren eingeladen, am Mammografie-Screening teilzunehmen. Wie viele kommen der Einladung nach?
Zum Screening erscheinen aktuell bundesweit 51 Prozent der angeschriebenen Frauen. Die Tendenz ist leicht steigend; allerdings nur sehr langsam. Darüber hinaus wird noch eine ganze Reihe von Frauen von ihrem Frauenarzt zur Mammografie geschickt. Diese genaue Zahl ist schwer zu beziffern; insgesamt erhält die Mehrzahl der Frauen im Screeningalter regelmäßige Mammografien.
Was sind die Gründe, warum Frauen das Angebot des Screenings nicht wahrnehmen?
Ein möglicher Grund ist, dass Frauen Angst vor Schmerzen durch die Kompression während des Screenings haben. Um die Brust zu untersuchen, muss das Brustgewebe während der Mammografie für kurze Zeit fest zwischen zwei Platten zusammengedrückt werden.
Dadurch wird das Gewebe besser verteilt und die Bildqualität deutlich besser. Frauen, die sehr druckempfindliche Brüste haben, können die Kompression tatsächlich als sehr unangenehm empfinden. Man muss allerdings dazusagen, dass die Kraft, die dabei auf die Brüste einwirkt, vorher ganz genau gemessen wird und so keine bleibenden Schäden entstehen können.
Was können Frauen mit schmerzempfindlichen Brüsten tun?
Wenn ich weiß, dass ich sehr schmerzempfindlich bin, kann ich vor der Untersuchung Bescheid geben – in einem gewissen Rahmen kann die Röntgentechnologin darauf Rücksicht nehmen. Bei wirklich großer Angst vor Schmerzen kann man auch ein gängiges Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol nehmen. Etwas Stärkeres würde ich allerdings nicht empfehlen. Das Ergebnis wird von solchen Schmerzmitteln nicht beeinflusst.
Was sind weitere Gründe, weshalb Frauen nicht zum Mammografie-Screening erscheinen?
Es gibt auch Frauen, die sehr große Angst vor dem Ergebnis des Screenings haben, die also Angst vor Krebs haben und sehr nervös sind. Da ist es natürlich überhaupt nicht sinnvoll, das Mammografie-Screening zu vermeiden.
Das hat etwas von „den Kopf in den Sand stecken“. Mal angenommen, man ist tatsächlich krank, dann wird es ja nicht besser, nur weil man nicht hinschaut und es nicht wahrhaben will. Das ist die völlig falsche Strategie.
Gibt es auch Frauen, die die Vorsorge zu sehr auf die leichte Schulter nehmen, etwa weil es keine familiären Vorbelastungen gibt?
Das sind ja die Frauen, die wir nicht sehen. Es kommen aber durchaus auch Frauen, die jahrelang nicht teilgenommen haben und sich nun umentschieden haben. Ein anderer Grund, weshalb Frauen nicht kommen, ist auch die Angst vor Röntgenstrahlen. Die Strahlenbelastung bei der Mammografie ist hier aber sehr gering – besonders im Vergleich zum Risiko, an Brutkrebs zu erkranken.
Bedeutet das, dass es weniger gefährlich ist, sich den Röntgenstrahlen auszusetzen, als nicht zum Screening zu erscheinen?
Das Nutzen-Risiko-Verhältnis liegt hier bei über 100. Das wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz errechnet, weil die Mammografie das Risiko an Brustkrebs zu sterben, nachweislich senkt.
Insofern ist es absolut unlogisch, aus Angst vor einem durch Röntgenstrahlen ausgelösten Brustkrebs – was extrem unwahrscheinlich ist – auf die Mammografie zu verzichten, denn dann ist das Risiko, an Brustkrebs zu sterben, höher, nicht niedriger.
Würden sich andere Methoden wie Ultraschall nicht als Ersatz eignen?
Für Frauen mit einem normalen Erkankungsrisiko gibt es kein alternatives, geeignetes bildgebendes Verfahren. Ultraschall oder MRT eignen sich nicht als primäre Erkennungsmethode; beide schlagen zu häufig falschen Alarm.
MRT kommt zum Einsatz, wenn ein sehr hohes Risiko besteht, Ultraschall, wenn man eine Auffälligkeit wie zum Beispiel einen Tastbefund hat.
Wird etwas getan, um das Röntgen-Verfahren angenehmer zu gestalten?
Wir haben vor ein paar Jahren neue, anatomisch geformte Kompressionspaddel eingeführt. Die sind etwas angenehmer, weil die abgerundete Paddelform die Lastspitzen an der Brust verringert. Das macht die Kompression ein wenig angenehmer.
Versetzt Mammografie-Screening Frauen unnötig in Aufregung?
Ich denke nicht. Man sollte die Untersuchung nicht so hoch aufhängen. Die Wahrscheinlichkeit, hier wirklich eine Krebsdiagnose zu bekommen, ist sehr klein. Um das in Perspektive zu setzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass man tatsächlich einen Tumor findet, liegt bei der Erstuntersuchung in etwa bei 8:1000, bei Folgeuntersuchungen ist sie noch kleiner.
Kann es auch sein, dass Frauen sich aufgrund eines ersten positiven Ergebnisses in falscher Sicherheit wiegen?
Das wäre auf jeden Fall ein falscher Schluss. Nur weil zu einem bestimmten Zeitpunkt etwas gut ist, muss das nicht zukünftig auch so sein.
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