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Ein 17-Jähriger benutzt am 01.04.2015 in Würzburg das iPhone 6. Foto: Karl-Josef Hildenbrand /dpa (zu 5. Berliner Mediensucht-Konferenz vom 13.11.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Tiktok-Videos: Irreführende Gesundheits-Informationen

Die Social-Media-Plattform TikTok dient oft der Unterhaltung, viele Menschen informieren sich aber auch auf diese Weise. Mediziner haben die Qualität ihrer Angaben zu Affenpocken nun analysiert.

Von Alice Lanzke, dpa

TikTok-Videos mit Gesundheitsinformationen zu Affenpocken bieten häufig unvollständige und ungenaue Angaben: So lautet das harsche Urteil einer Mediziner-Analyse, die im Fachblatt „BMJ Global Health“ veröffentlicht ist. Darin warnt das internationale Team vor irreführenden Inhalten und davor, dass diese auch Bemühungen zur Verhinderung und Bewältigung von Krankheitsausbrüchen behindern könnten. Umso wichtiger seien Leitlinien für Gesundheitsinformationen in sozialen Netzwerken. Zudem sollten mehr Ärztinnen und Ärzte vor die Kamera treten.

Konkret suchten die Studienautoren mithilfe von zwölf entsprechenden Hashtags nach relevanten TikTok-Videos, die vom 1. Januar bis 11. August 2022 zu Affenpocken (Mpox) hochgeladen worden waren. Zu dieser Zeit war noch relativ wenig über die durch ein Virus verursachte und meist mild verlaufende Infektionskrankheit bekannt. Unter den knapp 2500 Treffern konzentrierten sich die Mediziner auf diejenigen in englischer Sprache und mit pädagogischem Inhalt, sodass am Ende 85 Clips für die Analyse zur Verfügung standen.

Als Qualitätskriterium dienten dabei validierte Instrumente zur Bewertung von Gesundheitsinformationen, darunter die Discern-Kriterien für gute Patienteninformationen sowie die Qualitätskriterien des „Journal of the American Medical Association“ (Jama), zu denen Zuverlässigkeit, Plausibilität, Transparenz und Nützlichkeit gehören. In beiden Fällen erreichten die Videos im Schnitt etwas weniger als die Hälfte der Gesamtpunktzahl.

11.015 Likes pro Video

Grundsätzlich, so die Mediziner, stießen gesundheitsbezogene Inhalte auf TikTok auf ein hohes Publikumsinteresse. Tatsächlich erzielten die untersuchten Videos über Affenpocken, die durchschnittlich 78 Sekunden lang waren, im Schnitt jeweils 11.015 Likes, 211 Kommentare und wurden 693-mal geteilt. Dabei stammten die meisten TikToks von Ärzten und Wissenschaftskommunikatoren (43,5 Prozent), gefolgt von Laien (35 Prozent), Pflegepersonal und anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen (13 Prozent) sowie Vertretern von Institutionen (8 Prozent).

Diese Studie wirft ein Licht auf die Risiken, die mit der Nutzung sozialer Medien für Gesundheitsinformationen verbunden sind

BMJ Global Health-Autoren

Unter Berücksichtigung der Discern- und Jama-Kriterien kommen die Studienautoren zu dem Schluss, dass die Qualität der Informationen in den TikTok-Clips insgesamt gesehen schlecht war. So erfüllte keines der untersuchten Videos alle Jama-Kriterien. In einigen Videos seien ausgewählte Aspekte der Krankheit allerdings auf unvoreingenommene und zuverlässige Weise dargestellt worden, schreiben sie.

Wenig überraschend ergab die Gesamtbewertung die höchste Informationsqualität bei den von Ärzten und Wissenschaftskommunikatoren produzierten Videos, gefolgt von TikToks von institutionellen Nutzern und Pflegepersonal. Die niedrigsten Werte erzielten Inhalte, die von Laien produziert wurden.

Die Mediziner räumen selbst mehrere Limitationen ihrer Ergebnisse ein, darunter den relativ kurzen Untersuchungszeitraum, die Tatsache, dass die Discern- und Jama-Instrumente ursprünglich zur Bewertung von Website-Informationen entwickelt wurden, sowie den Umstand, dass noch relativ wenig über die Krankheit bekannt war, als die Videos entstanden.

Videos sind zu kurz

Zudem habe die Studie nicht bewertet, wie sich die begrenzte Videolänge bei TikTok auf die Qualität ausgewirkt haben könnte. Es sei eine Herausforderung mit einem TikTok-Video alle Gesundheitsinformationen angemessen abzudecken, räumen sie ein. Darüber hinaus könne die Studie nicht beantworten, wie sich die Clips psychologisch auf die Zuschauenden sowie deren Verhalten auswirkten.

Nichtsdestotrotz schließen die Autoren: „Insgesamt war das Material über den jüngsten Mpox-Ausbruch, das über TikTok-Videos verbreitet wurde, häufig unzuverlässig und unvollständig ...“ Minderwertige Videos mit voreingenommenem Inhalt könnten zu Verwirrung führen und eine erfolgreiche informierte Entscheidungsfindung beeinträchtigen. Umso wichtiger sei es, Leitlinien für Gesundheitsinformationsvideos in sozialen Medien zu entwickeln und mehr Inhalte von Angehörigen der Gesundheitsberufe zu fördern.

Das Team schreibt weiter: „Diese Studie wirft ein Licht auf die Risiken, die mit der Nutzung sozialer Medien für Gesundheitsinformationen verbunden sind, und regt zur Entwicklung von Strategien für den Aufbau eines effizienten Systems zum Austausch von Gesundheitsinformationen an.“ Eine solche Strategie hat etwa die Videoplattform YouTube eingeführt: Seit kurzem können dort Ärztinnen und Ärzte, Organisationen sowie Krankenhäuser ein neues „YouTube Health“- Siegel erhalten, das nach bestimmten Kriterien vergeben und verlässliche Gesundheitsinformationen kennzeichnen soll.

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