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In den USA seit 1990 in Haft: Jens Söring

© privat

Seit 1986 in Haft: Sörings vage Hoffnung hinter Gittern

Zum Besuch des Präsidenten Barack Obama Mitte Juni in Berlin soll es Aktionen für den in den USA inhaftierten Deutschen Jens Söring geben. Der selbst erwartet mehr von der Bundesregierung.

Von Matthias Meisner

Noch immer möchte Jens Söring nicht schwarz sehen. Seit einem Vierteljahrhundert sitzt der Deutsche in der USA im Gefängnis, unschuldig, wie er beteuert. Und so schreibt der 46-Jährige jetzt, nachdem der Deutschlandbesuch von US-Präsident Barack Obama für Mitte Juni offiziell angekündigt worden ist, in seinem Newsletter: „Wenn eine Tür geschlossen wird, geht eine andere Tür auf. Ich gebe nie auf – nie!“

Doch eigentlich, Söring ahnt es bereits, ist auch die nächste Tür schon wieder zu. Obamas Besuch wird ihm wohl nicht helfen. Vermutlich wird sein Fall im Rahmen der Gespräche in Berlin nicht einmal angesprochen. Eine Anweisung an die zuständigen Behörden im US-Bundesstaat Virginia könnte der Präsident ohnehin nicht geben, sondern allenfalls eine Empfehlung aussprechen. Schon als im Februar US-Vizepräsident Joe Biden und kurz darauf US-Außenminister John Kerry Berlin besuchten, sei sein Fall von deutscher Seite nicht angesprochen worden, berichtet Söring. Und das „trotz der schriftlichen Zusagen, die mir gemacht worden waren“, schreibt der Häftling dem Tagesspiegel. Was Obama und seinen Berlin-Besuch angeht, wird es nach Einschätzung Sörings nun ähnlich ausgehen: „Es sieht ganz danach aus, dass man meinen Fall wieder nicht ansprechen wird.“ Die Begründung dafür will er aus dem Bundestag erhalten haben: Der für die Bundesregierung wahlkampftaktisch hilfreiche Staatsbesuch solle nicht „diplomatisch belastet“ werden. Sörings Fazit: „Aus politischen Gründen wirft man Menschenrechte über Bord.“

Jens Söring wurde 1966 als Sohn eines deutschen Diplomaten in Bangkok geboren. Er soll 1985 in Detroit die Eltern seiner damaligen Freundin umgebracht haben – äußerst brutal, mit mehreren Messerstichen. Ein Geständnis widerrief er und behauptet seither, dass er nur seine damalige Freundin habe decken wollen. Vier Jahre nach seiner Festnahme 1986 in England wird er an die USA ausgeliefert und dort zu lebenslanger Haft verurteilt. Achtmal hat er inzwischen die Entlassung auf Bewährung beantragt – ohne Erfolg.

Es sieht nach einer endlosen Geschichte aus. Das ist sie, obwohl es an prominenter Unterstützung aus der deutschen Politik für Söring nicht mangelt. Dutzende von Abgeordneten haben sich für ihn eingesetzt – darunter Katrin Göring-Eckardt, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ruprecht Polenz und Gregor Gysi. Vor Obamas Besuch im Juni denkt auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Strässer, zuständig für Menschenrechtspolitik, an „einige Aktionen“. Er sagt, auch wenn die Entscheidung über die Überstellung von Söring in Virginia falle, sei es richtig, wenn auch der US-Präsident über den Fall informiert werde. Wie genau das geschehen soll, wird hinter den Kulissen noch abgestimmt. Von der jahrelang praktizierten stillen Diplomatie hält Strässer aber nichts mehr: Seit Jahren gebe es keine Bewegung auf amerikanischer Seite, sagt er. Es müsse deshalb gestattet sein, „wenn der Fall auch von interessierten Abgeordneten aufgegriffen und thematisiert wird“.

Söring sieht das ähnlich. Man möge ihn retten „aus diesem korrupten Dritte-Welt-Sumpf“, wettert er nach Berichten über Bestechungsskandale in der Politik von Virginia. Dafür aber, dass man ihn als „unschuldigen Menschen 27 Jahre lang hinter Gittern dahinvegetieren“ lasse, sieht er inzwischen auch klar Schuldige auf deutscher Seite: „In meinem Fall hat die deutsche Bundesregierung mittlerweile keine reinen Hände mehr.“

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