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GDL-Chef Claus Weselsky kritisiert die Bezüge der Bahnvorstände.

© dpa/Carsten Koall

Nach Boni-Nachzahlung für Bahnvorstände: GDL-Chef Weselsky erwartet noch härteren Tarifkonflikt

Trotz miserabler Pünktlichkeitswerte erhalten die Bahn-Manager für 2022 nachträglich Boni. GDL-Chef Claus Weselsky kritisiert das und eine geplante Reform der Vorstandsgehälter.

Der Chef der Lokomotivführer-Gewerkschaft, Claus Weselsky, hat eine nachträgliche Boni-Zahlung für Bahnvorstände für das Jahr 2022 scharf kritisiert. „Die Konzernspitze hat sich ihre Boni-Regelungen von Beratern richtig schön zusammenschreiben lassen, sodass die Voraussetzungen immer erfüllt sind“, sagte er dem Tagesspiegel.

Es ginge nicht nur um die Vorstände, sondern um 3500 Führungskräfte, die Erfolgsprämien erhielten, „obwohl die Bahn nicht pünktlich fährt“.

Zugleich verweigere der Konzernvorstand in den laufenden Tarifverhandlungen Lokomotivführern, Zugbegleitern und Mitarbeitern in den Werkstätten ein ordentliches Gehalt, obwohl sie die Wertschöpfung erbrächten. „Der Tarifkonflikt wird nach dem Bekanntwerden der Boni keineswegs entschärft, er wird noch härter“, sagte Weselsky. Die Beschäftigten seien wütend.

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Boni der Deutschen Bahn können kaum verweigert werden

Wie am Montag bekannt wurde, dürfen die Vorstände der Deutschen Bahn mit einer nachträglichen Auszahlung ihrer variablen Vergütung für das Jahr 2022 rechnen. Einen entsprechenden Beschluss soll der Aufsichtsrat am Mittwoch fassen, erfuhr der Tagesspiegel aus Kreisen des Kontrollgremiums. Laut einem Bericht von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR geht es um knapp fünf Millionen Euro. 

Man kann nicht den miserablen Zustand der Infrastruktur mit der Mitarbeiterzufriedenheit aufwiegen.

GDL-Chef Claus Weselsky zum Boni-System der Bahnvorstände

Die Deutsche Bahn durfte die Boni zunächst nicht auszahlen, weil sie im laufenden Jahr die staatliche Strompreisbremse in Anspruch genommen hat. Nachdem diese zum Jahresende ausläuft, sind die Erfolgsprämien laut Gesetzeslage nun nachträglich fällig. „Es handelt sich dabei um eine Altlast aus dem Jahr 2022“, betonte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Martin Burkert, der Chef der Bahngewerkschaft EVG.

Die Bahn hatte 2022 einen Pünktlichkeitseinbruch erlebt. Rund ein Drittel aller Fern- und Güterzüge erreichten ihr Ziel nicht rechtzeitig. Der Konzern fuhr zudem einen Verlust ein. Dennoch erhalten die Konzernvorstände nun Boni, weil sie bei anderen Kennzahlen – wie der Einstellung von Frauen und der Mitarbeiterzufriedenheit – die Ziele übererfüllten. „Man kann nicht den miserablen Zustand der Infrastruktur mit der Mitarbeiterzufriedenheit aufwiegen“, kritisierte Weselsky.

Reform der Vorstandsgehälter bei der DB

Bereits im September beschloss der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn eine Reform der Vorstandsgehälter. Sie greift ab dem kommenden Jahr. Die festen Gehälter von Bahnchef Richard Lutz und übrigen Führungskräften werden erhöht. Boni soll es dafür nur noch geben, wenn sich der Konzern bei entscheidenden Kennzahlen tatsächlich positiv entwickelt.

„Die beschlossene Reform pervertiert das ganze System weiter“, sagte Weselsky. „Das Grundgehalt wurde nach oben geschraubt. Damit steigt für die Bahnvorstände das sichere Einkommen.“

Insgesamt erhielten die Bahnvorstände bei Übererfüllung aller Ziele künftig statt 23 nur 17 Millionen Euro, erfuhr der Tagesspiegel aus Aufsichtsratskreisen. An den genauen Vorgaben für den Bahnvorstand wird noch gearbeitet. Womöglich werde der Aufsichtsrat sie am Mittwoch beschließen, hieß es.

Die Reform der Zielvorgaben geht mit der Gründung der neuen gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte DB InfraGO einher. Mit ihr will das Bundesverkehrsministerium die Steuerung des Staatskonzerns verbessern. Der Fokus soll dabei künftig nicht mehr auf Gewinnen, sondern auf volkswirtschaftlichen Zielen liegen.

Sind die Bahn-Boni gerechtfertigt?

Die Deutsche Bahn und auch die neue InfraGO bleiben jedoch eine AG. Im Vergleich zu den Managergehältern anderer Aktiengesellschaften sind die Vergütungen für die DB-Vorstände eher gering. Bahnchef Lutz kommt mit seinem Bonus von mehr als 1,26 Millionen Euro für 2022 auf insgesamt 2,24 Millionen Euro. Dax-Vorstände erhalten ein Vielfaches davon.

Ohne entsprechende Boni und Gehälter bekomme man kein gutes Personal – so werden die hohen Zahlungen hinter vorgehaltener Hand oft von der Politik begründet. Weselsky lässt das nicht gelten. „Ich finde das eine Unverschämtheit“, sagte er. Die Millionengehälter für die Vorstände hätten die Bahn nicht besser gemacht. „Die Bahnvorstände haben den Karren nie aus dem Dreck geholt, während der Staat Milliarden an Steuergeldern zuschießen musste.“

Zu Behördenzeiten habe der Bahnchef etwa so viel wie der Bundeskanzler verdient, so Weselsky – heute wären das rund 360.000 Euro. Derzeit ist Lutz unter den Chefs aller öffentlichen Unternehmen und Behörden der Spitzenverdiener.

Dass der Bahnvorstand nun trotz der schlechten Entwicklung des Unternehmens auf seinen Boni besteht, kritisiert auch Grünen-Chefin Ricarda Lang. „Die Boni bei der Bahn mögen rechtlich legitim sein, aber ich glaube, mit Gerechtigkeit haben sie rein gar nichts zu tun“, sagte Lang am Montag.

Es gehe zwar darum, eine Zahlung aus den vergangenen Jahren nachzuholen. Trotzdem sei es „ein mehr als schwieriges Signal“ in einer Zeit, wo die Mitarbeiter um jeden Euro kämpfen müssten und für alle Bürgerinnen und Bürger vieles teurer werde. (mit dpa)

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