zum Hauptinhalt
Eine große Baustelle. Die Schuldenkrise hat der Commerzbank einen empfindlichen Quartalsverlust eingebrockt, die Prognose fürs Gesamtjahr gilt nicht mehr.

© dapd

Quartalsbericht: Commerzbank in den Miesen

Von Gewinnen kann bei der Commerzbank aktuell nicht die Rede sein: Ein Fehlbetrag von 687 Millionen Euro im dritten Quartal erschreckt Börsianer und Analysten, weil er höher ausfiel als erwartet.

Die Commerzbank gleicht einer Baustelle, deren Fertigstellung immer wieder in die Zukunft verschoben werden muss. Am Freitag hatte das teilverstaatlichte Geldinstitut gerade seine Quartalsbilanz mit einem Verlust von fast 700 Millionen Euro veröffentlicht, da kam aus Cannes vom G-20-Gipfel gewissermaßen der nächste Bauauftrag.

Die führenden Industriestaaten und Schwellenländer der Welt wollen, dass die weltweit größten Banken, zu denen die Commerzbank zählt, ihre Geschäfte künftig sicherer machen. Die sogenannten systemrelevanten Banken, insgesamt 29, sollen so umgebaut werden, dass Steuerzahler nicht mehr für Verluste aufkommen müssten, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Cannes. „Das ist ein großer Gewinn.“ Betroffen sei in Deutschland auch die Deutsche Bank.

Von Gewinnen kann bei der Commerzbank aktuell nicht die Rede sein: Ein Fehlbetrag von 687 Millionen Euro im dritten Quartal erschreckte die Börsianer und Analysten, weil er höher ausfiel als erwartet: Die Commerzbank-Aktie fiel um fast sieben Prozent. Vor einem Jahr hatte die Bank noch 113 Millionen Euro verdient. Der Grund für das Minus ist das ursprünglich drei Milliarden Euro schwere Paket an griechischen Staatsanleihen, das inzwischen mit weniger als der Hälfte in der Bilanz steht. Knapp 800 Millionen Euro hat die Bank darauf nocheinmal abgeschrieben. Auch an der Stelle, an der sich die Politik mehr Solidität wünscht – beim Kernkapital – klafft bei der Commerzbank eine große Lücke: 2,9 Milliarden Euro fehlen, um die Quote von neun Prozent hartem Kernkapital zu erreichen, die der Regulierer den 60 größten Banken Europas bis Juni 2012 vorschreibt. Dies soll die Geldhäuser widerstandsfähiger machen, sollte die Krise auf weitere Euro-Länder übergreifen.

Das große Ziel eines Vorsteuergewinns von vier Milliarden Euro, das Commerzbank-Chef Martin Blessing ausgegeben hatte, ist auf unbestimmte Zeit verschoben: Der Vorstandschef sagte am Freitag, er fühle sich dem Ziel verpflichtet, die Bank werde es aber „aufgrund der Marktgegebenheiten noch nicht im nächsten Jahr erreichen können“. Obwohl das Kerngeschäft mit Firmen- und Privatkunden profitabel ist und die Mittelstandsbank wächst, kämpft die Commerzbank drei Jahre nach Übernahme der Dresdner Bank mit einem stetig schrumpfenden Gewinn. Nach neun Monaten ist er auf nur 344 Millionen Euro vor Steuern zusammengeschmolzen. Damit muss sich der Bund darauf einstellen, dass die Commerzbank auch 2011 die laufenden Zinsen von 170 Millionen Euro auf ihre restliche stille Einlage nicht zahlen wird, mit der ihr der Steuerzahler über die Krise hinweggeholfen hatte. „Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass wir in diesem Jahr nach deutschem Bilanzrecht Gewinn schreiben werden“, sagte Finanzvorstand Eric Strutz. Das wäre die Voraussetzung für die Zinszahlung gewesen. Ein Grund dafür ist, dass die Bank gut eine Milliarde Euro gezahlt hat, weil sie den Löwenanteil der Staatshilfen vorzeitig getilgt hat. Mit dem Ausfall der Zinszahlung sind die Gehälter von Blessing und seinen Vorstandskollegen auch 2011 wie in den beiden Vorjahren auf eine halbe Million Euro gedeckelt.

Um nicht zum dritten Mal seit der Finanzkrise den Staat anzapfen zu müssen, will die Bank bis Mitte 2012 nur noch in Deutschland und Polen Kredite vergeben. Der Immobilienfinanzierer Eurohypo soll sein Neugeschäft fürs erste sogar ganz einstellen. Vorstandschef Blessing will die Bilanzrisiken insgesamt um 30 Milliarden Euro drosseln, damit die Bank kein frisches Kapital braucht. Außer dem Internet-Broker Comdirect und der florierenden BRE Bank in Polen stehen alle Beteiligungen auf dem Prüfstand. mit rtr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false