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„Das ist nicht lustig“: Bas löst mit Satz zur Renten-Haltelinie Gelächter aus
Während der Arbeitgeberpräsident die Rentenreform grundsätzlich ablehnt, pocht die SPD-Arbeitsministerin weiter auf das besprochene Gesamtpaket. Ein Satz von ihr sorgt dabei für Gelächter.
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Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat den koalitionsinternen Streit über die Reform des Sozialstaats kritisiert. „In den vergangenen Monaten ist Vertrauen zerstört worden“, sagte die SPD-Politikerin am Dienstag beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Bas beklagte eine Einengung der Debatte auf Kürzungen im Sozialbereich, wie der Koalitionspartner Union sie befürwortet. „Die Debatte über die soziale Sicherung in unserem Land war teilweise grenzüberschreitend in Richtung Populismus“, kritisierte sie.
Die Ministerin warnte davor, die Menschen im Land durch Streit um Sozialkürzungen zu verunsichern – und dadurch extreme Parteien zu stärken. Es sei klar, dass der Sozialstaat reformiert werden muss, sagte Bas. Sie fügte hinzu: „Wir müssen uns verändern. Veränderung braucht Vertrauen. Wo Vertrauen fehlt, da entsteht Verunsicherung.“
Das Ausnutzen dieser Verunsicherung sei „längst zu einem politischen Geschäftsmodell geworden“, fügte Bas hinzu. Das sei „eine Gefahr für den Standort Deutschland, für unsere Gesellschaft, für unsere Demokratie“, sagte Bas. „Wo soziale Ungleichheit herrscht, entsteht der Nährboden für Misstrauen, Spaltung und Instabilität.“
Die soziale Sicherung sei „unser Rückgrat, wenn es hart auf hart kommt“, sagte Bas weiter. Mit Blick auf den koalitionsinternen Streit um die Sozialreformen sagte sie: „Diese Debatten haben unserem Land nicht gut getan.“ Die SPD-Politikerin fügte hinzu: „Kürzungen im Sozialbereich bringen uns im Strukturwandel nicht voran.“
Bas forderte den Koalitionspartner Union auf, dem bereits vom Kabinett verabschiedeten Rentenpaket aus ihrem Ministerium zuzustimmen. Die SPD stehe zu dem „Gesamtpaket“ zur Rente – auch zu den von der Union eingebrachten Bestandteilen. „Ich erwarte, dass diese Verlässlichkeit und Vertragstreue für alle gilt“, fügte Bas hinzu.
Die Teilnehmer des Arbeitgebertags bekundeten während Bas’ Rede wiederholt ihre Unzufriedenheit. Die Äußerung der Ministerin, wonach die von der SPD geforderte Festschreibung der Renten-Haltelinie über 2031 hinaus aus Steuermitteln finanziert werde, aber nicht die Beitragszahler belaste, quittierten viele Teilnehmer mit Lachen. „Das mag für sie lustig klingen“, sagte Bas dazu. „Das ist überhaupt nicht lustig.“
Sie fügte hinzu: „Von einer Verlängerung der Haltelinie profitieren alle Generationen.“ In der Debatte darüber sei „einiges durcheinander geraten“, fügte sie hinzu. „Es geht dabei nicht um Geschenke, sondern um ein Grundversprechen unseres Sozialstaats.“
Arbeitgeberpräsident fordert Stopp von Rentenreform
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hatte zuvor einen Stopp des in der Koalition umstrittenen geplanten Rentenpakets gefordert „Kabinettsbeschlüsse können geändert werden“, sagte Dulger auf dem Arbeitgebertag. „Wenn sie falsch sind, dann muss das Parlament sie ändern.“ Seine „volle Unterstützung“ hätten die jungen Abgeordneten der Unionsfraktion, die die Milliardenkosten durch das geplante Paket zum Thema in der Koalition machten, sagte Dulger.
Die Junge Gruppe in der Unionsfraktion lehnt die bereits im Bundestag beratene Reformpläne in jetziger Form ab. Der Arbeitgeberpräsident machte zugleich deutlich, dass er nicht nur das Anliegen der Jungen Gruppe teilt, die Änderungen fordern. Dulger lehnt das gesamte Paket ab. „Vielleicht würde der Politik in dieser Situation eine Denkpause helfen, um danach klug zu entscheiden.“
Durch die geplante Fixierung des Sicherungsniveaus der Rente im Verhältnis zu den Löhnen bei 48 Prozent – geplant ist dies bis 2031 – „versündigen wir uns an der nachfolgenden Generation“, sagte Dulger. „Zusammen mit dem Wahlgeschenk namens Mütterrente wird uns die Festschreibung des Rentenniveaus in den nächsten 15 Jahren rund 200 Milliarden Euro kosten – plus unabsehbarer Folgekosten.“
Arbeitgeber für höheres Rentenalter
Dagegen setzte Dulger die Forderung nach einem höheren Rentenalter. „Wenn die Menschen älter werden, muss auch die Regelaltersgrenze schrittweise angehoben werden“, sagte er. Da es an Fachkräften fehle, dürfe es zudem keine vorzeitige abschlagsfreie sogenannte „Rente mit 63“ mehr geben.
Nordrhein-Westfalens NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte unterdessen eine Lösung, die auch die Perspektive der jüngeren Generation berücksichtigt. Er unterstütze Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) für eine „baldige, gute Lösung“, sagte Wüst heute vor Journalisten in Düsseldorf.
Wüst zeigt Verständnis für Perspektive junger Abgeordneter
Die Rente müsse für ältere Menschen ebenso verlässlich sein wie für die junge Generation. Die jungen Bundestagsabgeordneten argumentierten in der Renten-Debatte nicht für sich allein in eigener Sache, so Wüst. Vielmehr formulierten sie „Ansprüche an Nachhaltigkeit, die eigentlich allen Generationen am Herzen liegen.“
Mit Blick auf die SPD sagte Wüst, Merz habe es als Chef der Bundesregierung „mit einem Koalitionspartner zu tun, der sich in dieser Frage ganz offensichtlich erkennbar schwertut“. Merz habe für seine Arbeit und eine stabile, handlungsfähige Bundesregierung aber jede Unterstützung verdient, betonte Wüst.
Beim Arbeitgebertag kommen nach Dulger unter anderem Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der Junge-Union-Chef Johannes Winkel (CDU) und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zu Wort. Merz und Bas wollen, dass das von der Arbeitsministerin eingebrachte Rentenpaket noch im Dezember im Bundestag beschlossen wird.
Der Kritikpunkt der Unionsjungen: Mit Bas` Gesetzentwurf soll das Rentenniveau auch nach 2031 über dem Wert liegen, der ohne Gesetz gelten würde. 48 Prozent Rentenniveau bis 2031 akzeptieren die Unionsjungen, ein Prozentpunkt mehr als ohne Gesetz ab 2032 lehnen sie ab. (dpa/AFP)
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