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Der Fußball-Club RB-Leipzig hat selbst Borussia Dortmund und den FC Bayern überholt. Finanziert wird er von Red Bull.

© imago/Picture Point

Der Aufstieg von Red Bull: Eine Dose voll Erfolg

Der Fußballclub RB Leipzig ist durchgestartet – genauso wie der Konzern, der ihn sponsert. Bei Red Bull geht es vor allem um eins: das Image.

Von Carla Neuhaus

Sie sind die Aufsteiger der Saison. Selbst Klubs wie Borussia Dortmund und den FC Bayern München haben sie überholt. Die Fußballer vom RB Leipzig haben es allen gezeigt – und sich damit nicht nur Freunde gemacht. Immer wieder gibt es Proteste, wird der Mannschaftsbus mit Farbbeuteln beworfen. Auch BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ist nicht gerade ein Fan der Leipziger. „Wir brauchen diesen Tabellenführer nicht“, sagte er kürzlich. „Da wird Fußball gespielt, um eine Getränkedose zu performen.“ Denn woran sich viele Fans anderer Klubs stören: Hinter RB Leipzig steht Red Bull.

Ohne den Getränkekonzern aus Österreich würde es den Fußballverein nicht geben. Erst 2009 ist der RB Leipzig auf Initiative von Red Bull gegründet worden – worin Kritiker die endgültige Kommerzialisierung des Fußballs sehen. Ihr Vorwurf: Es geht nicht mehr um Tradition, nur noch um Geld. Klar ist aber auch, mit der finanziellen Unterstützung von Red Bull ist RB Leipzig ein beispielloser Aufstieg gelungen – von der Oberliga bis in die Bundesliga und dort gleich in der ersten Saison unter die Tabellen-Ersten. Der Fußballklub hat es dem Unternehmen, das ihn sponsert, nachgemacht. Eine Geschichte wiederholt sich.

Auch Red Bull hat einen beispiellosen Aufstieg hinter sich

Firmengründer Dietrich Mateschitz ist es gelungen, aus einem koffeinhaltigen Zuckerwasser ein beliebtes Getränk zu machen. Selbst wer es nicht mag, kann doch mit Logo und Werbespruch etwas anfangen. „Red Bull verleiht Flügel“: Das bleibt hängen – ob man will oder nicht. Fast sechs Milliarden Dosen verkauft Red Bull inzwischen pro Jahr.

Dabei ist Red Bull streng genommen gar kein Getränkekonzern. Produktion und Abfüllung hat das Unternehmen komplett ausgelagert – anders als der US-Konzern Coca-Cola, der immerhin das Cola-Pulver noch selbst herstellt. Red Bull dagegen lässt seine Getränke vollständig vom österreichischen Familienunternehmen Rauch produzieren, das man hierzulande durch die Säfte der Marke Happy Day kennt. Allein dass Red Bull die Produktion seines Hauptprodukts komplett anderen überlässt, sagt viel über das Unternehmen und das Geschäftsmodell aus. Im Zentrum steht nicht das Getränk – sondern der Wirbel, den man darum macht. Über 10.000 Angestellte beschäftigt Red Bull inzwischen weltweit: Fast alle arbeiten in Marketing und Vertrieb.

Es geht nur ums Image

„Alles, was wir tun, tun wir für den Wert und das Image der Marke“, soll Gründer Mateschitz einmal gesagt haben. Sein Erfolg ist gerade deshalb so erstaunlich, weil er auf keiner großen Erfindung beruht. Mateschitz hat keine komplizierte Maschine entwickelt, keine neue Technologie entdeckt, die die Welt verändert hat. Stattdessen hat er „nur“ ein Getränk aus Asien importiert, einen neuen Namen draufgeklebt und eine Geschichte drum herum erzählt. Denn: Auch das Red-Bull-Getränk hat Mateschitz nicht selbst erfunden. 1982 – damals war er Marketing-Direktor einer Firma für Zahnpasta – hat er das klebrige Getränk auf einer Dienstreise in Asien entdeckt. „Krating Daeng“ heißt der Trunk in Thailand. Zu Deutsch: Roter Stier. Red Bull. Mateschitz tat sich damals mit der Familie Yoovidhya zusammen, die das Getränk noch heute in großen Teilen Asiens unter eigener Marke vertreibt. Seine gesamten Ersparnisse setzte der Österreicher damals ein, um Red Bull nach Europa zu bringen. Viele erklärten ihn für verrückt, den Begriff „Energy Drink“ gab es in den achtziger Jahren noch gar nicht. Kritiker fragten daher: Wer bitte sollte ein klebriges, mit Koffein und Taurin versetztes Zuckerwasser kaufen?

Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz ist ein Marketing-Profi. Bei Red Bull geht es daher weniger um das Getränk und mehr um den Wirbel drumherum.
Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz ist ein Marketing-Profi. Bei Red Bull geht es daher weniger um das Getränk und mehr um den Wirbel drumherum.

© imago/Andreas Beil

Doch gerade das ist Mateschitz’ Stärke. Er wusste, wie man den Europäern diesen seltsamen Trunk schmackhaft macht. Seine erste Werbung zeigte einen Stier mit hochrotem Kopf, dem die Punkte von der Krawatte fliegen, weil er Red Bull getrunken hat. Nur zwei Jahre später, 1989, begann er Sportler zu sponsern. Heute hat Red Bull über 600 Athleten unter Vertrag. Neben Leipzig gehören ihm weitere Fußballklubs in Salzburg, New York und São Paulo. Er hat zwei Formel-1-Rennställe übernommen, finanziert regelmäßig Extrem-Sportveranstaltungen. Vor vier Jahren ließ er Felix Baumgartner aus der Stratosphäre auf die Erde springen – Millionen schauten zu, ein Riesen-Marketinggag für Red Bull. Mateschitz’ Botschaft ist klar: Wer seinen Drink trinkt, soll sich cool fühlen, mutig und wach.

Eine Dose Red Bull kostet in der Herstellung weniger als 20 Cent

Mit dieser Marketingmasche hat er es geschafft, nicht nur sein Zuckerwasser erfolgreich zu vertreiben, sondern es auch noch deutlich über Wert zu verkaufen. Pro Dose liegen die Herstellungskosten bei weniger als 20 Cent. Trotzdem sind die Kunden bereit, für die 250 Milliliter über einen Euro zu zahlen. Eine solch hohe Gewinnmarge ist nicht nur in der Getränkeindustrie ungewöhnlich. Höchstens Modekonzerne aus dem Luxussegment können vom Umsatz einen so großen Anteil einbehalten.

Mateschitz ist auch deshalb längst Milliardär. Das US-Magazin Forbes schätzt sein Vermögen auf 13,2 Milliarden Dollar. Im Ranking der reichsten Menschen der Welt landet er auf Platz 64. Dabei weiß man über ihn selbst wenig. Mateschitz lebt zurückgezogen, mit privaten Informationen geht er spärlich um. Was an sich überraschend ist. Man würde vermuten, hinter Red Bull stehe ein Großprotz. Jemand, der sich selbst ebenso gerne vermarktet wie sein Produkt. Doch weit gefehlt. So lautstark Mateschitz seine Markenbotschaft in die Welt hinausposaunt, so wenig gibt er von sich selbst preis. In seinem Heimatort, Sankt Marein in der Steiermark, soll man einmal versucht haben, ihn zum Ehrenbürger zu ernennen – doch Mateschitz lehnte ab. Leuten, die ihn von früher kennen, hat er angeblich ein Sprechverbot erteilt. Er ist kontrolliert, vorsichtig, misstraut vielen. Banken zum Beispiel. Bis auf ein Baudarlehen soll er für seine Firma nie einen Kredit aufgenommen haben. Er investiert, was er einnimmt. Mehr nicht.

Auch ein Medienunternehmen gehört zum Red-Bull-Konzern

Umso erstaunlicher ist, was Mateschitz geschaffen hat. Fast 70 Tochtergesellschaften gehören inzwischen zu seinem Imperium. So hat er zum Beispiel auch einen Medienkonzern aufgebaut: Er besitzt Zeitschriftenverlage, einen Fernsehsender, einen Buchverlag. Auch über diese Medien verbreitet er seine Botschaft – natürlich meist unkritisch.  Bei einem Foulspiel eines RB-Fußballers soll es dem Moderator von Red Bull TV zum Beispiel untersagt sein, danach zu fragen.

Viele Fußball-Fans stören sich an dem Engagement von Red Bull und protestieren im Stadion.
Viele Fußball-Fans stören sich an dem Engagement von Red Bull und protestieren im Stadion.

© imago/Eibner

Doch so unheimlich sein Erfolg ist, so mehren sich doch die Anzeichen dafür, dass er durchaus endlich ist. Denn auch wenn die Verkaufszahlen weltweit steigen, häufen sich doch die Probleme. Die Weltgesundheitsorganisation WHO zum Beispiel warnt vor dem Konsum von Red Bull. Mediziner meinen, wer zu viel davon trinkt, könne Herzrhythmusstörungen oder Krampfanfälle bekommen. In Lettland und Litauen darf Red Bull deshalb bereits nicht mehr an Minderjährige verkauft werden. Dazu kommt noch, dass auch die Konkurrenz wächst. Vor allem der US-Konzern Monster Beverage luchst Red Bull mit seinem gleichnamigen Getränk Marktanteile ab.

Gründer Mateschitz schreckt das vermutlich nicht. Als Extremskispringer Shane McConkey bei einem Dreh für Red Bull 2009 starb, veröffentlichte die Firma den Film dennoch. Mit dem Untertitel: „You have one life. Live it.“ Man hat nur ein Leben. Leb es.

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