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Tiefensee

© dpa

Deutsche Bahn: Bund stoppt Börsenträume

Die Deutsche Bahn wird frühestens 2010 an die Börse gehen. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise bedeute ein Börsengang derzeit lediglich eine Schwächung der Vermögenssituation des Bundes, heißt es aus dem Finanzministerium. Damit sind auch die Sonderboni vom Tisch.

Berlin - Peer Steinbrück brachte die Sache auf den knappsten Nenner. „Wenn es zu einem solchen Börsengang kommt, wird es eine solche Regelung nicht geben“, sagte der Bundesfinanzminister am Mittwoch über die geplanten Sonderboni für den Bahn-Vorstand, die seinen Kabinettskollegen Wolfgang Tiefensee so in Bedrängnis gebracht hatten. Und weil es den Börsengang erstmal nicht gibt, fallen auch die Boni flach – so einfach machten sich die SPD-Politiker den Fall am Ende.

Das Aus für die Börsenträume des Konzerns verkündete Steinbrücks Sprecher Torsten Albig. In dieser Wahlperiode werde das Projekt nicht mehr stattfinden, sondern frühestens in der nächsten, die in einem Jahr beginnt. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm unterstrich, der Bund wolle kein Vermögen verschleudern. Es müsse gewartet werden, bis „das Umfeld für einen Börsengang eine vernünftige Erlössituation erwarten“ lasse. Das sei vorerst aber nicht absehbar. Kanzleramtsminister Thomas de Maizière sagte allerdings, es gebe keinen Regierungsbeschluss, den Börsengang für diese Legislaturperiode zu verschieben. Sollte sich die Situation an den Kapitalmärkten verbessern, könne der Börsengang noch in dieser Wahlperiode stattfinden.

Nach dem erbitterten Streit zwischen Union und SPD, Bund und Ländern gilt es als unwahrscheinlich, dass die Politik zügig einen neuen Anlauf unternimmt. Die neue Lage könnte die Lebensplanung von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn durcheinander bringen, der alles daran gesetzt hatte, den Börsengang persönlich zu verwirklichen. Sein Vertrag läuft nur bis Mai 2011 – kurz darauf wird er 69 Jahre alt, was eine neuerliche Verlängerung unwahrscheinlich macht.

Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller, der den Mischkonzern Evonik führt, nannte die Absage des Börsengangs „ebenso verständlich wie bedauerlich“. Mit der nächsten Regierung werde der Aufsichtsrat „in Ruhe reden“. Verkehrsminister Tiefensee erhielt am Mittwoch für seine Kritik an den Sonderboni, die der Bahn-Vorstand im Falle eines Börsengangs erhalten sollte, Rückendeckung von Steinbrück und auch von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. „Relativ geschmacklos“ wäre eine solche Regelung gewesen, sagte der CSU-Politiker.

Tiefensee bekräftigte, er habe erst im September von den Plänen erfahren. Den Beschluss im Juni habe ein kleiner Ausschuss gefällt: „Nur vier Personen haben davon gewusst. Das ist nicht gut“, sagte er. Seine Darstellung widerspricht Informationen des Tagesspiegels, wonach Mitglieder des Aufsichtsrats schon im Juni mit ihm über ein Bonusprogramm für Bahn-Manager beim Börsengang gesprochen haben. Nach einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses, in der über diese Unstimmigkeiten diskutiert wurde, zeigte Tiefensee sich zufrieden: „Ich habe mich durchgesetzt. Es gibt keinen Bonus.“ Er sehe sich gestärkt. Die Grünen forderten dennoch weiter seinen Rücktritt.

Doch auch innerhalb der Koalition hält die Kritik an Tiefensee an. „Ich könnte mir vorstellen, dass die SPD ihre verkehrspolitische Gesamtkompetenz mit der derzeitigen Amtsbesetzung nicht maximal ausschöpft“, sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. „Dies ist keine Rücktrittsforderung, sondern ein Ratschlag unter Freunden und Partnern.“

Vor 15 Jahren hatte der Bund die Privatisierungspläne gestartet und Bundesbahn und Reichsbahn in eine Aktiengesellschaft überführt, die seit neun Jahren von Mehdorn geführt wird. Das mehrfach verschobene Projekt wurde schließlich für den 27. Oktober dieses Jahres angesetzt. Kurz zuvor stoppte die Regierung die Emission, weil sie viel geringere Erlöse als die einst angepeilten acht Milliarden Euro erwartete. C. Brönstrup/M. Döbler

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