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Ein Fahrverbotsschild in Hamburg für Fahrzeuge mit Diesel-Motor bis Euro 5.

© Daniel Bockwoldt/dpa

Bundesregierung und Autoindustrie: Die Chronik der fünf Diesel-Gipfel

Seit der Abgas-Betrug von VW publik wurde, hat es mehrere Diesel-Gipfel gegeben. Der am Donnerstag war der fünfte. Die Fortschritte waren bisher bescheiden.

Drei Jahre nach Bekanntwerden des Diesel-Betrugs im Volkswagen-Konzern wird kontroverser denn je über die Verantwortung der Autoindustrie und ihre Beteiligung an der Aufarbeitung gestritten. Regierung und Hersteller haben sich etliche Male getroffen – die Fortschritte waren bescheiden. Am Donnerstag fand im Bundesverkehrsministerium der fünfte Diesel-Gipfel statt. Bis zuletzt weigerten sich die Unternehmen, ältere Dieselwagen nachzurüsten. Stattdessen haben sie große Prämienprogramme aufgelegt und Software-Updates in die Wege geleitet.

Erster Diesel-Gipfel (2. August 2017)

Beim Auftakt des ersten so genannten Diesel-Gipfels im August 2017 sind die Kameras im Sitzungssaal noch dabei. Der damalige Volkswagen-Chef Matthias Müller, seine Kollegen von BMW und Daimler, Harald Krüger und Dieter Zetsche, sowie Ex-VDA-Präsident Matthias Wissmann sitzen mit betretenen Mienen dem Verkehrsminister und der Umweltministerin gegenüber.

Nach Stunden langen Verhandlungen gibt es am Ende des Tages ein Ergebnis: Die Hersteller sagen Software-Updates für 5,3 Millionen Diesel-Pkw zu. Darin enthalten sind allerdings schon 2,5 Millionen Fahrzeuge von Volkswagen, für die Software-Update bereits amtlich angeordnet wurden. Außerdem kündigen die Autobosse die erste Welle von Umtauschprämien für ältere Dieselfahrzeuge an. Der Fonds "Nachhaltige Mobilität für die Stadt" wird aufgelegt. Die Software-Updates laufen bis heute – deutlich langsamer als angekündigt.

Zweiter Diesel-Gipfel (28. November 2017)

Nicht die Chefs der Autokonzerne sind Ende November 2017 zum zweiten Diesel-Gipfel ins Kanzleramt geladen, sondern die Vertreter von Ländern, Städten und Gemeinden. In mehr als 70 Kommunen liegt die Belastung mit Stickoxiden weit über den gesetzlichen Grenzwerten, in fast der Hälfte drohen Fahrverbote. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) setzt die Kommunen mit Klagen unter Druck. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt ein Eckpunkte-Papier mit verschiedenen Maßnahmen vor, unter anderem soll eine Milliarde Euro an Fördergeld ausgeschüttet werden.

Der im August beschlossene Mobilitäts-Fonds wird entsprechend aufgestockt, der Bund zahlt 750 Millionen Euro ein, die deutschen Hersteller den Rest – ausländische Autokonzerne lehnen eine Beteiligung ab. Die Mittel sollen unter anderem zur Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs oder zum Ausbau digitaler Leitsysteme verwendet werden.

Dritter Diesel-Gipfel (23. September 2018)

Ein weiteres Treffen mit Vertretern der Autoindustrie im Kanzleramt bringt kein Ergebnis. Diskutiert wird über Sofortmaßnahmen, die helfen sollen, die Luft in den Städten zu verbessern. Strittig sind vor allem Hardware-Nachrüstungen an älteren Diesel-Fahrzeugen. Die Lage in den Kommunen hat sich inzwischen verschärft, weil das Bundesverwaltungsgericht im Februar Fahrverbote grundsätzlich erlaubt hat – wenn sie verhältnismäßig sind. Die DUH kündigt weitere Klagen an. Die Teilnehmer des Gipfels gehen auseinander, um sich zu beraten. „Zeitnahe Entscheidungen“ werden angekündigt.

Vierter Diesel-Gipfel (2. Oktober 2018)

Die Verhandlungen des Koalitionsausschusses im Bundeskanzleramt dauern bis in die frühen Morgenstunden, dann verkünden Union und SPD einen „Durchbruch“. Doch schnell wird klar: Die Politik hat die Rechnung ohne die Autohersteller gemacht. Das von der Regierung beschlossene „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ sieht unter anderem Hardware-Nachrüstungen vor, die die Hersteller ablehnen.

Zugesagt haben ein zweites großes Prämien-Programm, mit dem ältere Dieselwagen von der Straße geholt – und das Neuwagengeschäft angekurbelt werden soll. Der Bund kündigt an, das Bundes-Immissionsschutzgesetz und das Straßenverkehrsrecht ändern zu wollen. So sollen Dieselfahrzeuge in Städte einfahren dürfen, wenn sie weniger als 270 Milligramm NOx ausstoßen. Die Regierung legt eine Liste von „Intensivstädten“ fest, in denen die NOx-Belastung bei mehr als 50 Milligramm NOx im Jahresmittel 2017 lag.

Fünfter Diesel-Gipfel (8. November)

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will noch einmal über Nachrüstungen mit den Autobossen sprechen. Doch nur Daimler-Chef Dieter Zetsche erscheint – die Vorstandschefs von BMW, Krüger, und Volkswagen, Herbert Diess, lassen sich vertreten. In vielen weiteren Städten haben Gerichte inzwischen Fahrverbote erlaubt – unter anderem in Berlin. Das Verwaltungsgericht in Köln verhandelt am Donnerstag.

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