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Christine Lagarde war schon mehrfach die erste Frau auf einem Spitzenposten. So nun auch wieder an der EZB-Spitze.

© imago/ITAR-TASS

Die neue EZB-Chefin Christine Lagarde: Diese Frau entscheidet jetzt über den Euro

An diesem Freitag übernimmt Christine Lagarde eines der wohl härtesten Ämter der Eurozone: Sie ist die neue Chefin der Europäischen Zentralbank. Ein Porträt.

Von Carla Neuhaus

Kulinarisch ist sie schon mal vorbereitet. Sie habe sich bereits ein Kochbuch mit Frankfurter Spezialitäten besorgt, sagte Christine Lagarde dem „Spiegel“. Auch Grüne Soße, die gerne in der Bankenmetropole aufgetischt wird, sei ihr ein Begriff. An ihrem Deutsch arbeitet sie aber noch. Das zeigt: Die Französin überlässt wenig dem Zufall.

Am Freitag übernimmt Lagarde eines der wichtigsten, aktuell wohl auch härtesten Ämter in der Eurozone: Sie wird Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB).

Lagarde ist damit sowohl die erste Frau in der Position als auch die erste Quereinsteigerin. Denn anders als ihre Vorgänger im Amt ist sie Juristin – keine Ökonomin. Geschadet hat das ihrer Karriere bislang jedoch nicht. Auch als Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat sie bereits eine Institution geleitet, die vor ihr von Wirtschaftswissenschaftlern geführt worden ist.

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Was ihr womöglich an Fachwissen fehlt, macht sie als harte Verhandlerin wett. Sei sei „eine hervorragende Kommunikatorin, die es versteht, sowohl mit Finanzmärkten und Politikern als auch mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren“, sagt etwa DIW-Chef Marcel Fratzscher.

Lagarde muss bei der EZB nach "Chaostagen" aufräumen

Und diplomatische Qualitäten sind an der EZB-Spitze gerade gefragt. Von „Chaostagen“ berichten manche. Ein Drittel der Mitglieder im obersten Rat der Zentralbank soll die Entscheidung des scheidenden Chefs Mario Draghi nicht mitgetragen haben, die Geldpolitik weiter zu lockern. Lagarde wird also erst einmal die Wogen glätten müssen. Darin ist sie geübt. Auch beim IWF übernahm sie den Chefposten in einer schwierigen Situation – auch wenn die ganz anders gelagert war. Ihr dortiger Vorgänger, Dominique Strauss-Kahn, hatte sein Amt abgeben müssen, nachdem man ihm versuchte Vergewaltigung vorgeworfen hatte. Noch dazu steckte der IWF gerade im Reformprozess.

Doch Lagarde hat keine Angst vor großen Aufgaben. Das zeigt schon ihr Lebenslauf. Nach ihrem Jura-Studium hat sie sich hochgearbeitet, bis sie Anfang der 2000er Jahre Chefin von Baker McKenzie wurde, damals eine der größten Anwaltskanzleien der Welt. Später wechselte sie in die Politik, wurde in Frankreich Wirtschafts- und Finanzministerin. Auch das war ein mutiger Schritt: Lagarde hatte damals noch keine politische Erfahrung.

Symbolische Übergabe. Christine Lagarde folgt auf Mario Draghi.
Symbolische Übergabe. Christine Lagarde folgt auf Mario Draghi.

© imago images/Italy Photo Press

Lagardes Ansehen ist so groß, dass sie als IWF-Chefin selbst dann im Amt blieb, als ein Pariser Gericht sie im Dezember 2016 schuldig sprach. Als Finanzministerin habe sie fahrlässig gehandelt, als sie eine Entschädigung in Höhe von 400 Millionen Euro an den Geschäftsmann Bernard Tapie frei gab. Interessant an dem Fall: Das Gericht erklärte Lagarde zwar für schuldig, verzichtete aber auf eine Strafe und begründete das mit ihrer „Persönlichkeit“ und ihrem „internationalen Ansehen“. So überstand Lagarde die Geschichte einigermaßen unbeschadet. Sie selbst sagte anschließend: „Es gibt einen Punkt, an dem man einfach innehalten, eine Seite umblättern und weitermachen muss.“

Privat wie beruflich gilt sie als diszipliniert

Immer weiterzumachen, das scheint ihr Mantra zu sein. Auch privat gilt sie als diszipliniert. Sie macht Yoga, isst kein Fleisch, trinkt keinen Alkohol. Als sie es mit 15 Jahren in die französische Nationalmannschaft der Synchronschwimmer schaffte, soll ihr Trainer ihr eingebläut haben: Egal was passiert, man müsse die „Zähne zusammenbeißen und lächeln“.

Sei es Politik oder die großen Konzerne und Wirtschaftsinstitute; es kommen nicht mehr die besten Fachleute nach oben, sondern die Blender und Machtmenschen. Diese wissen, wie man Karriere macht, aber das war es dann auch schon.

schreibt NutzerIn sar

Womöglich ist es diese Einstellung, mit der es Lagarde so weit gebracht hat. Immer wieder war sie in ihrem Leben die erste Frau auf einem wichtigen Posten: erst bei der Anwaltskanzlei, die sie leitete, später beim IWF, nun bei der EZB. „Zu wissen, wie man Decken durchbricht, ist wichtig“, sagt sie und meint die gläserne Decke, an der viele Frauen in ihrer Karriere scheitern.

Auch als EZB-Chefin will Lagarde weiter auf Frauenförderung setzen. Sie sagt: „Es liegt mir sehr am Herzen, mehr Frauen in der Finanzwelt zu sehen und ihnen Gehör zu verschaffen.“

Das richtige Auftreten dafür hat sie zumindest. Eine Anekdote dazu hat U2-Sänger Bono zu berichten, der für ihre ihrer Abschiedsparty beim IWF eine Videobotschaft schickte. Darin erzählte er Berichten zufolge von einem Erlebnis beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Auf den Gängen habe er Teilnehmer gehört, die meinten, es würde sogar ein Rockstar erwartet. Bono sagte, er habe sich geschmeichelt gefühlt, dass man so von ihm redete. Bis er begriff, dass mit Rockstar jemand ganz anderes gemeint war: Christine Lagarde.

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