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Oliver Blume, CEO of German car manufacturer Porsche, applauded as the first share prize is published during Porsche's IPO in Frankfurt, Germany, September 29, 2022. REUTERS/Kai Pfaffenbach

© Kai Pfaffenbach/Reuters

Die Stimmung macht die Musik: Porsche an der Börse

Der Fehlstart hat Gründe: Verbraucher und Investoren halten ihr Geld zusammen. Ein Kommentar zum größten Börsengang in diesem Jahr.

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In der Krise ist es noch schwieriger als sonst, an das Geld anderer Leute zu kommen. Wer Angst hat vor der Zukunft, der hält sich die Taschen zu. Derzeit lässt sich das gut beobachten beim so genannten Konsumklima, das sich von Monat zu Monat verschlechtert und im September auf den tiefsten Stand seit 30 Jahren gefallen ist. Auch deshalb rutscht die deutsche Wirtschaft in die Rezession, denn rund zwei Drittel der Wachstumsraten in der guten Dekade von 2010 bis 2019 verdanken sich dem privaten Verbrauch. Das ist nun vorbei – inzwischen landet ein Großteil des Geldes bei Energieverkäufern in Russland und den USA, am Golf und in Norwegen.

Die Wirtschaft schwächelt, das Geld wird teurer

Wenn die Verteilung von Ressourcen aufgrund politischer Einflüsse nicht nach Marktgesetzen funktioniert, dann läuft der ganze Kapitalismus nicht mehr wie geschmiert. Porsche ist dafür das jüngste Beispiel: Investoren, professionelle wie private, waren heiß auf die Aktie der weltberühmten Sportwagen-Marke und haben sich so viele Anteilsscheine bestellt, dass der Porsche-Eigentümer Volkswagen einen hohen Preis zum Börsenstart verlangen konnte. Eine schöne Sache – aber viel mehr auch nicht.

Seit Wochen hält die miese Stimmung die Verbraucher und die Investoren an den Weltbörsen vom Geldausgeben ab. Die geopolitischen Spannungen und Unsicherheiten prägen das Geschehen auf absehbare Zeit. Dazu wird das Geld erheblich teurer, indem die Notenbanken versuchen, mit Zinserhöhungen die Inflation in den Griff zu kriegen. Der Motor der Weltwirtschaft stottert, und gleichzeitig wird das Schmiermittel Geld aus dem Markt genommen. Das ist eine unheilvolle Mischung für die nächsten Monate.

Die Chinesen holen auf

Die üblichen Finanzierungswege über Banken oder Börsen sind entsprechend schwergängig geworden: Im dritten Quartal fiel das Emissionsvolumen neuer Börsengänge weltweit um mehr als die Hälfte gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Eine gute Nachricht für den Kapitalismus kommt aus dem kommunistischen China, wo es sogar mehr Börsenneulinge gab als vor einem Jahr. 45 Prozent aller Börsendebuts stammten im dritten Quartal aus China.

Trotzdem können wir ein bisschen stolz sein auf die ruhmreiche deutsche Autoindustrie, denn Porsche ist der weltweit drittgrößte Börsengang in diesem Jahr und in Europa sogar der größte seit mehr als einem Jahrzehnt. VW darf sich über den Erlös von zehn Milliarden Euro freuen, die für die Transformation Richtung Elektromobilität und autonomes Fahren investiert werden – damit es auch künftig Volkswagen für die Masse gibt.

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Porsche dagegen ist bestens aufgehoben in einer Nische, in der sehr viel Geld verdient wird. Wer sich einen 911er für 120.000 Euro kauft, der feilscht nicht um Rabatte. Und der oder die braucht auch keinen Tankrabatt, von der Gemeinschaft der Steuerzahler finanziert. Und keine Energiepreispauschale von 300 Euro. Andersrum läuft die Geschichte sozialpolitisch rund: Die Porsche-Besitzer sollten dazu beitragen, dass die VW-Polo-Fahrer gut über den Winter kommen. Dazu ist die Finanzpolitik des Staates da. Das muss jetzt nur noch der Porsche-Fahrer Christian Lindner verstehen.

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